Die seit 2007 börsennotierte Vita 34 AG aus Leipzig war mit ihrer Gründung im Jahr 1997 die erste private Stammzellenbank Europas.
Heute haben nach Firmenangaben rund 700.000 Kunden aus mehr als 30 Ländern bereits mit mehr als 850.000 Einheiten eingelagerter biologischer Materialien bei Vita 34 für die Gesundheit ihrer Familie vorgesorgt.
Doch kann man einem Unternehmen vertrauen, das sich wirtschaftlich besser darstellt, als es in Wirklichkeit ist?
Eine erneute Bilanzkontrolle der Berliner Bilanzpolizei, der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e.V., bei der Vita 34 AG brachte auch bei einer zweiten Kontrolle noch immer beachtliche Fehler in den Bilanzen der Vita 34 AG ans Licht, wie die BaFin am 21. März 2022 mitteilte.
Einen Tag nach der BaFin-Veröffentlichung wurde der Vorstandsvorsitzende der Vita 34 AG, Dr. Wolfgang Johannes Knirsch (62) aus Zwenkau im Landkreis Leipzig, am 22. März 2022 von seinem polnischen Kollegen Jakub Baran abgelöst.
Jakub Baran ist einer der Gründer und der Vorstandsvorsitzende der Warschauer Nabelschnurblutbank PBKM (Polski Bank Komorek Macierzystych SA), die 2021 von der Vita 34 AG übernommen wurde.
Mehrheitsaktionär der Vita 34 AG ist aktuell mit 55 Prozent der Aktien die Frankfurter AOC Health GmbH, bei der der Vita 34 AG-Vizeaufsichtsrat Florian Schuhbauer (46) aus Frankfurt am Main geschäftsführender Gesellschafter ist. Schuhbauer ist ab 1. Juli 2020 im Aufsichtsrat der Vita 34 AG.
Im Sommer 2019 hatte die Leipziger Volksbank über Rückschläge der Vita 34 AG im Ausland berichtet:
Rückschläge gab es aber im Ausland:
► In der Slowakei musste Vita 34 sein Geschäft einstellen. Denn neue Vorschriften dort hätten es erforderliche gemacht, dort ein eigenes Tiefkühllager aufzubauen statt die Blutproben woie bisher nach Leipzig zu bringen. Das hätte sich einfach nicht gerechnet, sagte Neukirch.
► In Serbien kündigte zudem der bisherige Vertriebspartner die Zusammenarbeit auf.
► Und in Skandinavien stellte Vita 34 das Geschäft ein, weil es sich dort einfach nicht rechne.
Das Auslandsgeschäft will Vita 34 nun aber wieder ausbauen – auch durch gezielte Zukäufe.
Bei der Vita 34 AG kostet das Einlagern von Nabelschnurblut bei minus 180 Grad Celsus ab 1.070 Euro und das Einlagern von Blut und Gewebe ab 1.670 Euro.
Erste Studien in Miami zeigten im Corona-Jahr 2020 eine lebensrettende Lungenheilung bei schwer erkrankten Covid-19-Patienten durch den Einsatz von Stammzellen aus Nabelschnurgewebe, das ja die Babys nach der Geburt nicht mehr benötigen, wie die Vita 34 AG in einer Pressemitteilung am 28. Januar 2021 bekannt machte.
Es war leider die letzte Erfolgs-Mitteilung der Leipziger Nabelschnurblutbank.
Die BaFin wirft dem Unternehmen nun erheblich geschönte Bilanz-Zahlen vor.
Demnach habe die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) aktuell festgestellt, “dass der Konzernabschluss zum Abschlussstichtag 31.12.2020 der VITA 34 AG, Leipzig, fehlerhaft ist.”
► Erster Fehler: Verbindlichkeiten “deutlich zu niedrig” und Eigenkapital “deutlich zu hoch”
Die BaFin schreibt:
Im Rahmen einer Fehlerkorrektur wurden im Konzernabschluss zum 31.12.2020 die Transaktionspreisallokationen aus Mehrkomponentengeschäften des Geschäftsjahres 2019 rückwirkend angepasst (niedrigerer Erlösanteil auf die zu Vertragsbeginn als Umsatz zu erfassende Leistungsverpflichtung “Erstellung eines Stammzellendepots” und höherer Erlösanteil auf die zunächst als Vertragsverbindlichkeit abzugrenzende Leistungsverpflichtung “künftige Lagerung über 25 bzw. 50 Jahre”).
Trotz dieser Anpassungen sind aus folgenden Gründen in der Konzernbilanz zum 31.12.2020 die Vertragsverbindlichkeiten (15,1 Mio. Euro; 26% der Bilanzsumme) aus künftig zu erfüllenden Leistungsverpflichtungen weiterhin deutlich zu niedrig und das Eigenkapital deutlich zu hoch ausgewiesen: