Das Geld aus dem Verkauf vorbörslicher Aktien nehmen die Intitiatoren gern, aber Dividenden wollen oder können sie darauf keine zahlen. Die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg macht bislang noch keinen Gewinn und hat noch keine Dividenden ausgeschüttet.
Denn Timo Kaphengst (43) aus Werder (Havel), Vorstand der Regionalwert AG aus Potsdam, der das ständig einzuwerbende Geld in eigene Beteiligungen investieren will, sieht
die finanzielle Rendite gegenüber der sozialen und ökologischen Rendite des Wirtschaftens als gleichwertig.
Die 2006 als Apfeltraum AG des Hofes Apfeltraum von Eva Guzman in Müncheberg bei Frankfurt/Oder gegründete Gesellschaft wurde im Jahr 2018 in die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg umbenannt, und der Firmensitz wurde von Müncheberg nach Potsdam verlegt.
Auf Nachfrage von ECOreporter erklärte Timo Kaphengst, er rechne in absehbarer Zeit nicht damit, Dividenden zahlen zu können.
Die Gründe seien die derzeitigen politischen Rahmenbedingungen, unter anderem bezüglich Subventionen in der Landwirtschaft.
Um Beteiligungen finanzieren zu können, gibt die AG neue Aktien aus.
Anleger können die neuen Aktien bis 1. Februar 2021 über die Berliner Schwarmfinanzierungsseite Umweltfinanz.de unter Leitung des Neuköllner Politologen Jörg-Henning Frank (51) und des Wilmersdorfer Diplomingenieurs Dirk Baude (52) zum Nennwert von 1 Euro plus 0,10 Euro Agio je Aktie erwerben.
Eine Zeichnung ist ab 500 Aktien möglich. Insgesamt will die Regionalwert AG durch die Aktienausgabe 725.000 Euro einnehmen, bislang sind ungefähr 400.000 Euro investiert. Bei Vollplatzierung erhält die Steglitzer Plattformbetreiberin Umweltfianz Finanzdienstleistungen AG als Vermittlungsprovision knapp 7 Prozent der Anlegergelder.
Die Regionalwert-Aktien sind nicht börsennotiert, sie können nur privat gehandelt werden. Das Potsdamer Unternehmen weist darauf hin, dass die Aktien nicht an die Regionalwert AG zurückgegeben werden können und dass es durch künftige weitere Aktienemissionen zu einer Verwässerung der bestehenden Anteile kommen kann.
Die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg verspricht ihren Neuaktionären auf der Website:
Als Aktionär/in sind Sie an den Betrieben, in die die AG investiert, direkt beteiligt. Man kann sagen, sie gehören Ihnen ein bisschen mit.
Nach eigenen Angaben auf Umweltfinanz.de gibt es schon acht neue Beteiligungen:
Seit der Gründung wurden bereits acht junge, nachhaltig ausgerichtete Betriebe mit insgesamt 985.500 Euro unterstützt, darunter ein Demeter- und Naturland-Bauernhof in Beerfelde, die Mosterei “MostManufaktur Havelland” und der Suppenhersteller “WDM – Wünsch dir Mahl”.
Am 4. Dezember 2020 kam noch die Beteiligung an dem Kreuzberger Startup Plattform 2020 für gute Lebensmittel GmbH des Berliner Fachmesseveranstalters Jiro Nitsch (37), der sich mit seiner ersten Firma FuturEins UG (haftungsbeschränkt) am gleichen Firmensitz in der Einsenbahnstraße 42/43 in Berlin Kreuzberg seit drei Jahren nur langsam aus einer bilanziellen Überschuldung aus dem Jahr 2016 wieder herausarbeitet.
Doch an dem Suppenhersteller WDM – Wünsch dir Mahl sind die Aktionäre eben nicht direkt beteiligt, wie in der Aktienverkaufswerbung versprochen.
Den 39prozentigen Anteil hat nicht direkt die Potsdamer Aktiengesellschaft übernommen, sondern eine Tochter-GmbH. Und zwar die im Dezember 2019 gegründete Potsdamer Regionalkost Berlin-Brandenburg Bio-Invest GmbH.
Hinzu kommt:
Zu der vor 5 Jahren gegründeten WDM Bio-Fertigprodukte GmbH aus Müncheberg mit ihrem Internetauftritt Wuensch-dir-mahl.de (vegane Biosuppen im Glas) teilte GoMoPa eine Wirtschaftsauskunft aktuell mit:
Das Ausfallrisiko wird als überdurchschnittlich eingeschätzt.
Der Suppenhersteller ist chronisch bilanziell überschuldet. Der nicht gedeckte Fehlbetrag belief sich im vergangenen Jahr auf rund minus 45.000 Euro, im Jahr davor auf rund minus 244.000 Euro.
Die erste Fremdbeteiligung Biohof Lebbin KG aus Berlin Blankenfelde existierte nur ein halbes Jahr.
Im Mai 2019 gründete die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg mit der Berlinerin Regine Holloh das Joint-Venture Biohof Lebbin KG. Die Mehrheit zu 55,5 Prozent übernahm die Regionalwert AG. Das Ziel der Firma bestand im Erzeugen und Vertreiben von Bioprodukten des Biohofs Lebbin 28 im brandenburgischen Spreenhagen. Am 5. November 2019 wurde die Firma stillgelegt.
Die Plattform Umweltfinanz.de wiederum schaut anscheinend nicht so genau hin.
Für 7 Prozent Provision – unabhängig vom Erfolg der Anlage – schickt Umweltfinanz.de die Privatinvestoren allerdings auch in sehr waghalsige Abenteuer.
So wirbt Umweltfinanz.de parallel gerade auch Gelder für eine 10 Millionen Euro Unternehmensanleihe der Solarfirma SUNfarming GmbH aus Erkner in Brandenburg ein. Die Anleger erfahren auf Umweltfinanz.de nicht, dass die Firma mit sinkende Einspeisetarifen bei bleibenden Entwicklungskosten in ihren Firmen zu kämpfen hat, an die sie die Gelder weiterverleiht, wie GoMoPa berichtete.
Auch hat die Umweltfinanz.de jüngst eine im Juni 2020 aufgelegte, rund 1 Million schwere Firmenanleihe Winenergieanleihe Grohnde-Emmerthal I eingeworben. Sie dient der Emmitentin Ebert Erneuerbare Energien Unternehmensgruppe des Kieler Rechtsanwalts Dr. Tim Ebert zur Refinanzierung des Windrads Nummer 7. Doch hier läuft ausgerechnet 2038 – ein Jahr vor dem Rückzahlungstermin – die EEG-Förderung und ebenso der Wartungsvertrag aus. Es ist insbesondere fraglich, ob zum Zeitpunkt der geplanten Rückzahlung des Anleihekapitals nach Ende 2038 die bestellten Sicherheiten noch werthaltig sein werden, wie GoMoPa ebenfalls berichtete. Nun denn…