Erstmals gab es Goldrazzien in Dubai wegen illegalen Goldes aus Afrika, das über Dubai in die Schweiz und die internationalen Goldmärkte „gewaschen“ würde.
Bei Goldrazzien in 32 Scheideanstalten der Vereinigten Arabischen Emirate hat das in Dubai ansässige Wirtschaftsministerium am 9. August 2024 landesweit 256 Verstöße gegen Geldwäschebestimmungen festgestellt und die 32 Anstalten, die 5 Prozent der gesamten Goldproduktion des Landes ausmachen, für ein Vierteljahr bis zum 24. Oktober 2024 geschlossen, wie GoMoPa.io bereits berichtete.
Doch warum ergreift Dubai, das nicht einmal Kriminelle ausliefert, zu solch drastischen Maßnahmen im eigen Land?
Das Wichtigste in Kürze:
► Laut einer Studie der Nichtregierungsorganisation Swissaid aus Bern vom Mai 2024 verlässt jeden Tag eine Tonne Gold den afrikanischen Kontinent, und zwar illegal. Der Großteil des afrikanischen Goldes wird nach Dubai transportiert und von dort aus in andere Länder exportiert, darunter auch die Schweiz.
► Laut der Swissaid-Studie hat sich der Goldschmuggel in Afrika zwischen 2012 und 2022 mehr als verdoppelt. Bei diesem Gold ist unklar, ob es mit Konflikten oder Menschenrechtsverletzungen, zum Beispiel Zwangsarbeit oder Vergiftung, in Verbindung steht.
► Seit Januar 2023 ist für alle Goldraffinerien der VAE eine Sorgfaltspflicht-Richtlinie des VAE-Wirtschaftsministeriums in Dubai zur Gewährleistung einer verantwortlichen Goldlieferkette verpflichtend.
► Zu den jetzt festgestellten Verstößen in den 32 Gold-Raffinerien gehört die Nichteinhaltung verschiedener „Know Your Client“-Protokolle, wie zum Beispiel der fehlende Abgleich von Kunden- und Transaktionsdatenbanken mit Namen, die in den Terrorismusdateien des Landes aufgeführt sind.
► Beamte des Ministeriums erklärten außerdem, die Raffinerien hätten es versäumt, die zuständigen Behörden zu benachrichtigen, wenn sie auf Berichte über verdächtige Transaktionen stießen.
► Während das aus kontrollierten Industrieminen stammende afrikanische Gold mehrheitlich nach Südafrika, in die Schweiz und nach Indien exportiert wurde, wurden 80 bis 85 Prozent des Goldes aus dem unkontrollierten handwerklichen Kleinbergbau in Afrika in die VAE ausgeführt.
Ein privater Goldwäscher auf der afrikanischen Insel Madagaskar Copyright Pixabay.com/Scheidt
► Keine Gold-Raffinerie in Dubai hat das Gütesiegel Good-Delivery-Standard der Londoner Goldbörse LBMA und ist damit nicht für den weltweiten Goldhandel zugelassen und darf von keiner europäischen Bank eingelagert werden. Über den Umweg einer Schweizer Raffinerie mit LBMA-Zertifikat wird es dann jedoch weltmarktfähig.
► Die laxe Gold-Gesetzgebung der Schweiz begünstigt den Schmuggel von nichtdeklariertem „blutigen“ Gold (so genannt wegen der Kriegsfinanzierung und wegen des Einsatzes von giftigem Quecksilber beim privaten Goldwaschen). Da die schweizerische Gesetzgebung beim Import von Gold nur die Deklaration des vorherigen Transitorts verlangt und nicht des Herkunftsorts, wird das Gold als emiratisches Gold betrachtet, ohne dass seine afrikanische Herkunft erwähnt wird.
Dubai kämpft um seine Gold-Großkunden
Dubai hat schon drei der vier Schweizer Raffinerien (Metalor, Argor-Heraeus, PAMP) als Großkunden verloren und kämpft um seinen Ruf als Gold-Exporteur. Ohne die Schweizer Raffinerien ist das Dubai-Gold gar nicht welthandelsfähig, weil es keinen LBMA-Standard und damit keinen Nachweis für saubere Lieferketten hat.
Vier der sieben größten Raffinerien der Welt stehen in der Schweiz: Metalor in Neuchâtel, Argor-Heraeus, PAMP und Valcambi im Tessin, wenige Kilometer voneinander entfernt nahe Mendrisio.
Diese vier Raffinerien sind zertifiziert durch die London Bullion Market Association LBMA, die wichtigste Herkunftsgarantie für Gold weltweit. Bekommt ein Goldbarren das Logo von beispielsweise Metalor (1852 im Kanton Neuenburg gegründet, heute im Besitz des japanischen Familienunternehmens Tanaka Kikinzoku), dazu den Schriftzug „Switzerland“, ist das Gold zertifiziert sauber, das heißt: kein Konfliktgold, kein Gold, das mit Kinder- oder Sklavenarbeit gefördert wurde, kein Gold aus illegalem Abbau. So die Theorie.