Norbert Porazik (47, © Pressefoto Fonds Finanz) aus München hat mit seinem Münchener Maklerpool Fonds Finanz Makler Service GmbH von Ende 2019 bis zum Sommer 2022 rund 2.000 Vertriebspartner verloren. Mit einem goldenen Handschlag versucht er, die Lücke zu schließen.
Strukturvertriebe werfen ihm nun vor, dass er in den letzten Monaten mit grenzwertigen Methoden bei ihnen wilderte. So soll Porazik wechselwilligen Strukki-Handelsvertretern eine goldene Wechsel-Brücke mit Privatkrediten aus seiner eigenen Tasche gebaut haben.
Bei einem gewerbsmäßigen Vorgehen bräuchte Porazik dafür eine Banklizenz, die er nicht hat.
Gegenüber procontra aus Berlin vom 18. Januar 2023 bestätigte Porazik, dass er sogar private Darlehen an ehemalige Strukturvertriebler vergebe, die während ihrer teilweise sehr langen Kündigungsfrist in Liquiditätsnot geraten (procontra berichtete).
Zu Bedingungen und Rückzahlung der Kredite machten weder Fonds Finanz noch Porazik auf Nachfrage genauere Angaben, da es eine Privatsache sei und unabhängig von den Geschäftstätigkeiten der Fonds Finanz erfolge.
Ohne Porazik beim Namen zu nennen, kritisierte eine Sprecherin des Kölner Strukturvertriebes OVB Vermögensberatung AG, die mehrheitlich der Signal Iduna Lebens- und Krankversicherung aus Dortmund und Hamburg gehört: „Aktuell sehen wir im Markt einen Kampf um Vermittler, welcher offensichtlich auf dem Rücken der Kundinnen und Kunden ausgetragen wird.“
Die Sprecherin weiter: „Insbesondere ein Maklerpool geht dabei aggressiv bei der Abwerbung von Vermittlern aus der Ausschließlichkeit sowie aus Strukturvertrieben vor und fördert damit in vielen Fällen die Umdeckung von Versicherungsverträgen.“
Dr. Martin Pöll von der TELIS FINANZ Vermittlung AG nennt explizit die Fonds Finanz
Dr. Martin Pöll (53, © Pressefoto TELIS FINANZ Vermittlung AG) aus Nürnberg, Vorstand des Strukturvertriebs TELIS Finanzvermittlung AG aus Regensburg, wird konkreter. Er stört sich an den Methoden der Fonds Finanz und sieht die Grenzen des Erlaubten teilweise überschritten.
Im Interview mit procontra ordnet er ein: „Es spricht nichts dagegen, wenn Unternehmen um Fachkräfte werben oder sich Mitarbeiter, die sich neu orientieren wollen, aktiv bei anderen Unternehmen bewerben. Das ist Teil der freien Marktwirtschaft. Was von der Rechtsprechung jedoch untersagt ist, ist die gewerbsmäßige Abwerbung, wo strukturell versucht wird, Vermittler aus anderen Vertrieben rauszulösen. Das fand in der Vergangenheit statt, und da ist für mich eine Grenze überschritten worden.“
procontra: „Das Gesetz räumt suchenden Unternehmen großen Freiraum ein. Wie sah diese Grenzüberschreitung konkret aus?“
Dr. Pöll: „Wenn das suchende Unternehmen auf einen einzelnen Vertrieb beziehungsweise eine Gruppe von Vertrieben gezielt zugeht und dort in großem Stil mit strukturierter Vorgehensweise rekrutiert, dann definiert es die Rechtsprechung als nicht mehr zulässig. Ebenso wurden Werbematerialien von uns verunglimpft und zur Kommunikation in den sozialen Netzwerken eingesetzt. Das hatte aus unserer Sicht mit fairem Wettbewerb um Fachkräfte nichts mehr zu tun.“
Matthias Hundt von procontra stellte ebenfalls fest: „Fonds Finanz trommelt in jedem Fall laut und omnipräsent für das Thema ‚Vom Strukturvertrieb zum Maklerstatus‘. 2022 ganz besonders. Über die hauseigenen Medien oder auf der Hauptstadtmesse in Berlin, wo ehemalige Strukturvertriebler über ihren Statuswechsel referierten, Juristen über Haftungsfallen beim Wechsel in die Maklerschaft aufklärten oder Experten einen Vergleich zwischen Strukturvertrieb und Maklerschaft anstellten. Da wird schon ziemlich deutlich, wo nach neuen Anbindungen gefischt wird.“
Norbert Porazik verteidigt sein Vorgehen