Die Geschichte des Schweizer Physik-Studium-Abbrechers Ariel Frank Lüdi (66) aus Cham liest sich wie ein modernes Tech-Märchen: Vom Fallschirm-Stuntman zum E-Commerce-Millionär, gefeiert für den Verkauf seiner hybris AG aus Zug an die deutsche SAP SE aus Walldorf in Baden-Württemberg im Jahr 2013 für 1,5 Milliarden Schweizer Franken (1,61 Milliarden Euro).
Doch nicht alle seiner Startups wurden zu Erfolgsstorys – im Gegenteil: Die Fälle der seit 2020 konkursen und am 10. Januar 2025 gelöschten Balluun AG aus Zürich („Facebook für Geschäftskunden“) und der Mobile Bridge Switzerland AG (Treuepunkte als Token) mit ihrer im September 2024 abgeschalteten Momentum-Plattform aus Cham im Kanton Zug, dem Schweizer Crypto Valley, zeigen, wie riskant Investments in schillernde Tech-Visionen sein können, insbesondere wenn diese mit Pennystocks- Kapitalerhöhungen und Blockchain-Versprechen verbunden sind.

Die Balluun AG und Mobile Bridge Switzerland AG fielen uns bei der Recherche zu unserer Serie über Schweizer AGs auf, in der wir uns um möglichen Betrug durch Partizipationsscheine und durch andere Penny-Stock-Geschäfte kümmern.
Inhaltsverzeichnis: Ariel Frank Lüdi und die geplatzten Visionen von Balluun und MobileBridge
- Ariel Lüdi – ein abenteuerlustiger Unternehmer
- Balluun AG: Das „Facebook für Geschäftskunden“ – ein Luftschloss
- Mobile Bridge Switzerland AG und der Momentum-Token: Blockchain-Hype ohne Substanz?
- Wie begrenzt Ariel Lüdi sein eigenes Risiko?
- Könnte MobileBridge von den aktuellen Kapitalerhöhungen im Crypto Valley profitieren?
- Fazit – Mahnung an Anleger
Im Einzelnen.
1. Ariel Lüdi – ein abenteuerlustiger Unternehmer
Ariel Frank Lüdi wurde in Heimiswil im Verwaltungskreis Emmental des Schweizer Kantons Bern geboren und hat dann im Aargau gelebt. Er galt lange als Vorzeige-Unternehmer. Der ehemalige Fallschirm-Stuntman machte sich einen Namen, als er den E-Commerce-Softwareanbieter hybris zum Weltmarktführer aufbaute und 2013 für 1,5 Milliarden Franken an SAP verkaufte. Mit dem dabei gewonnenen Millionenvermögen stieg Lüdi ins Venture-Capital-Geschäft ein und investierte über sein Accelerator-Programm Hammer Team auf seiner Pferde-Ranch Hammer 1 in Cham an der Lorze in zahlreiche Tech-Start-ups. Insgesamt hält er Beteiligungen an rund 20 Jungfirmen – ein Portfolio, bei dem er von vornherein einkalkuliert, dass nicht jedes Wagnis ein Erfolg wird. Zu Lüdis bekanntesten Wagnissen zählten zuletzt die Firmen Balluun AG in Zürich und die Mobile Bridge Switzerland AG (Projekt Momentum) in Cham. Mit beiden wollte der Aargauer „Marketing-Pionier“ erneut groß durchstarten, doch beide Projekte gerieten zu wirtschaftlichen Bruchlandungen.
2. Balluun AG: Das „Facebook für Geschäftskunden“ – ein Luftschloss
YouTube vom 5. Mai 2019
Die 2012 von den deutschen Brüdern Karl Heinz Koch aus Zürich und Peter Koch aus Foster City im US-Bundesstaat Kalifornien gegründete Balluun AG wollte nichts Geringeres als ein „Facebook für Geschäftskunden“ schaffen. Über eine Online-Plattform mit Social-Media-Funktionen sollten Unternehmen – etwa Messeveranstalter oder Branchenverbände – ihre Geschäfte digital abwickeln können. Die Vision lockte renommierte Investoren an: So stiegen der Schweizer Denner-Erbe und Luxusmarken-Unternehmer (Navyboot, Jetset) Philippe Gaydoul (53) aus Küsnacht am östlichen Zürichseeufer – der sogenannten Goldküste – und Ex-Bankchef Walter Knabenhans (74, einst CEO der Bank Julius Bär) aus Küsnacht ein.
Ariel Lüdi selbst übernahm 2016 den Verwaltungsratsvorsitz und peilte einen Börsengang an. Bereits 2017 zählte Balluun über 350 Aktionäre, ungewöhnlich viele für ein Start-up. Zuletzt kurz vor dem Konkurs im Jahr 2020 sollen es 1.000 Aktionäre gewesen sein. Insgesamt waren rund 360 Millionen Namenaktien zu je 001 CHF ausgegeben worden.
Dieses zersplitterte Aktionariat deutet darauf hin, wie aggressiv der Aktienverkauf betrieben wurde: Über Vermittler wurden zahlreiche Kleinanleger mit der Aussicht gelockt, „beim nächsten Facebook dabei zu sein“. Tatsächlich stand aber von Anfang an mehr der Hype um die Aktie im Vordergrund als die operative Leistung. „Der Effort der Chefs lag im Verkaufen der Aktien – mit Ausblick auf einen Börsengang“, resümierte Inside Paradeplatz kritisch. So erzielte Balluun in den ersten Jahren kaum nennenswerten Umsatz (teils nur ~100.000 CHF beziehungsweise rund 107.095 Euro jährlich) bei hohen Verlusten, verbrannte also viel Geld bei minimalem Ertrag.
Finanziert wurde das Unternehmen durch..