Stavros Efremidis19. Oktober 2022 | 19:27 | Lesedauer ca. 14 min | Autor: GoMoPa-Redakteur Peter Stracke

Anleihen-Roulette: Cevdet Caner, Adler Group SA und Stavros Efremidis, CORESTATE Capital Holding SA


Ob Rolf Buch (Vonovia) oder Stavros Efremidis (Corestate). Wer bei Cevdet Caner (Adler Group) mitmischte, sitzt im Verlust-Anleihen-Roulette.

“Adler war immer eine gehebelte Investition in den deutschen Wohnungssektor, der von Natur aus zyklisch ist”, sagte Ash Nadershahi, Portfoliomanager bei Three Bridge Capital, einer in New York ansässigen Investmentfirma, im Mai 2022 gegenüber Bloomberg. “In all diesen Portfolios ticken Zeitbomben.”

Cevdet Caner (49, links, © Pressefoto Aggregate Holdings SA) aus Linz und Monaco und Stavros Efremidis (54, rechts, © Pressefoto CORESTATE Capital Holding SA)

Als Schatten-CEO der Berliner ADLER Group SA gilt der unter Bilanzbetrugs-Verdacht stehende österreichische Adler Group-Teilhaber Cevdet Caner (49, oben links) aus Linz und Monaco. Caner brachte nicht nur die Bochumer Vonovia SE mit ihrem Gütersloher Chef Rolf Buch (57) in Not, wie GoMoPa berichtete.

Die Berliner Adler Group SA zieht auch die Frankfurter CORESTATE Capital Holding SA mit Sitz (zumindest noch bis Ende 2022) im DekaBank-Tower 185 unter Führung ihres Berliner Chefs Stavros Efremidis (54, oben rechts) in den Abwärtsstrudel.

Beide, Vonovia und CORESTATE, haben Cevdet Caner und dessen Aggregate Holdings SA und Adler Group SA finanziert. Beide stolpern nun selbst über die am Boden liegende Berliner Adler Group SA.

Stavros Efremidis, Rolf Buch und Cevdet Caner haben überschneidende Anleihe-Gläubiger

 

Das Hauptproblem bei allen drei Firmen Aggregate/Adler, Vonovia und CORESTATE: Die Adler-Krise hat auch die Anleihen der Adler-Aktionäre Vonovia SE (20,49 Prozent Anteil an der Adler Group) und Aggregate Holdings SA (6,1 Prozent Anteil an der Adler Group) in Mitleidenschaft gezogen sowie verbundene Immofirmen wie CORESTATE Capital Holding SA und die von Adler an den Londoner Investor Natig Ganiyev (41, Vestigo) verkaufte, aber noch nicht vollständig bezahlte Accentro Real Estate AG (vormals Estavis) aus Berlin Charlottenburg, deren Bonds sich zum Teil ebenfalls im Besitz derselben institutionellen Investoren befinden.

Der deutsche Vermieter Adler Group SA und Firmen in seinem Orbit haben in Summe 7,5 Milliarden Euro an Bonds ausstehen, die unter anderem von Schroders, der AllianzFondstochter Pacific Investment Management Co, Morgan Stanley und BlackRock gehalten werden.

Schroders hält laut Bloomberg Adler-Anleihen im Nennwert von etwa 398 Millionen Euro und ist damit der größte Bondgläubiger des Unternehmens. Die britische Investmentfirma kaufte die Anleihen, als sie zum oder in der Nähe des Nennwerts gehandelt wurden; die Position wurde zuletzt per Ende Dezember 2021 gemeldet, die Bestände sind nach Angaben informierter Kreise immer noch beträchtlich. BlackRock hält Anleihen im Wert von etwa 131 Millionen Euro, bei Pimco stehen 74,5 Millionen Euro zu Buche. 

Und nicht nur Vermögensverwalter stehen im Risiko: Auch die Bank Morgan Stanley hält einerseits Adler-Anleihen und muss zudem für 365 Millionen Dollar an Credit Default Swaps einstehen, die ausgezahlt werden, wenn die Tochter Adler Real Estate AG ausfällt, heißt es bei mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Es ist nicht klar, wie viel davon Morgan Stanley auf dem eigenen Buch hat, und wieviel für Kunden gehalten wird. 

Das Schweizer Magazin Cash aus Zürich schrieb im Mai 2022: „Angesichts der dramatischen Entwicklungen der letzten Monate, die Adler und sein Umfeld erschüttert haben, begannen diese Anleihen im vergangenen Sommer (2021) abzurutschen; einige sind in den letzten Wochen (Mai 2022) auf bis zu 54 Cent je Euro gefallen. Eine Finanzierungskrise droht – just zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Ära des leichten Geldes dem Ende zuneigt.“

Vertreter von Adler, BlackRock, Morgan Stanley, Pimco und Schroders lehnten Stellungnahmen ab.

Einige Institutionelle suchen nun den Ausstieg

 

Hedgefonds mit Fokus auf notleidende Schulden haben begonnen, die Papiere mit Abschlägen aufzukaufen und wohl versuchen, Gründe zu finden, das Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit zu treiben.

Die Bosse von Vonovia und CORESTATE habe es ihnen leicht gemacht.

Vonovia SE versenkte 100 Millionen Euro bei Aggregate/Adler

Rolf Buch (57, links) aus Gütersloh half Cevdet Caner (49, rechts) aus Linz und Monaco mit einem faulen Kredit in Höhe von 100 Millionen Euro aus der Patsche, nun sitzt Buch als Chef der Vonovia SE in Bochum auf einem gepfändeten Aktienpaket von 20,49 Prozent an der Berliner Adler Group SA, auf das er es wohl abgesehen hatte, aber das sich nun als wertlos herausstellt. Ein Tatbestand der Untreue? © Vonovia SE, Aggregate Holdings SA

Im Oktober 2021 versenkte Vonovia-Boss Rolf Buch (links) einen Kredit von 100 Millionen Euro im Aggregate/Adler-Imperium des mutmaßlichen Immobilienwert-Täuschers Cevdet Caner (rechts).

Buch pfändete zwar für seinen wohl von vornherein faulen Kredit im Februar 2022 20,49 Prozent der Adler Group SA-Aktien. Doch die sind mittlerweile so gut wie wertlos geworden. Und Buch muss nun in seinem Bochumer Büro immer zur Tür schauen, ob nicht jeden Moment die Staatsanwaltschaft wegen Untreue-Verdachts anklopft.

Der Wohnungsriese Vonovia will durch Immobilienverkäufe seine Milliardenschulden drücken. Wie der Konzern mitteilte, sollen Immobilien im Wert von rund 13 Milliarden Euro verkauft werden. Diese Wohnungen und Mehrfamilienhäuser werde Vonovia in den kommenden Jahren veräußern. “Das hat nichts mit einem Ausverkauf zu tun”, versicherte Konzernchef Rolf Buch der ARD-Tagesschau vom 3. August 2022. Bei der Tochter Deutsche Wohnen steht zudem die Pflegeheim-Sparte auf dem Prüfstand.

CORESTATE von Stavros Efremidis finanzierte das tote Wohnungsprojekt Holsten-Quartier der Adler-Tochter Consus

CORESTATE-CEO und Teilhaber Stavros Efremidis (54) aus Berlin © Pressefoto CORESTATE Capital Holding SA

Auch der Berliner Immobilieninvestor Stavros Efremidis (Foto), CEO und Teilhaber der CORESTATE Capital Holding SA aus dem Frankfurter Tower 185 mit Steuersitz im Großherzogtum Luxemburg,  musste schmerzlich erfahren, welche Folgen es hat, dem Boss der luxemburgischen Aggregate Holdings SA und mittelbaren Teilhaber der Berliner Adler Group SA Cevdet Caner Immobilienprojekte vorzufinanzieren.

Jahrelang profitierte der Immobilienhändler CORESTATE Capital Holding SA von den Verbindungen zur Adler Group SA. Nun droht die Berliner Skandalfirma das Frankfurter Unternehmen in den Abgrund zu reißen.

Problemzone alte Holstenbrauerei in Hamburg Altona

Ende 2019 leergezogene Holsten-Brauerei Hamburg Altona © Holstenquartier.com

Der Berliner Adler Projektentwickler Consus Real Estate AG wollte dort seit 2021 für 840 Millionen Euro auf einer Miet- und Verkaufsfläche von 132.000 Quadratmetern Büros und 1.300 Wohnungen bauen, kam aber nicht voran. CORESTATE streckte Geld vor und steckt nun in Schwierigkeiten.

Eines der wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte in Hamburg liegt auf Eis und kann auf unabsehbare Zeit nicht realisiert werden. Das geplante Holsten-Quartier auf dem Gelände der 1897 gegründeten und Ende 2019 leergezogene Holsten Brauerei (Foto: Holstenquartier.com) hat bis heute nicht einmal eine Baugenehmigung. Und selbst der Bebauungsplan wurde nicht vom Bezirksamt unterschrieben und ist somit auch nicht gültig. Die Seite holstenquartier.com ist abgeschaltet, wie GoMoPa berichtete. Das Bezirksamt Altona-Nord hat die bereits erteilte Fällgenehmigung für Bäume auf dem Holsten-Areal und einem Nachbargrundstück widerrufen. Das bestätigte Bezirksamts-Sprecher Mike Schlink auf Anfrage dem Hamburger Abendblatt vom 6. Oktober 2022.

Consus darf auf dem ehemaligen Brauereigelände nicht bauen

Bereits am 25. April 2022 verkündete das zuständige Bezirksamt Altona in einer Pressemitteilung: „Um die nachhaltige Entwicklung des Holsten-Quartiers zu sichern, fordert das Bezirksamt Altona die Adler Group auf, eine aktuelle Finanzierungszusage der Bank über das gesamte Bauvorhaben einzureichen.“

Die Finanzierungszusage hat die Consus nicht erbracht. Das bestätigte Mike Schlink, Sprecher des Bezirksamts, auf Anfrage.

Wie auch?

Die Consus Real Estate AG aus Berlin Tiergarten ließ in ihrer Pressemitteilung vom 28. September 2022 wissen: „Zusätzlich hat Consus die Ausfallrisiken von Forderungen aus dem Verkauf von Entwicklungsprojekten neu bewertet. Die Berücksichtigung der aktualisierten Geschäftsplanung sowie die Neubewertung der Ausfallrisiken führt zu einmaligen, nicht cash-wirksamen Wertberichtigungen und einem negativen Eigenkapital der Consus zum 30. Juni 2022 von rund 760 Mio. Euro bis 800 Mio. Euro.“

Consus-CEO Rechtsanwalt Sven-Christian Frank (57) aus Berlin hofft auf Schuldenübernahme durch die Mutter Adler Group. Nach Aussage der Consus-Pressemitteilung prüfe die Adler Group SA die Ausgabe hybrider Finanzinstrumente zur Übernahme der Finanz-Verbindlichkeiten.

Doch welcher Investor wirft noch Geld in ein Fass ohne Boden?

Das Horror-Lagebild der Adler Group SA

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt seit August 2022 wegen Bilanzbetrugs-Verdachts. Kein Wirtschaftsprüfer will prüfen. Verlust 2021: 1,17 Milliarden Euro. Verlust im ersten Halbjahr 2022: 604 Millionen Euro. Das Wohnungsportfolio sank von 70.000 im letzten Jahr auf 26.243 Wohnungen zum Ende des zweiten Halbjahres 2022. Davon sollen noch einmal 22.000 Wohnungen notverkauft werden. Denn der Verschuldungsgrad steht bei 58 Prozent zum Ende des Zweiten Halbjahres. Die Anleihebedingungen erlauben nur 60 Prozent und würden dann sofort fällig. Bis Ende 2023 werden Adler-Anleihen im Volumen von 700 Millionen Euro fällig. Adler-Gläubiger haben Sorgen, dass der Konzern seine Schulden nicht zurückzuzahlen kann. Schließlich sind die Kurse auf Talfahrt. Der Adler-Aktienkurs fiel seit Frühjahr 2022 bis heute um rund 86 Prozent auf aktuell nur noch 1,60 Euro.

Vorfinanzierer CORESTATE Capital Holding SA kann auch nicht nachschießen

Finanz- und Investment Ökonom Sascha Gebhard rechnete auf Godmode-Trader der Münchener stock3 AG am 9. August 2022 knallhart mit CORESTATE ab. Seine selbst gestellte Frage: „CORESTATE – Game over für die Aktionäre?“, beantwortete der Fundamentalanalyst so: „Der Verlust je Aktie liegt rund 10-mal höher als der aktuelle Aktienkurs. Es türmen sich Netto rund 550 Millionen EUR Schulden auf, und operativ wird weiter Geld verbrannt. Wo soll die Rettung für die Aktionäre herkommen? Ich weiß es nicht und sehe hier auch keine Hoffnung mehr! Selbst für knallharte Zocker ist die CORESTATE-Aktie wohl eher nichts mehr.“

Kapitalschnitt für CORESTATE wird wohl kommen

Das Fazit von Gebhard lautet: „CORESTATE spricht von intensivierten Kostensenkungsmaßnahmen und Gesprächen mit den Gläubigern. Die Zeit für Kostensenkungen ist aber momentan wohl eher vorbei. Der Kahn ist schon halb gesunken. Persönlich rechne ich mit einem Kapitalschnitt auf null und einer vollständigen Enteignung der Altaktionäre. Dann wäre das Kapitel CORESTATE an der Börse vollständig erledigt.“

CORESTATE: Kampf um Refinanzierung anstehender Anleihen

CEO Stavros Efremidis teilte in seiner letzten veröffentlichten Presseerklärung am 9. August 2022 mit: „Mit Blick auf die beiden kurzfristig fälligen Anleihen – eine Wandelanleihe in Höhe von € 188 Mio. (November 2022) und eine Anleihe in Höhe von € 300 Mio. (April 2023) – hat der Vorstand im zweiten Quartal spezialisierte Berater mandatiert, um gemeinsam mit einer Gruppe von großen Anleihegläubiger eine tragfähige alternative Refinanzierungslösung zu sondieren und voranzutreiben.“

Was bedeutet das für das Dreiviertel-Milliarden-Projekt Holsten-Brauerei?

Es bleibt dabei: Consus darf auf dem ehemaligen Brauereigelände nicht bauen, will aber nach eigenen Angaben auch nicht verkaufen und gibt utopische Ziele aus. Offenbar um ihre Gläubiger zu prolongieren.

Vor dem Hintergrund einer fehlenden Baugenehmigung erscheint die Aussage des Sprechers der Adler Group SA gegenüber dem Hamburger Abendblatt vom 6. Oktober 2022 etwas realitätsfremd: „An unserer Position hat sich nichts geändert. Wir fühlen uns weiterhin an die Inhalte des städtebaulichen Vertrags (Anmerkung der Redaktion: Dieser wurde nicht vom Bezirksamt unterschrieben und hat damit auch keine Gültigkeit) gebunden und halten an der Realisierung fest. Die Abrissarbeiten sowie Ertüchtigungen der denkmalgeschützten Bauten auf dem Holsten-Areal laufen weiter.“ Nach derzeitigem Planungsstand rechne man mit einer Fertigstellung für Ende 2027 beziehungsweise 2028.“

Hamburgs damaliger Bürgermeister Olaf Scholz (64, Bundeskanzler, SPD) aus Potsdam, fädelte den Verkauf des Grundstücks ein – danach schien die Politik hilflos dabei zuzusehen, wie es zum Spekulationsobjekt wurde.

Seit 2016 hat es vier Mal die Besitzer gewechselt, und jedes Mal wurde es teurer. Taxiert wurde das Holstenareal ursprünglich mal auf 100 Millionen Euro. Die Carlsberg Gruppe – zu der die Holsten-Brauerei gehört – hat das Grundstück 2016 zunächst für rund 150 Millionen Euro an die Gerchgroup verkauft. Danach wechselten mehrfach die Eigentümer. Heute steht es auf wundersame Weise mit 364 Millionen Euro in den Bilanzen des Immobilienkonzerns Adler Group SA. Das ist dreieinhalb Mal so viel wie der Schätzwert vor sechs Jahren.

“Es gibt mit der Consus keine Zukunft für die Bebauung des Holsten-Areals”

Unterdessen macht Altonas CDU-Fraktionschef Sven Hielscher gegenüber dem Hamburger Abendblatt vom 6. Oktober 2022  deutlich: „Es gibt mit der Consus keine Zukunft für die Bebauung des Holsten-Areals. Deshalb müssen wir erreichen, dass die Consus ihre Preisvorstellungen für das Grundstück deutlich nach unten korrigiert und es dann von der Stadt oder liquiden Immobilienunternehmen gekauft wird. Ziel muss es sein, dass dort verlässliche Partner die rund 1.300 Wohnungen realisieren.“ Hielscher kündigt an: „Fest steht, erst wenn die Consus hier nicht mehr im Boot ist, wird die Politik das Baurecht schaffen.“

Ende Juni 2022  hatte das städtische Wohnungsunternehmen Saga und der Projektentwickler Quantum gemeinsam Interesse an einem Ankauf des rund 8,6 Hektar großen Filetgrundstücks bekundet. Es kam jedoch dem Vernehmen nach nicht zu Verhandlungen mit der Consus. Und Immobilienunternehmer Dieter Becken wollte das Areal ebenfalls erwerben. „Wir haben ein Kaufangebot unterbreitet. Aber daran hatte die Consus kein Interesse. Es gibt deshalb aktuell keine Verhandlungen über einen Ankauf des Grundstücks“, sagte Becken dem Hamburger Abendblatt.

Aber vielleicht lenkt die Consus Real Estate AG ja noch ein und verkauft das Holsten-Gelände. So wie vor kurzem in Hamburg Wilhelmsburg. In diesem Stadtteil hat das Unternehmen im September 2022 ein Areal an die Empira Invest mit Sitz in der Schweiz und Liechtenstein verkauft. Dort im neuen Korallusviertel sind 830 Wohnungen geplant, vielleicht werden diese jetzt tatsächlich realisiert. Außerdem hat sich die Stadt Hamburg das Vorkaufsrecht für 2,1 ha an einem Adler-Consus-Grundstück im Stadtteil Rothenburgsort gesichert – nahe den Elbbrücken.

Die Verquickung von CORESTATE und Aggregate/Adler/Consus
1. Die kurze Ära von Rene Parmantier für Vestigo

Er machte 2020 Aggregate zum Hauptaktionär von CORESTATE: der Frankfurter Investmentbanker Rene Parmantier (47) aus dem hessischen Bad Homburg © Pressefoto CORESTATE Capital Holding SA

Die kurze Zeit, die der Hesse René Parmantier (47) aus Bad Homburg an der Spitze der Frankfurter Immobilienfirma CORESTATE verbrachte, steht sinnbildlich für die Misere des Unternehmens. Parmantier ist einer der Investmentbanker, die in Frankfurt bekannt sind wie ein bunter Hund.

Ende 2020 stieg der Banker, der zuvor 12 Jahre lang das Frankfurter Wertpapierhandelshaus Oddo Seydler Bank AG (vormals Close Brothers Seydler Bank AG) geführt hatte, als CEO bei der CORESTATE Capital Holding SA ein. Er kam als Berater und Kandidat des neuen Großaktionärs, der Londoner Investmentgesellschaft Vestigo Immobilien Investments Limited Partnership. Deren Gründer Natig Ganiyev (41) aus London pflegt enge Verbindungen zum Umfeld der Adler Group – die heute ebenfalls in schweren Turbulenzen steckt.

Vestigo hielt am 27. November 2020 zunächst einen Anteil von rund 9,9 Prozent am Grundkapital der Gesellschaft, der bis zum 23. Juli 2021 auf 7,4 Prozent sank. In Zuge des Einstiegs wurde der komplette Aufsichtsrat neu besetzt und kurz darauf René Parmantier zum Vorstandsvorsitzenden/CEO berufen.

Vestigo und Parmantier kamen zunächst als Retter, denn über Jahre hinweg glich CORESTATE vielmehr einem Selbstbedienungsladen. 2019 veröffentlichte das Manager Magazin einen Artikel über CORESTATE mit der Zeile: Eine Clique von Investoren nutzte die im SDax gelistete Immobilienfirma Corestate als ganz persönlichen Geldautomaten für sich und ihre Gefolgschaft.“ 

2020 kam es dann zu einem Wechsel im Gesellschafterkreis, und Parmantier kam an Bord. Viel gebessert hat sich danach nicht.

Parmantier zurrte die fatale Verbindung zwischen CORESTATE und Adler noch ein Stück enger

Kaum im Amt kaufte der neue CORESTATE-Boss Rene Parmantier dem österreichischen Projektentwickler und Adler-Großaktionär Günther Walcher aus Inzell (mit Deal-Berater Cevdet Caner) dessen Immobilienfinanzierer AFS ab, also die Wertpapierhandelsbank Aggregate Financial Services, die heute als CORESTATE Bank firmiert.

Den üppig bemessenen Kaufpreis von 113 Millionen Euro bezahlte er im Wesentlichen mit frisch gedruckten CORESTATE-Aktien.

So kam es, dass die Passiva Participations Sarl/Aggregate Holdings 2 SA laut CORESTATE-Angaben vom 23. Juli 2021 einen Anteil an CORESTATE von 19,7 Prozent der Aktien hielt.

Der Banker kaufte also für viel Geld eine Wertpapierhandelsbank, die dann später im Jahr 2022 zu einem bedeutenden Teil wertberichtigt werden musste.

2. Die Ära Stavros Efremidis

Aggregate und Vestigo verkauften jedoch rechtzeitig vor dem Absturz von CORESTATE an zwei neue Investoren.

Am 1. Dezember 2021 teilte CORESTATE mit: „Die beiden bisherigen Großaktionäre Passiva Participations S.a.r.l./Aggregate Holdings 2 S.A. sowie Vestigo Immobilien Investment LP haben ihre Beteiligung an der Gesellschaft auf Basis heute veröffentlichter Stimmrechtsmeldungen auf 0 Prozent reduziert. Darüber hinaus habe der Vorstand der CORESTATE Capital Holding SA „Kenntnis davon erlangt, dass Karl Ehlerding und Stavros Efremidis oder mit ihnen verbundene Unternehmen beabsichtigen, einen nennenswerten Anteil an der Gesellschaft im Rahmen einer außerbörslichen Umplatzierung zu Marktpreisen zu erwerben“. Das taten sie dann auch. Beide Herren sind in Fachkreisen als Unternehmer und Investoren bekannt. Zusammen hielten sie nun 27,1 Prozent der Aktien. Der Rest ist Streubesitz.

Tatsächlich sind Stavros Efremidis aus Berlin und Karl Ehlerding (80) aus Hamburg Eimsbüttel-Niendorf im Immobiliensektor keine Unbekannten: Zusammen hatten die Weggefährten in der Vergangenheit unter anderem bei der Wiederbelebung der Immobilienfirma WCM erfolgreich gemeinsame Sache gemacht und sich darüber hinaus auch mit großem Erfolg bei weiteren Immobilienunternehmen engagiert, zum Beispiel bei dem Wohnimmobilienhalter KWG, den Efremidis führte und Ehlerdings als Großaktionär unterstützte. 2014 wurde KWG mit hohem Gewinn an Vonovia SE verkauft.

Offenbar haben die beiden Investoren-Legenden die Probleme bei CORESTATE unterschätzt

Die Verkäufer waren immerhin die Aggregate Holdings SA und Vestigo, die bei Adler knietief im Sumpf mit drinhängen.

Efremidis zog zunächst in den Aufsichtsrat ein.

Kaum waren zwei Monate vergangen, wechselte Efremidis im März 2022 aus dem Aufsichtsrat in den Vorstand. Parmantier hingegen wurde Leiter des Real-Estate-Debt-Geschäfts, also der CORESTATE Bank. Ein ordentlicher Abstieg. Hier muss Efremidis wohl die ein oder andere Schieflage entdeckt haben und zog den Stecker, um die Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Rene Parmantier verließ CORESTATE später im Juli 2022.

Ende März 2022 verkündete CORESTATE  die Verschiebung des Geschäftsberichtes. Es gab wohl Bilanzprobleme bei der Bewertung von Tochterfirmen. Ende April 2022 berichtete man dann über gigantische Abschreibungen in der Bilanz, die den Jahresverlust von CORESTATE auf über 200 Millionen Euro auftürmten. Das entsprach etwa 2/3 der damaligen Marktkapitalisierung.

Am 9. Mai 2022 kam die Adhoc-Meldung  mit der Überschrift „Prüfung von Optionen zur Refinanzierung unter Einbeziehung von potenziellen Alternativszenarien. Prognose für das Geschäftsjahr 2022 wird zurückgezogen“.

Man wollte die Anleihen auf jeden Fall restrukturieren. Das war scheinbar auch dringend nötig, denn der Markt glaubte schon einige Zeit nicht mehr an eine vollständige Rückzahlung.

Fundamentalanalyst Sascha Gebhard skizzierte am 10. Mai 2022 auf  Godmode Trader folgende Szenarien: „Es gibt nun zwei Möglichkeiten. Einen debt-to-equity-swap, also der Tausch von Schulden in Eigenkapital, in dem sich das Aktienkapital massiv erhöht und Altaktionäre stark verwässert werden. Ein absolutes Horrorszenario für Anleiheinhaber und Aktieninhaber. Anleiheinhaber bekommen Aktien die sie nicht wollen, und Aktieninhaber werden quasi enteignet.

Die zweite Alternative ist eine harte Restrukturierung der Anleihen. Längere Laufzeit, mehr Zinsen, zusätzlich eine Eigenkapitalspritze. Das ist meines Erachtens ein realistisches Szenario.“

Ende Juni 2022 warf Investor Karl Ehlerding hin

Am 21. Juni 2022 gab Karl Ehlerding den Komplettverkauf seines gesamten Aktienpakets von 6,21 Prozent an CORESTATE bekannt.

Der Niedergang von CORESTATE war unübersehbar. Zum Ende des ersten Halbjahres 2020 hatte CORESTATE noch rund 800 Mitarbeiter in Europa beschäftigt. Zum 30. Juni 2022 sind es nur noch 504.

Zum Ende des ersten Halbjahres 2020 lagen die Assets under Management  bei rund 28 Milliarden Euro. Im Kerngeschäft, Real Estate Equity und Real Estate Debt, beläuft sich das verwaltete Immobilienvermögen zum 30. Juni 2022 nur noch auf 15,8 Milliarden Euro (Ende erstes Halbjahr 2021: 17,2 Milliarden Euro).

Das Kreditgeschäft von CORESTATE ist eingebrochen

Als CORESTATE 2017 den Mezzanine-Geber Helvetic Financial Services AG in der Schweiz  erwarb und dort auch ihre deutsche Hannover Leasing Gruppe aus Pullach im Landkreis München integrierte, setzte das Unternehmen einen immateriellen Firmenwert über rund 520 Millionen Euro an. Davon bleibt nun offenbar nicht mehr viel übrig.

Ende März 2022 räumte das Management ein, dass eine Herabsetzung des Goodwills der Tochter Helvetic Financial Services (HFS) droht. Drei Wochen später wurde klar: Es werden 175 Millionen Euro auf den Goodwill der HFS abgeschrieben, die als Anlageberater der Stratos Fonds agierte und sich zu den führenden Anbietern für Immobilien-Finanzierungslösungen mit Private-Debt-Strukturen im deutschsprachigen Raum zählt. Zusätzlich steckte CORESTATE 46 Millionen Euro in die Risikovorsorge „insbesondere für kurzfristige Bilanzpositionen mit kritischen Fälligkeiten“.

Am 9. August 2022 schrieb CORESTATE in einer Pressemitteilung zur Bilanz des I. Halbjahres 2022: „Die spürbare gesamtwirtschaftliche Unsicherheit in Verbindung mit der Zins-und Inflationsdynamik führte in den vergangenen Monaten zu einem Einbruch der Transaktionsvolumina im Immobiliensektor. In der Folge verzeichnet die Gruppe im Real Estate Debt Segment einen starken Rückgang der Einnahmen aus der Strukturierungs- und Finanzierungsberatung. Zudem fällt aufgrund der jüngst eingeleiteten Restrukturierung des für das CORESTATE Tochterunternehmen Helvetic Financial Services (HFS) wirtschaftlich bedeutenden Stratos II Fonds ein erheblicher Teil der Performancegebühren weg. Entsprechend belaufen sich die Segmentumsätze im Debt-Bereich auf € 13,1 Mio. (Vorjahr: € 68,5 Mio.).“

CORESTATE verliert 2023 wichtiges Beratungsmandat ganz

Die Tochter des krisengeschüttelten Immobilienfinanziers Corestate Helvetic Financial Services verliert ab dem kommenden Jahr 2023 das lukrative Beratungsmandat des Stratos-II-Immobilienanleihefonds schließlich ganz.

Darauf haben sich Corestate und die Kapitalverwaltungsgesellschaft Hansa Invest geeinigt, wie das Handelsblatt am 19. Oktober 2022 von mit den Vorgängen vertrauten Personen erfahren hat. Corestate und Hansa Invest lehnten einen Kommentar auf Anfrage ab.

Der Stratos-II-Immobilienanleihefonds verwaltete zuletzt knapp eine Milliarde Euro von rund 60 professionellen und semiprofessionellen Investoren, darunter Versicherungen, Pensionskassen und wohlhabende Privatanleger. Der Fonds investiert überwiegend in nachrangige Anleihen von Projektentwicklern aus dem deutschsprachigen Raum.

Mitte Juni 2022 hatte GoMoPa berichtet, dass der Stratos-II-Fonds nicht mit der Rückzahlung gekündigter Fondsanteile hinterherkommt und zudem in großem Stil in Anleihen von Immobilienprojekten aus dem Umfeld des ebenfalls in der Krise steckenden Adler-Konzerns investiert hat.

Das Neuländer Quarree am Harburger Binnenhafen in Hamburg existiert bisher nur virtuell. So soll das Bauteil A3 einmal aussehen, ein 20stöckiger Turm, in dem Eigentumswohnungen, Einzelhandel und ein Café geplant sind. Das Adler Group-Projekt erhielt eine Finanzierung aus dem Stratos-Fonds © ROBERTNEUN ™ Architekten, Berlin, 1. Preis im Architekturwettbewerb der CG Gruppe AG (Adler Group) 2019

Das auf Eis liegende Adler Group-Projekt Wohnturm Neuländer Quartier am Harburger Binnenhafen in Hamburg erhielt eine Finanzierung aus dem Stratos-Fonds. Der Wohnturm existiert nur visuell (© ROBERTNEUN ™ Architekten, Berlin, 1. Preis im Architekturwettbewerb der CG Gruppe AG 2019). Ein Vorab-Verkauf an die Fonds-Gesellschaft Partners Immobilien Capital Management mit Sitz auf der Insel Guernsey aus dem Jahr 2020 wurde gerade rückabgewickelt und liegt jetzt wieder im Schoß der Adler Group SA. Wie es weitergeht,  steht laut Hamburger Abendblatt in den Sternen.

CORESTATE-Anleihen nur noch auf Ramschniveau

Im Gegensatz zur ebenso kriselnden Adler Group hat CORESTATE zwar ein uneingeschränktes Testat für das Berichtsjahr 2021 vorgelegt. Allerdings wies es für das Geschäftsjahr 2021 gleich mal einen Konzernfehlbetrag von 200 Millionen € aus.

Kombiniert mit den Anleihen ist das keine Optimalvoraussetzung für eine bullishe Aktienkursentwicklung. Corestates Anleihen notieren auf 15% ihres Nennwerts und weniger – das ist Ramschniveau und korreliert ebenso mit der Geschäftsentwicklung. Nun denn… (Peter Stracke)

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