Die NL Nord Lease AG aus Hamburg (ehemals Albis Leasing AG) ist ein echter Anlegeralptraum. Seit Jahren gilt das Unternehmen als angeschlagen, das Investment als stark gefährdet. Viele Anleger haben sich bereits mit dem Gedanken an hohe Verluste vertraut gemacht. Und werden jetzt von Rückzahlungsforderungen der Gesellschaft kalt erwischt.
Das ein großer Teil des eingelegten Kapitals in die Beteiligungen der NL Nord Lease AG verloren ist, wussten viele geschädigte Anleger bereits. Dennoch waren sie verärgert, dass das Management nicht nur das Investment an die Wand gefahren hat, sondern sich anstelle der Lösungssuche lieber mit gegenseitigen Schuldzuweisungen beschäftigte.
Aufgrund der finanziellen Schieflage des Unternehmens hat das NL Nord Lease Management damit begonnen, auf Kosten der Anleger die Gesellschaft mit Liquidität zu versorgen. Rückzahlungsansprüche ausgeschiedener Anleger werden seit Monaten genauso wenig bedient, wie Ansprüche von Anlegern auf die Zahlung von Zinsen.
Doch die Gesellschaft geht noch einen Schritt weiter und verlangt bereits geleistete Auszahlungen an die Anleger, die vor dem 31.12.2013 geleistet wurden, zurück. Es handele sich um gewinnunabhängige Ausschüttungen, die Gesellschafter seien verpflichtet diese zurückzuzahlen, lautet die Begründung der Nord Lease.
Wer der Aufforderung nicht fristgemäß nachkomme, werde ohne weitere Vorankündigung verklagt, droht die Gesellschaft in einem Schreiben vom 18. Mai 2015. Die mandatierte Karlsruher Kanzlei habe bereits einen Klageauftrag erteilt bekommen und werde ohne weitere Ankündigungen vor Gericht ziehen, wenn einzelne Anleger der Rückzahlungsaufforderung nicht bis spätestens zum 8. Juni 2015 nachkommen.
Spezialisierte Rechtsanwälte raten allerdings davon ab, die Zahlung ohne vorherige Prüfung der Rechtsgrundlage zu leisten. Der BGH hat nämlich in seiner Entscheidung vom 12.03.2013 (Az.: II ZR 73/11 und II ZR 74/11) einen solchen Rückforderungsanspruch nur in engen Grenzen zugelassen. Für eine solche Rückforderung bedarf es einer klaren und eindeutigen vertraglichen Absprache zwischen Anleger und Gesellschaft.
GoMoPa.net sprach mit Rechtsanwalt Rainer Kositzki von der Kanzlei KKWV – Kanzlei für Kapitalanlage-, Wirtschafts- und Verbraucherrecht, der mehrere Anleger gegen die NL Nord Lease AG vertritt, über Möglichkeiten sich gegen die Rückforderungen zu wehren.
GoMoPa: Die Nord Lease AG verlangt von ihren Gesellschaftern derzeit Ausschüttungen zurück, die bis zum 31.12.2013 an die Anleger ausgezahlt wurden. Das ist doch absurd. Viele Anleger hatten sich schon mit einem Totalverlust, zumindest aber hohen Verlusten ihrer Beteiligungen, abgefunden, aber eine Nachschusspflicht?
![Rechtsanwalt Rainer Kositzki](http://gomopa.io/wp-content/uploads/2015/06/GoMoPa.NET_1412053111058558487-1.jpeg)
Kositzki: Das ist ein generelles Problem. Ansatzpunkt ist hier §172 Abs. 4 HGB. Da steht drinnen, dass Ausschüttungen, die nicht aus Gewinnen der Gesellschaft erfolgen, zurückgefordert werden müssen. Allerdings gilt dies nur im Aussenverhältnis gegenüber den Gläubigern, also zum Beispiel im Insolvenzfall. Wenn ich ein Insolvenzverfahren habe, dann kann der Insolvenzverwalter solche Ausschüttungen zurückverlangen auf Basis von §172 HGB, Absatz 4.
Im Innenverhältnis gilt dieser Paragraph aber gar nicht. Da kann die Gesellschaft nur dann diese Ausschüttungen zurück verlangen, wenn dies vertraglich geregelt ist. Das heißt es muss im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Regelung geben, die klar und eindeutig für den Anleger dokumentiert: “Wenn Du Ausschüttungen erhältst, die nicht diesem oder jenem Kriterium genügen, dann kann es sein, dass ich diese von Dir zurück fordere.”
Und es ist halt die Frage, ob eine solche Regelung im Gesellschaftsvertrag der Nord Lease AG wirksam ist.