Nach dem Wiener Modell (GoMoPa berichtete) werden seit einigen Jahren auch in Berlin Bauträger für Wohungsneubauten – diese fallen nicht unter den Mietendeckel – von den Bezirksbaustadträten an die Leine genommen.
Das heißt: Sie müssen einen großen Teil des Bauvorhabens als Sozialwohnungen plus Infrastruktur wie Kitas anbieten. Das geht nicht immer gut.
Sozialwohnungen in guten Lagen zum Beispiel. Nach den Erfahrungen des aus München stammenden und in Berlin lebenden Bauunternehmers Dr. Jürgen Leibfried (67, verheiratet 2 Kinder) rechnet sich das an gefragten Standorten so gut wie gar nicht.
Leibfried berichtete am 29. Dezember 2020 im Berliner Tagesspiegel:
Bei einem aktuellen Projekt ist ein Verlust in Höhe von sieben Millionen Euro beim Bau der dort gebauten Sozialwohnungen entstanden.
Förderfähige Sozialwohnungen kann man an gefragten Standorten nicht zu auskömmlichen Kosten errichten.
Tagesspiegel-Redakteur Ralf Schönball hakte nach:
Auf Verlusten werden Sie sicher nicht sitzen bleiben wollen?
Dr. Leibfried:
Nein, dann würde die Bauwert AG nicht lange überleben.
Die Verluste hoffen wir mit Gewinnen bei den Eigentumswohnungen und den Gewerbeflächen auszugleichen
.
Der Bayer gilt mit seiner Firma Bauwert AG mit Sitz im Neuen Kranzlereck am Ku’damm 21 in Charlottenburg als einer der größten privaten Bauherren in Berlin für Wohnungen, Büros und Einzelhandel.
Seit 2013 arbeitet er mit der städtischen HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH aus Alt-Hohenschönhausen an der Verwirklichung der inzwischen berühmten Berliner Mischung von Luxus- und Sozialwohnungen auch im Neubau. Die HOWOGE ist eine von sechs kommunalen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin und zählt mit rund 63.000 Mietwohnungen zu den größten Vermietern deutschlandweit.
Im Juli 2020 wurde im Szenebezirk Friedrichshain das Wohnquartier BOX SEVEN mit 640 Wohnungen, 10.000 Quadratmetern Büro- und Einzelhandelsflächen, Cafes und einr Kita fertiggestellt. Dazu gehört auch der 6.700 Quadratmeter umfassende Siegfried-Hirschmann-Park, der im September 2019 von Bundesfamilienministerin Dr. rer. pol. Franziska Giffey (42, SPD) aus Frankfurt/Oder und nun Berlin eingeweiht wurde.
Das Besondere: Von den rund 650 Wohnungen wurden dort in Zusammenarbeit mit der HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH 122 preisgedämpfte Mietwohnungen erstellt.
BOX SEVEN ist das erste gemeinsame Bauvorhaben eines privaten Bauträgers und einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft in Berlin. Alle Wohnungen sind bereits reserviert beziehungsweise verkauft. Vermietungsstand: 100 Prozent.
Nun baut Dr. Leibfried in der Fidicinstraße in Kreuzberg 90 Wohnungen und eine Kita.
Wie ist er denn an dem Kreuzberger Grünenbaustadtrat und Mietenaktivist Florian Schmidt vorbeigekommen?
Immerhin hat Schmidt 2019 dem Österreicher Rene Benko (43, Signa Holding) aus Innsbruck für den Abriss des alten und den Bau eines neuen Karstadtkaufhauses am Hermannplatz in Kreuzberg dieses Mal mit Büros und Wohnungen einen Korb gegeben, wie GoMoPa berichtete, weil im Kiez die Angst umgeht, dass mit dem Neubau der Trend von der Umwandlung von bezahlbaren Mietwohnungen in teure Eigentumswohnungen noch verschärft werden könnte.
Florian Schmidt stoppte 2019 auch die Baugenehmigung für einen vollmöblierten Apartmentturm im leerstehenden Postcheckamt am U-Bahnhof Möckernbrücke in Kreuzberg, weil der Leipziger Baulöwe Christoph Gröner (52, Vater von 4 Kindern) 5.000 Billigapartments weniger bauen wollte, als die Consus RE AG (damals noch CG Gruppe AG) aus Charlottenburg (Deutschlands größter privater Mietwohnungsentwickler), der Gröner damals vorstand, zugesagt hatte. Das Projekt wird nun von der Kölner Art-Invest verwirklicht, die die Anteile der CG Gruppe AG aufkaufte, wie GoMoPa ebenfalls berichtete.
Der Bayer Dr. Leibfried schaffte das Kunststück:
Seit Frühjahr haben wir einen Bauvorbescheid des Bezirks.
Und wie schaffte er das?