Bayerns ältester Genossenschafts-Bank, der Münchner Bank eG aus dem Forum Bogenhausen, droht nach einem Freispruch im letzten Jahr doch noch eine Verurteilung wegen Falschberatung in Sachen P&R-Container, wenn sie sich nicht ganz schnell mit ihrem Kunden vergleicht.
Und das, obwohl die 158 Jahre alte Bank (gegründet 1862) laut Satzung vor der Gewinnmaximierung ihren Mitgliedern und Kunden verpflichtet ist (Präambel und Paragraph 2).
Mehr als die Hälfte ihrer 106.104 Kunden sind zugleich ihre Mitglieder (58.190). Die Bank hat nach eigenen Angaben bis 2015 an eine mittlere dreistellige Anzahl von Kunden Kauf- und Verwaltungsverträge der P&R Gruppe vermittelt. Das durchschnittliche Investitionsvolumen belaufe sich auf einen niedrigen fünfstelligen Betrag.
Die Münchner Bank eG vermittelte Investments des seit März 2018 insolventen bayerischen Containeranbieters P&R aus dem noblen Münchener Vorort Grünwald, dessen österreichischer Gründungs-Gesellschafter Heinz Roth einem Prozess wegen gewerbsmäßigen Betruges im Juni 2019 vor dem Landgericht München I nur aufgrund einer schweren Krankheit entging, an der er schließlich am 14. Dezember 2019 im Alter von 77 Jahren verstarb, wie GoMoPa berichtete.
Der Skandal: 54.000 Container-Anleger überwiesen der P&R Gruppe 3,5 Milliarden Euro. Davon hätte P&R 1,6 Millionen Container kaufen und im Auftrag der Käufer vermieten sollen. Doch die Staatsanwaltschaft München I und die beiden P&R-Gruppe-Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffe und Dr. Philip Heinke aus München (Franz-Joseph-Straße 8) fanden nur 618.000 Container vor.
Rund 1 Million Container mit einer geschätzten Ankaufssumme von 2,67 Millarden Euro existieren gar nicht.
Die Lücke habe sich seit 2007 bis ins Jahr 2018 hinein aufgebaut. Der Verdacht: Mit dem Geld neuer Kunden wurden oft keine neuen Container mehr gekauft, sondern die Auszahlungen an die Altanleger bezahlt.
Der inhaltliche Haupt-Vorwurf an die Münchner Bank eG lautet ins Nichtjuristische übersetzt:
Die Münchner Bank eG soll ihren an P&R vermittelten Kunden nicht ausreichend deutlich gemacht haben, dass der Kunde unbedingt ein Containerzertifikat anfordern musste, um Eigentümer der Container zu werden.
Auch fehlte eine Aufklärung darüber, dass es für die Direktinvestoren bei P&R keine Einzelzuordnungen über die jeweils gekauften Container gibt, so dass keiner der vorhandenen und weltweit vermieteten Container überhaupt irgendeinem einzelnen Investor als Eigentümer zugeordnet werden kann. Die Geschädigten müssen jetzt auf eine Quote aus der Insolvenzmasse hoffen, weil sie gar nicht sagen und beweisen können: Der Container da und jener dort gehören mir.
Kläger ist ein Bankkunde, der im Oktober 2014 40.000 Euro aufgrund der Beratung durch die Münchner Bank eG in P&R investiert hat.
Die Klägervertreterin ist Rechtsanwältin Sarah Mahler, Kanzlei-Partnerin der beiden Rechtsanwältinnen Alice Dagmar Wotsch und Dr. Andrea Michaela Winter von der WinterWotsch-Anwaltskanzlei in der Müllerstraße 54 in München, die den Anleger auf den P&R-Gläubiger-Versammlungen vertritt.
Sarah Mahler ist nach eigenen Angaben von einem halben Dutzend Anlegern mandatiert, die bei der Münchner Bank P&R-Container gezeichnet haben.
Kommt es zu einer Verurteilung der Bank, dann schätzen die drei Rechtsanwältinnen die Bedeutung so ein:
Die Münchner Bank eG wäre bundesweit das erste Kreditinstitut, das wegen einer fehlerhaften Beratung zu einem P&R Investment verurteilt werden würde.
Die Bank müsste dann dem Kläger nicht nur sein investiertes Kapital abzüglich der erhaltenen Mieten zurückzahlen, sondern ihn auch noch vor etwaigen Mietrückforderungen durch den Insolvenzverwalter freistellen.
Und warum droht nun nach Auffassung der Rechtsanwältinnen die Verurteilung wegen Falschberatung?
Das Landgericht München I hat in einer mündlichen Verhandlung am 16. März 2020 angekündigt, die Münchner Bank eG wegen fehlerhafter Beratung eines Kunden zu einem P&R Investment zu verurteilen.
Gericht sah Fehler bei P&R Beratung
Die Vorsitzende Richterin sah nach vorläufiger Einschätzung in der mangelnden Aufklärung über die rechtlichen Schwierigkeiten beim Eigentumserwerb der Container bei P&R einen Beratungsfehler.
Zumindest hätte laut Vorsitzender Richterin der Kläger auf Bedenken zur juristischen Plausibilität des P&R Investments hingewiesen werden müssen.
Das Landgericht befasst sich damit, ob der Kläger jemals Eigentümer von konkreten Containern geworden sei. Die Tendenz: wahrscheinlich nicht. “Nach der vertraglichen Konzeption” sei eine Eigentumsübertragung der fraglichen Container “ungewiss bzw. nicht möglich” gewesen. Die Vorläufige Auffassung der Kammer: Die Bank habe die Pflicht gehabt, “die juristische Plausibilität” und die “sachenrechtliche Erfüllbarkeit” der Verträge zu prüfen und den Anleger gegebenenfalls auf Bedenken hinzuweisen.
Außerdem diskutierten die Richter, ob der Kläger auf die Gefahren eines verschlechternden Marktumfelds für seine Investition hätte hingewiesen werden müssen.
Weitere Beratungsfehler, wie die Nichtaufklärung über die eingeschränkten Bestätigungsvermerke, behielt sich das Gericht noch vor. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass auch diesbezüglich keine Aufklärung erfolgte.