Die Vermittler standen bei ihm Schlange. Wer auch nur einen einzigen Anleger an den angeblichen Türkei-Wasserkraftwerkserbauer Dr. Yaver Demir (49) aus dem bayerischen Erlangen vermittelte, hatte sofort mindestens 8.437,50 Euro Provision verdient.
Denn Dr. Demir gab sich nicht mit Kleingeld ab. Die Mindestanlage für ein Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt (also ohne Sicherheiten) für das ab 2012 von ihm angebotene Investment Hydropower VI seiner Deutschen Biofonds AG lag bei 225.000 Euro plus einem Agio für den Vertrieb von 3,75 Prozent (8.437,50 Euro).
Jetzt müssen die externen Vermittler darum bangen, dass sie nicht nicht ihren Kunden die Anlagesumme plus versprochener Zinsen zwischen 7 und 14 Prozent im Jahr als Schadensersatz ersetzen müssen.
Zwar will Dr. Demir nach neuerlichen Angaben für seine geplanten Wasserkraftwerke 230 Millionen Euro eingesammelt haben.
Doch wie der Finanznachrichtendienst GoMoPa.net von Rechtsanwalt Wolfgang Wittmann von der Kanzlei ADWUS Rechtsanwälte aus Nürnberg erfuhr, hat Dr. Demir kein einziges Wasserkraftwerk gebaut und wohl auch nicht einmal realistisch geplant:
Nach dem hier weiter vorliegenden Informationsstand hat die Deutsche Biofonds Unternehmensgruppe weder Referenzprojekte an Wasserkraftwerken in der Türkei aufzuweisen, noch waren solche in dem Umfang wie im jeweiligen Anlageprospekt geschildet geplant, geschweige denn lagen die entsprechenden behördlichen Genehmigungen hierfür vor.
Ob Dr. Demir tatsächlich 230 Millionen Euro von Investoren erhalten hat, ist nicht gewiss.
Aber Fakt ist:
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg Fürth konnte dem bayerischen Emittenten Dr. Demir jedoch nachweisen, dass er bei der Anlage Hydropower VI der Deutschen Biofonds AG, die die Kunden-Nachrangdarlehen eigentlich an die Hamburger Tochterfirmen Deutsche Biofonds Hydropower GmbH & Co. KG (gegründet 2011) sowie Deutsche Biofonds Hydropower VII GmbH (gegründet 2013) weiterreichen sollten, 5 Millionen Euro veruntreut haben soll (Aktenzeichen 503 Js 371/14).
Das Landgericht in Nürnberg sah das ebenfalls als erwiesen an und verurteilte Dr. Yaver Demir am 18. Januar 2018 zu 7 Jahren und 4 Monaten Haft, wie Prozessbeobachter taz-Reporter Diplomingenieur Heinz Wraneschitz aus Wilhermsdorf in Bayern GoMoPa.net mitteilte.
Dr. Demir, graue Schläfen, hellblaues offenes Hemd, dunkler Nadelstreifenanzug, soll das Urteil um 20 Uhr neben seinem aktivsten Verteidiger Georg Karls aus Regensburg sehr gelassen entgegen genommen haben.
Dr. Demir war Anfang letzten Jahres wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft (JVA Nürnberg) genommen worden, da er wohl versucht hatte, mit Hilfe seiner Privatpilotenlizenz ein Flugzeug zu chartern.
Eigentlich hätten sich Vermittler im Fall der Deutschen Biofonds AG fragen müssen, wie sehen denn die Leistungsbilanzen der Vorgänger-Investments Hydropower I bis V aus.
Doch angesichts des schnell verdienten Geldes und beeindruckt vom Auftritt der Deutschen Biofonds AG und wohl auch vom Projektvolumen und dessen Kooperationspartner erstickten solche Fragen wohl im Keim.
Die Deutsche Biofonds AG, mit ihrem Gründer Dr. Yavir Demir, residierte in einer Prunkvilla im Harvestehuder Weg 48 unweit der Hamburger Außenalster.
Die Unternehmensgruppe verfügte offensichtlich über einen firmeneigenen Privatjet in Oberpfaffenhofen. Sie war regelmäßig zu Gast bei Heimspielen des 1. FC Nürnberg in einer VIP-Lounge. Eine von Dr. Demirs Firmen hatte in der Saison 2014/15 unter anderem eine VIP-Lounge im Nürnberger Stadion für eine sechsstellige Summe gebucht.
Als Kooperationspartner beim Wasserkraftwerksbau in der Türkei soll Dr. Demir sich mit der Siemens AG aus München und Voith Hydro GmbH & Co. KG aus Heidenheim auf der schwäbischen Ostalb geschmückt haben, mit denen im Kontext der Prospektangaben eine “langjährige Zusammenarbeit” suggeriert wurde.
Dr. Demir ließ sich von Joachim Specht, dem Inhaber der S.Audit GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus der Karl-Zuckerstraße 1a in Erlangen, der für die 2008 gegründete Deutsche Biofonds AG seit 2010 die Bilanzen erstellt haben soll, darüber eine Plausibilitätsbescheinigung ausstellen.
Mit Datum des 26. März 2012 bescheinigte Wirtschaftsprüfer Joachim Specht in einem “Private Placement VI Hydropower” als Alleinstellungsmerkmal der Initiatoren offenbar ungeprüft “Expertisen im Wasserkraftwerksbau”.
So heißt es in dieser Bescheinigung von Specht: