Seit 15 Jahren quält sich die DSER GmbH (Deutsche-Software-Engeneering und Research GmbH) mit ihrem Gründer und Geschäftsführer Johann Horch (48) aus dem sächsischen Görlitz schon mit der Erforschung einer Software, die das Banking in eine digitale Zukunft überführen soll.
Als Finanzierungsvehikel nutzt Forscher Horch die börsennotierte Holdinggesellschaft niiio finance group AG aus Görlitz, deren Mehrheitsgesellschafter die DSER GmbH ist. Das operative Geschäft betreibt die ebenfalls in Görlitz angesiedelte Holding-Tochter niiio GmbH unter Leitung von Geschäftsführer Horch. Bei dieser liegen auch alle Lizenzen.
Doch der Verkauf von Lizenzen an Banken, Versicherer und Finanzdienstleister für das bisherige Baukasten-Modul “munio” ist seit Jahren ein Verlustgeschäft.
Die letzte veröffentlichte Bilanz 2018 der Holding weist einen Verlustvortrag von 9 Millionen Euro aus und einen Jahresfehlbetrag von rund minus 360.000 Euro (Vorjahr rund minus 800.000 Euro) aus.
Der aus dem rheinland-pfälzischen Lahnstein stammende CEO Diplomkaufmann Johann Horch sah nun als Ausweg, ein neues Produkt von der DSER GmbH entwickeln zu lassen: den “niiio Roboter”.
Das algorithmisch-optimierte Portfolio wird automatisch Signale für den Ein- und Ausstieg aus Wertpapieren liefern und soll die bisher üblichen Robo-Modelle der ersten Generation deutlich überholen.
Das Neue ist hierbei ein dezentrales Settlement auf Blockchain-Basis in Kooperation mit der niederländischen Firma Quantoz.
In der Distributed-Ledger-Technologie dieses dezentralen Settlements kommen sogenannte Smart Contracts zum Einsatz. Es handelt sich dabei um Programme auf einer Blockchain, in die Wenn-Dann-Bedingungen programmiert werden. Diese stoßen vollautomatisiert eine definierte Dann-Konsequenz an, sobald die Wenn-Bedingung erfüllt ist.
Zunächst soll gemeinsam mit der FiNet Asset Management eine Beta-Version als Vermögensverwalter entwickelt werden. Nach Ablauf der einjährigen Beta-Phase soll der Robo für alle interessierten Anleger zugänglich sein.
Zur Finanzierung der Forschung begibt die niiio finance group AG im Mai 2021 eine Wandelanleihe in Höhe von 5 Millionen Euro. Laufzeit: 5 Jahre.
Die Wandelanleihe wird ab Mai 2021 zu 100 Prozent des Nennbetrags mit einer Stückelung von jeweils 1 Euro und mit einem jährlich nachträglich zahlbaren Kupon von 4 Prozent pro Jahr ausgegeben.
CEO Johann Horch erklärte in einer Pressemitteilung am 30. April 2021:
In den vergangenen Jahren haben wir bereits viel Basisarbeit geleistet. Wir wollen vor allem unsere Algo-Expertise nutzen, um neue und innovative Produkte auf den Markt zu bringen, die es in dieser Form noch nicht gibt. Zudem werden wir in das Thema Blockchain investieren und nach möglichen interessanten M&A-Targets Ausschau halten.
Mit dem Anleihegeld soll für den neuen KI Robo Advisor ein Proof of Content entwickelt werden, um auch Marktaufseher zu überzeugen, die ja über die Banken wachen.
In seiner letzten Bilanz im Jahr 2018 schätzte der Vorstand ein:
Der Wettbewerb besteht derzeit zum großen Teil aus heterogenen Anbietern, die punktuell bestimmte Dienste anbieten.
Es gibt keinen anderen Anbieter, der als Meta-Dienstleister Lösungen wie Community, Bewertungen, Analysen, News, Werkzeuge, Reporting und Handel auf einer Plattform vereint anbieten kann und gleichzeitig noch substanziell auf innovative Technologie-Lösungen wie API und Blockchain setzt.
Doch die letzten Erfinder eines Robo-Advisers, der mehr Rendite bringen würde als jeder ETF-Robo – Olyver Matyschek, Arthur Vott, Jörn Schimanski und Uwe Zimmer – sie kamen aus NRW und sind am Markt leider gescheitert.
Im November 2017 hatte deren Fintech-Startup Fundamental Capital GmbH aus Hennef (Sieg) den weltweit ersten rein auf Aktien basierten Robo-Adviser präsentiert, wie GoMoPa berichtete.
Der Erfolgs-Ansatz sollte so aussehen: Der selbstentwickelte Value-Algorithmus namens Graham würde europäische und US-amerikanische Aktientitel auswählen, die wegen ihrer Fundamentaldaten und zusätzlicher Qualitätskriterien eine überdurchschnittliche Rendite erwarten lassen und die an der Börse unter Wert gehandelt würden (im Einkauf liegt der Gewinn).
Das B2C-Tool, das bei der bayerischen Baader Bank AG mit einem Mindesteinsatz von 50.000 Euro angesiedelt war und eine Jahresgebühr von 1 Prozent auf das eingesetzte Kapital und 0,1 Prozent pro Transaktion forderte, wurde vom Markt nicht angenommen, die Firma wird seit Juni 2020 mit einem Jahresfehlbetrag von rund minus 40.000 Euro liquidiert.
Der Liquidator Uwe Zimmer (60) aus Köln war zuvor bis 2017 bei der niiio finance group AG Vorstandsmitglied.
Die niiio finane group AG heißt erst seit 2019 so und hat auch erst seitdem ihren Sitz in Görlitz beim Mehrheitsgesellschafter DSER in Görlitz genommen.
Bis Ende 2018 hieß die Firma Meridio Vermögensverwaltung AG und saß in Köln.
Bei der Markteinführung seines ersten Aktien Robo Advisors im November 2017 ließ sich der Meridio/niiio-Ex-Vorstand Uwe Zimmer in Medien wie etwa dem ETF Extra Magazin der Isarvest GmbH aus München als jemanden feiern:
der sich unter anderem als Gründer der Meridio Vermögensverwaltung AG einen Namen gemacht hat und bereits zahlreiche Unternehmen bei der Kapitalmarktbegleitung und Digitalisierung begleitet hat.
Als Ex-Vorstand der Meridio Vermögensverwaltung AG in Köln schrieb Uwe Zimmer im April 2016 in den letzten veröffentlichten Jahresabschluss 2015 rückblickend:
Seit 2009 sind aufgrund von negativen Wertentwicklungen in den Kundendepots, unter anderem in Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise, verschiedene Schadenersatzforderungen und -klagen gegen uns gestellt worden, die uns teilweise über mehrere Jahre beschäftigten.
Mittlerweile sind die Beschwerden und Schadensersatzforderungen stark rückläufig und kommen nur noch selten vor.
Dennoch steigerte die niiio finanance group AG ihren Bilanzverlust von rund minus 5 Millionen Euro im Jahr 2013 auf rund minus 5,5 Millionen Euro im Jahr 2015 bei einem Umsatz im Jahr 2015 von rund 1,9 Millionen Euro und einem Reinvermögen von nur noch rund 1 Million Euro trotz einer Kapitalerhöhung von 1,5 Millionen Euro.
Uwe Zimmer wollte zwar eine Finanzwende und gab das Ziel aus:
Meridio plant, in den Bereich der so genannten “Robo Advisor” einzudringen. Es handelt sich dabei um das sich gerade neu entwickelnde Segment der FinTech Unternehmen und dort speziell der Bereich “digitale Vermögensverwaltung”.
Doch am 27. März 2017 trat er als Vorstand der niiio finance group AG zurück.
Auch bei der niiio finance group AG ohne Uwe Zimmer hängt es davon ab, ob die Kundenplayer überhaupt die dezentrale Vermögensverwaltungs-Lizenzen auf Blockchain-Basis kaufen werden. Doch die Lizenzen liegen zudem ja nicht, wie erwähnt, beim Anleiheschuldner niiio finance group AG, sondern bei der niiio GmbH. Damit ist die Anleihe praktisch unbesichert, denn die Geldgeber können sie im Bedarfsfall nicht pfänden. Nun denn…