Bisher war es Vermittlern von Versicherungen und Bausparverträgen verboten, Teile ihrer Provision bei Abschluss an den Kunden weiterzureichen. Nun wird das Provisionsabgabeverbot teilweise aufgeweicht – und nicht jeder ist darüber glücklich. Versicherungsvermittler und Finanzanlagevermittler stehen sich dabei unversöhnlich gegenüber. Während die einen nicht auf ihre Abschlussgebühren verzichten wollen, sehen die anderen darin eine Bereicherung für die Branche und einen Vorteil für den Kunden. Zwischen den Stühlen steht dabei die BaFin.
Das Provisionsabgabeverbot wurde am 14. August 1923 erlassen und 1934 auf Lebens- und Krankenversicherungen ausgeweitet. Es handelt sich um eine Verordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) auf Basis des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), die es Vermittlern von Versicherungen untersagt, Versicherungsnehmer für den Abschluss eines Versicherungsproduktes zu vergüten. So soll verhindert werden, dass Versicherte auf Kosten anderer Kunden, immer höhere Sondervergütungen erhalten und die Policen teurer werden. Das Verbot der Provisionsabgabe betrifft jedoch weder Fonds noch andere Finanzprodukte.
Am 24. Oktober 2011 kam es jedoch zu einer juristischen Wende. Der Versicherungsvermittler AVL aus dem Raum Stuttgart klagte vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt gegen die BaFin. Der Vermittler wollte Rabatte auf Abschlusskosten gewähren. Die Finanzaufsichtsbehörde ist für die Einhaltung des Provisionsabgabeverbots zuständig und hatte dem Versicherungsvermittler verboten, Provisionen an Kunden weiterzureichen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt gab der Klage von AVL erstinstanzlich statt. Die BaFin hatte gegen das Urteil zunächst Sprungrevision eingelegt, diese jedoch am 29.Februar zurückgezogen, so dass das Urteil rechtskräftig wurde. Seit dieser gerichtlichen Niederlage verfolgt die BaFin das Verbot der Provisionsabgabe nicht mehr. Juristisch gesehen herrscht seitdem eine Art Schwebezustand.
Provisionsabgabeverbot bei Versicherungen außer Kraft gesetzt?
Diese Ungewissheit wollen Versicherungsunternehmen jetzt beenden. Sie setzen sich bei der Bundesregierung dafür ein, dass Verbot über die Abgabe von Provisionen wiederherzustellen, wie Finanzen.net berichtet. Demnach plädiert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) dafür, dass das bei Verstößen vorgesehene Bußgeld direkt im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelt wird und nicht wie bisher nur in einer Verordnung. Dieser Schritt soll dem GDV zufolge Rechtssicherheit bei Versicherungsunternehmen und Vermittlern schaffen. Ein Sprecher sagte der Süddeutschen Zeitung:
Die Verbote schaffen Transparenz und unterstützen die hohe Beratungsqualität der Versicherungsvermittler.
Die Vermittler von Finanzanlageprodukte hingegen sehen darin einen Wettbewerbsvorteil der Versicherungsbranche. Rechtsanwalt Norman Wirth, Vorstand des Bundesverbandes Finanzdienstleistung (AfW), sagte der Süddeutschen Zeitung:
Der GDV-Versuch ist irritierend, weil das Provisionsabgabeverbot sowohl dem Grundgesetz als auch europäischem Recht widerspricht.
Darüber hinaus sei es unangemessen, dass Versicherer den Vermittlern das Verbot auferlegen wollen, sie selbst aber immer häufiger mit Rabattaktionen arbeiten, so Wirth weiter. Auch der Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) findet die Sonderstellung, welche die Versicherungsbranche anstrebe, verwunderlich. Derzeit wird das Versicherungsgesetz geändert und überarbeitet. Die neue Fassung soll im Februar 2015 in Kraft treten. Bis dahin haben Finanzausschuss, BaFin und Versicherungswirtschaft noch ausreichend Zeit zur Lösung der Detailprobleme.