Der Golfclub Berlin Wannsee soll neben ihren Mitgliedsbeiträgen zusätzlich 20.000 Euro gespendet und das steuerlich geltend gemacht haben, weil der Club gemeinnützig ist.

 

Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass die Spenden quasi als zusätzliche Eintrittsgebühr erbracht werden mussten. Das wäre verboten. Manch einfaches Mitglied sorgt sich nun um die Zukunft des Vereins.

Peter Schlögel, Mitglied des Golfclub Berlin Wannsee e.V. sagte dem WDR:

Sie dürfen zum Zwecke der Aufnahme keine besonderen Gebühren nehmen. Sie können eine Investitionsumlage, die beschlossen ist, von Mitgliedern nehmen. Sie können einen Aufnahmebeitrag nehmen. Aber keine Sondereinnahmen. Weil, die können als Spenden genommen werden, dürfen aber kein Junktum sein für die Aufnahme. So nach dem Motto: ‘Wenn Sie spenden, werden Sie Mitglied. Wenn Sie nicht spenden, werden sie kein Mitglied.’ So ist aber der durchaus ergreifende Verdacht der Steuerfahndung. Das wäre Missbrauch der Gemeinnützigkeit.

Schlögel weiter:

Das Problem ist, wenn die Fälle im Jahr 2008 und 2009 aufgetreten sein sollen, dann kann uns rückwärts die Gemeinnützigkeit aberkannt werden. Das bedeutet aber, wenn das auf 2008, 2007 eventuell zurückgeht, dann muss für die Jahre alles nachversteuert werden.

Der WDR hakt nach: “Und auch die Spenden müssen nachversteuert werden. Die sind ja abgezogen worden von der Steuer.”

 

Clubmitglied Schlögel:

Die sind nicht nur abgezogen worden. Das ist Steuerhinterziehung. Das ist noch viel schlimmer.

Wie schlimm es ist, muss allerdings erst einmal die Staatsanwaltschaft ermitteln.

Dieser Mann soll der Drahtzieher sein:

Roland Specker, Berliner Großinvestor, Mäzen, passionierter Golfspieler und bis 2009 Vorsitzender des Golfclub Berlin Wannsee. Er erzählt freimütig, er habe in seiner Amtszeit immerhin 7 Millionen Euro Spenden eingeworben.

Specker:

Ich kenne es so, dass man als Mitglied wusste und es auch gerne gemacht hat, dass man irgendwann im Laufe seiner Mitgliedschaft dem Verein eine Spende zukommen lässt. Dieses ist Tradition. Und als ich Präsident wurde und die Aufnahmegespräche mit den neuen Mitgliedern geführt habe, das waren in den zehn Jahren mit rund 450 Mitgliedern, habe ich bei Aufnahmegesprächen immer auf diese Tatsache hingewiesen. Wir brauchen Spenden. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie im Laufe ihrer Mitgliedschaft eine Spende machen würden.

Hartmut Mehdorn spendete mit seiner Frau 40.000 Euro

 

Ins Visier der Ermittler geriet auch der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn (73), Bahnchef vom 16. Dezember 1999 bis 30. April 2009, der im Jahr 2008 mit seiner Frau 40.000 Euro spendete. Mehdorn weist aber strikt von sich, dadurch Steuern hinterzogen zu haben.

Ex-Präsident Specker:

Mehdorn ist im Jahr 2000 eingetreten. Mit seiner Frau. Hat nichts gespendet. Ich kann mich an das Gespräch mit ihm sehr gut erinnern. Ich habe ihn 2008 angerufen. Im Oktober oder November und sage, wie sieht’s denn aus und so. ‘Ja, um welchen Betrag geht es denn?’. Ja, 20.000 Euro geben die meisten. Ende 2008 hat er 40.000 Euro gespendet. Und das war’s. Außerhalb dieser Mitgliedschaft und der Freiwilligkeit und diesen Zwängen. Wer schafft es schon, Herrn Mehdorn zu zwingen, 40.000 Euro zu spenden? Wo ist die rechtliche Grundlage des Zwangs gewesen.

Den Ermittlern dürfte es tatsächlich schwer fallen, einen Zwang zu Spenden nachzuweisen. Für die wohlhabenden Clubmitglieder gehörte eine milde Gabe womöglich zum guten Ton. Die Gemeinnützigkeit des Golfclub Berlin Wannsee hat für die Spender ohnehin einen angenehmen Nebeneffekt. Sie zahlen weniger Steuern.

Ex-Präsident Specker:

Wenn jemand Geld gibt, dann kann er die Summe bei seiner Steuererklärung einreichen. Und er spart zwischen 30 und 50 Prozent Steuern von diesem Betrag.

Sprich: Bei einer Spende von 30.000 Euro würde er bis zu 15.000 Euro Steuern sparen. Specker: “Genau so ist es.” Bis zu 15.000 Euro weniger Steuern für ein einzelnes Golfclub-Mitglied, nur weil er seinem eigenen Freizeitklub spendet. 15.000 Euro kostet das die Allgemeinheit.

Der Wirtschaftswissenschaftler Professor Wolfram Richter ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium in Berlin. Schon im Jahr 2006 verfasste er für das Gremium ein kritisches Gutachten über die Steuerprivilegien bei Gemeinnützigkeiten.

Professor Richter:

Wir hatten Eindruck, dass in Deutschland der Bereich der Gemeinnützigkeit stärker geordnet werden sollte. Wir hatten den Eindruck, dass die abgaberechtlichen Privilegien der Gemeinnützigkeit zu weit gehen. Der Leitgedanke ist gewesen, dass wir uns sagten: Nur eine Tätigkeit kann erstens steuerlich privilegiert werden. Und es sollten weniger Körperschaften sein, sondern Tätigkeiten. Und es sollten Tätigkeiten sein, die den Staat von Pflichtaufgaben befreien.

2006 wurden die Vorschläge im Bundesfinanzministerium gehört. Professor Richter:

Es war eine Zeit, da Haushaltspolitik unter Konsolidierungsdruck stand. Wir dachten damals, dass das Bundesfinanzministerium begeistert sein müsste. Wir machten konkrete Vorschläge, wie man steuerliche Privilegien abbauen kann. Und tatsächlich wurde das Gutachten von der damaligen Staatssekretärin Barbara Hendriks sehr wohlwollend entgegenzukommen.

Die Fachbeamten im Bundesfinanzministerium schienen zunächst angetan zu sein. Schließlich bot sich die Chance, Privilegien im Milliardenwert abzuschaffen. Aber dann kam alles anders.

Professor Richter:

Einige Wochen später im Herbst trat der damalige Bundesfinanzminister Steinbrück mit einem Programm an die Öffentlichkeit, das im Kern das Gegenteil von dem vorsah, was wir gefordert hatten. Während wir also eine Einschränkung der steuerlichen Privilegierung von Spendentätigkeiten verlangt haben, hat er eine Ausweitung da vorgeschlagen.

Seither sind fast 10 Jahre vergangen. Mittlerweile wurden die finanziellen Spielräume gemeinnütziger Vereine sogar ausgeweitet.

Professor Richter:

Den meisten von uns geht es zu weit. Da gibt es die typischen Beispiele. Ob der Staat im Bereich des Golfsports von Pflichtaufgaben befreit wird, kann man sich schlechterdings nicht vorstellen. Ist es im Interesse der Öffentlichkeit, dass Private einen Golfclub unterhalten? Soll das förderungswürdig sein? Welche Pflichtaufgabe des Staates wird dadurch ersetzt?

Beim Golfclub Wannsee freut man sich, dass der Staat das kostspielige Hobby seiner Mitglieder subventioniert. Allein die Aufnahmegebühr beträgt 2.500 Euro. Zuzüglich einer Investitionszulage von 5.100 Euro. Dazu der Jahresbeitrag von 1.655 Euro. Jährlich werden hier rund 4 Millionen Euro umgesetzt. Die eigentliche Währung hier aber sind nützliche Kontakte.

Ex-Präsident Specker:

Sie müssen sich nur unser Mitgliederverzeichnis ansehen. Da gibt es genügend Mitglieder, die in der Wirtschaft, in der Politik und in der Kunst, in der Gesellschaft eine große Rolle spielen. Und wenn Sie es darauf anlegen, die kennenzulernen, dann ist es im Golfclub Wannsee leichter, als wenn Sie irgendwo anders sind.

Immerhin: Der Großinvestor gehört zu den wenigen im Verein, die dafür plädieren, die Gemeinnützigkeit und ihre Privilegien aufzugeben.

Specker:

Wir sind auch so vornehm genug. Wir müssen uns nicht auch noch mit der Gemeinnützigkeit schmücken. Den Anstrich sollten wir uns nicht geben. Wir treiben Sport. Wir treiben Freizeitsport. Wir können uns wirklich nicht nur darüber freuen, dass wir eine der schönsten Anlagen haben. Sondern, dass es dem Durchschnitt unserer Mitglieder besser geht als den anderen Menschen. Darüber sollten wir uns freuen. Diese Freude sollten wir auch außerhalb steuerlicher Privilegien genießen.

Doch ändern kann das nur das Bundesfinanzministerium. Nun denn…