Die mittelfränkische Immobilienkauffrau Michaela Braun (54) aus Nürnberg saß letztes Frühjahr beim Abfassen des Jahresabschlusses für 2015 für Aurum Ventures Capital AG, mit ihrem Steuerberater ganz schön in der Klemme.
Wie sollte sie dem heute 80jährigen Firmengründer Robert H. Braun beibringen, dass seine 1991 gegründete Robert H. Braun GmbH Produkt Management & Marketing (inzwischen Aurum Ventures Capital AG in Essen) unter ihrer Führung schon wieder bilanziell überschuldet ist. Ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von rund minus 366.000 Euro aus dem Jahre 2014 lastete schwer auf den Schultern der Nachfolgerin.
Doch dann kam der Kaufmännischen Leiterin die rettende Idee. Am 29. Dezember 2015 buchte sie einfach als Gesellschaftsanteilsübertragung einen Schatz aus hauchdünnem Nickeldraht (0,025 Millimeter) auf Rollen als neue Finanzanlage ins Firmenkapital ein und gab den Buch-Wert des Nickeldrahtes mit 96,8 Millionen an. Und schon wurde aus dem eben noch überschuldeten Immobilienbetrieb auf dem Papier ein millionenschweres Unternehmen.
Doch dafür musste Michaela Braun erst einmal einen Wirtschaftsprüfer finden, der das auch attestierte. Und sie hatte Glück. Mit ein paar vorgelegten Kaufangeboten für den Nickeldraht soll sich EY (Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Sitz in Stuttgart) zu einer Besiegelung des Wertes hinreißen lassen haben.
Laut Wertfeststellung soll es sich um 60 Kilo Nickeldraht handeln, der einen Finanzanlagenwert von eben diesen 96,8 Millionen Euro habe. Hätte EY einfach mal nur beim Online-Händler AliExpress.com
nachgeschaut, dann hätten die Prüfer sehr schnell gemerkt, dass 60 Kilo 99,9 Prozent reiner Nickeldraht in einer Stärke von 0,025 Millimeter per kostenlosem DHL-Versand bei 8 bis 17 Tagen Lieferzeit schon zum Gesamtpreis für 32.327,19 US-Dollar zu haben sind. Das sind gerade Mal 30.138,64 Euro. Und keine rund 96,8 Millionen Euro.
Deshalb verlieh WP Watch (Wirtschaftsprüfer Watch) von Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Diplomkaufmann Dirk Hildebrandt aus Köln, zum Jahresende 2016 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY den ironischen GOLDENEN PRÜFERHAKEN.
Hildebrandt führt zur Begründung aus:
EY erhält einen GOLDENEN PRÜFERHAKEN für das “Beste Gutachten des Jahres 2016”.
Die außerordentliche Leistung im Hause EY bestand darin, dass man für 60 kg Nickeldraht (Marktwert ca. 30.000 Euro) einen Wert von 96.800.000 Euro feststellte.
Der Fehler von 322.600 Prozent lag knapp über der festgelegten Wesentlichkeit (IDW PS 250).
EY muss sich diesen Preis jedoch teilen mit ETL Wirtschaftsprüfung, die es aufgrund des EY-Gutachtens schafften, das Amtsgericht Essen im Rahmen einer Gründungsprüfung von der Werthaltigkeit des Nickeldrahts zu überzeugen.
Stellungnahme von Michaela Braun:
Im Einzelnen sind folgende Aussagen von Ihnen nicht den Tatsachen entsprechend:
1. Die Aussagen “Die mittelfränkische Immobilienkauffrau Michaela Braun aus Nürnberg saß beim Abfassen des Jahresabschlusses für 2015 ganz schön in der Klemme” und “…dass seine 1991 gegründete Robert H. Braun GmbH unter ihrer Führung schon wieder bilanziell überschuldet ist” sowie “ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag …lastete schwer auf den Schultern der Nachfolgerin” sind unwahr, weil der Jahresabschluss von einer Steuerberatungskanzlei erstellt wurde und Frau Braun insoweit mit der Erstellung nichts zu tun hatte.
Im übrigen sei gesagt, dass die bilanzielle Überschuldung bereits durch Patronatserklärungen der Gesellschafter beseitigt wurde und der Erwerb des Nickeldrahts in keinem Zusammenhang damit stand.
2. Auch die Aussage “Doch dann kam der kaufmännischen Leiterin die rettende Idee. Am 29.12.15 buchte sie einfach …einen Schatz aus hauchdünnem Nickeldraht…ins Firmenkapital ein und gab den Buchwert …mit 96,8 Millionen an. Und schon wurde aus dem eben noch überschuldeten Immobilienbetrieb auf dem Papier ein millionenschweres Unternehmen”, entspricht nicht den Tatsachen und stellt auch insofern schlicht Schmähkritik dar, als dass ein normaler buchhalterischer Vorgang hier als “wundersamer Trick” dargestellt wird.
3. Diese Schmähkritik zieht sich dann auch weiter, wenn Sie behaupten, dass “doch dafür musste Michaela Braun erst einmal einen Wirtschaftsprüfer finden, der das auch attestierte. Und sie hatte Glück. Mit ein paar vorgelegten Kaufangeboten für den Nickeldraht soll sich EY zu einer Besiegelung des Wertes hinreißen (Unterstreichung d. Verf.) lassen haben”.
Auch das ist eine schlichte, nicht den Tatsachen entsprechende Unterstellung. EY wurde mit der Prüfung und Bewertung des Nickeldrahts beauftragt, hat diesen tatsächlich vor Ort auch hinsichtlich der Qualität begutachtet, geprüft und sachlich bewertet. Hierbei wurde sogar letztlich ein wertmäßiger 2/3- Abschlag vorgenommen. Die Bewertung erfolgte insofern durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer, auf dessen Bewertung auch wir uns verlassen haben und an dessen Redlichkeit zu keiner Zeit Zweifel bestanden.
4. Wenn Sie im weiteren Bericht einen Vergleich mit dem Angebot auf Aliexpress.com ziehen, gehen Sie davon aus, dass es sich bei dem auf Aliexpress.com angebotenen Draht um dieselbe Qualität handelt wie bei unserem Draht.
Dieses ist aber nicht der Fall und stellt insofern eben auch eine unwahre Tatsachenbehauptung dar. Unser Draht besitzt eine 99,98%-ige Reinheit bei NP1-Qualität und ist an einem Stück gefertigt ohne Unterbrechungen. Einen derart qualitativ hochwertigen Draht können nach unseren Erkenntnissen nur zwei Firmen weltweit überhaupt herstellen, weil es nur mit einem ganz speziellen Herstellungsprozess, in dem Diamanten zum Einsatz kommen, möglich ist, eine derart hohe Reinheit und Qualität zu gewährleisten. Daher wird dieser Draht auch in einer Spanne von 20-30 Euro/Meter gehandelt.
5. Richtig ist in Ihrem Bericht zwar, dass WP Watch Ernst & Young mit dem “Goldenen Prüfhaken” “ausgezeichnet” hat, aber das betrifft letztlich nicht uns. Wir haben die Bewertung nicht selbst vorgenommen, was ja auch von keinem Gericht anerkannt worden wäre, und sind daher für die Bewertungsmethode nicht verantwortlich. Durch Ihren Bericht stellen Sie die Fakten allerdings auf den Kopf und behaupten, dass wir in unredlicher Absicht die Kapitalerhöhung durchgeführt haben, was – wie dargelegt – nicht der Fall ist.
Wie nun Michaela Braun aufgrund des Nickeldraht-Gutachtens schließlich zu einer amtlichen Kapitaleintragung beim Amtsgericht Essen über 35 Millionen Euro Eigenkapital für ihre Aurum Ventures Capital AG kam, erzählt uns Frederik Richter von der gemeinnützigen Enthüllungsplattform Correctiv.Ruhr aus Essen: