Am 24. Oktober 2019 bestätigte die Berliner Staatsanwaltschaft einem Capital-Reporter eine Razzia, wegen Betrugsverdachts bei der millionenschweren Krypto-Firma envion AG in Berlin, die in der weltweiten Krypto-Szene für Aufsehen sorgt.
Wegen Betrugsverdachts bei der millionenschweren Krypto-Mining-Firma envion AG, die im Schweizer Baar angesiedelt ist und operativ von Berlin aus arbeitete, durchsuchten Berliner Ermittler die Geschäftsräume von Ex-Geschäftsführer Matthias Woestmann (59) aus Wilmersdorf, der in der dortigen Ludwigkirchstraße 3 die Unternehmensberatung und Vermögensverwaltung Quadrat Capital GmbH und die Tradingfirma für Firmenbeteiligungen und Finanzinstrumente Quantum Capital GmbH besitzt und leitet.
Auffallend: Vor dem neuen Job bei der envion AG (Honorar 750 Euro pro Tag) litten die beiden Woestmann-Firmen große finanzielle Not. Beide Firmen waren seit Jahren mit mehreren Hunderttausend Euro bilanziell überschuldet.
Außerdem durchsuchten die Ermittler die Geschäftsräume der Berliner Beteiligungsfirma Sycamore GmbH am Kürfürstendamm 57 in Charlottenburg.
Die drei mehrheitlichen Inhaber dieser Sycamore GmbH, Rechtsanwalt Dr. Thomas van Aubel (55) aus Charlottenburg, der dort auch seine Kanzlei VAN AUBEL & Partner Rechtsanwälte hat, seine Lebenspartnerin Rechtsanwältin Jutta Henriette Freifrau von Falkenhausen (56), die ihre Kanzlei am Kürfürstendamm 61 führt, und der Berliner Beteiligungs-Unternehmer Dr. Dinnies Johannes von der Osten (58), haben sich nur einen Monat nach einem sehr erfolgreichen, millionenschweren ICO (virtuellen Börsengang) der envion AG im Januar 2018 mit Hilfe ihres befreundeten Geschäftsführers Woestmann über eine Kapitalerhöhung eine 61prozentige Mehrheit über die envion AG verschafft.
Beweismittel seien gesichert worden, ihre Auswertung dauere an. Zu weiteren Details sage man nichts, so die Staatsanwaltschaft. Woestmann und van Aubel äußerten sich auf Anfrage nicht, sondern ließen über einen Anwalt mitteilen, man halte eine Berichterstattung über die Durchsuchungen für rechtswidrig.
Die Freunde von Woestmann hatten im Gegensatz zu ihm eine gutgefüllte Kriegskasse, um sich schnell mal die Mehrheit an der envion AG zu erkaufen, um dann auf deren Liquidität ungehindert zugreifen zu können.
Sycamore besaß vor der Investition in die envion AG Finanzanlagen in Höhe von rund 34,6 Millionen Euro, eine Kapitalrücklage von 12,66 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von rund 1 Million Euro.
Van Aubel und von der Osten haben eine bewegte Vergangenheit: Beim Bitterfelder Solarzellenhersteller Q-Cells, der 2012 in die Insolvenz ging, waren sie in einen Skandal um Insiderhandel verwickelt und sollen dabei Millionen verdient haben.
Dr. Thomas van Aubels Rolle als Hauptaktionär des Kunststoffherstellers Balda aus Bad Oynhausen ist ebenfalls umstritten – er hatte den kompletten Aufsichtsrat durch sich und zwei Vertrauensleute ersetzt, Aktionäre empörten sich, van Aubel wolle “die Gesellschaft seeräuberisch ausbeuten” und habe es nur auf die Liquidität der Firma in Höhe 270 Millionen Euro abgesehen.
Der von seinem CEO Woestmann und den Rechtsanwälten Thomas van Aubel und Jutta Freifrau von Falkenhausen enteignete Gründer Michael Luckow im Berliner Büro der envion AG aus dem schweizerischen Baar © Ausriss aus Youtube/envion AG und Gruenderszene.de
Vor der Kapitalerhöhung der envion AG hielt das Berliner Gründerteam um Michael Luckow (35) aus Dahlem, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters Trado GmbH aus der Mühlenstraße 8A, die operativ für die envion AG tätig war, 81 Prozent.
Der von den Gründern eingesetzte Geschäftsführer Woestmann sollte die restlichn 19 Prozent halten.
Doch nach der von Woestmann mit seinen befreundeten Rechtsanwälten durchgeführten Kapitalerhöhung war der Anteil der Gründer auf 31 Prozent verwässert. Woestmanns Anteil war zwar auf 8 Prozent verwässert, aber er hielt mit seinen Freunden die absolute Mehrheit.
Die Gründer hatten sich mit Woestmann wohl den Feind ins eigene Unternehmen geholt.
Den ehemaligen ARD-Korrespondenten und äußerst gut verdrahteten Energieexperten Woestmann hatten die Gründer 2017 als CEO engagiert, um der Unternehmung ein seriöses Gesicht zu geben.