German Property Group: Hintergrund, Betrugsfall und Rolle von Charles Smethurst – Entstehungsgeschichte und Geschäftsmodell
Die German Property Group (GPG) – ursprünglich unter den Namen Dolphin Capital und später Dolphin Trust bekannt – wurde 2008 vom deutsch-britischen Unternehmer Charles Smethurst in Hannover gegründet. Das Unternehmen spezialisierte sich auf den Erwerb historischer, denkmalgeschützter Gebäude in Deutschland, meist heruntergekommene Immobilien, die es sanieren und anschließend gewinnbringend weiterverkaufen wollte.
Über 60 bis 100 solcher Objekte gehörten zeitweise zum Portfolio, darunter bekannte Anwesen wie Schloss Dwasieden auf Rügen. Finanziert wurde das Geschäftsmodell fast ausschließlich durch private Anlegergelder aus dem Ausland. Investoren – vor allem aus Großbritannien, Irland sowie aus Asien (z.B. Singapur, Hongkong, Südkorea und Malaysia) – wurden mit dem Versprechen auf überdurchschnittliche Renditen von bis zu 15 % angelockt. Die Anlagen galten als “so sicher wie Betongold”, denn die GPG stellte in Aussicht, dass die Darlehen durch Grundschulden auf die Immobilien abgesichert seien.
In der Praxis wurden jedoch oft überhöhte Grundschulden eingetragen – etwa beim ruinösen Schloss Dwasieden, wo eine Grundschuld von 117 Millionen Euro im Grundbuch stand, obwohl das Gelände 2018 für nur 18 Millionen Euro gekauft worden war. Tatsächlich ließ das Unternehmen viele erworbene Gebäude verfallen, anstatt sie wie versprochen zu sanierend.
Internationale Expansion: Um immer neue Geldquellen zu erschließen, eröffnete die GPG Büros im In- und Ausland – unter anderem in Langenhagen bei Hannover (Hauptsitz ab 2013), in Berlin, London und Singapur. Besonders erfolgreich war die Investorensuche in Großbritannien und Irland, wo z.B. britische Pensionsfonds der GPG insgesamt rund 350 Millionen Euro anvertrauten und irische Anleger über 100 Millionen Euro investierten.
Anfangs wurden die versprochenen zweistelligen Zinsauszahlungen auch tatsächlich geleistet, was dem Unternehmen einen seriösen Anstrich verlieh und das Vertrauen der Anleger festigte. Doch dieses Geschäftsmodell ähnelte offenbar einem klassischen Schneeballsystem: Anstatt aus Immobilienverkäufen finanziert zu sein, wurden die Zins- und Rückzahlungsansprüche früherer Investoren mit den Einzahlungen neuer Anleger beglichen. Spätestens ab 2018 stockten die Auszahlungen, Sanierungsprojekte blieben aus, und immer mehr verzweifelte Anleger meldeten sich mit Beschwerden – das vermeintlich solide Immobilieninvestment entpuppte sich für Tausende als Albtraum.
Das verfallene Wirtschaftsgebäude von Schloss Dwasieden (Rügen), einer der denkmalgeschützten Altbauten im GPG-Portfolio. Trotz eingeworbener Investorengelder wurde dieses Objekt – wie viele andere – jahrelang nicht saniert, bis die Gruppe 2020 insolvent ging. Das Bild verdeutlicht, warum Medien Charles Smethurst als „König der Ruinen” bezeichneten.
Der Gründer Charles Smethurst: Visionär mit Charisma und Verantwortung
Charles Smethurst, geboren 1959, ist ein deutsch-britischer Geschäftsmann und der Gründer sowie langjährige Geschäftsführer der German Property Group. In Branchenkreisen genoss Smethurst lange einen hervorragenden Ruf: Aufgrund seines gepflegten Auftretens und seines überzeugenden Verkaufstalents wurde er von manchen gar als „Gentleman der Immobilienbranche“ und Verkaufsgenie bezeichnet.
Mit charismatischem Auftreten und großer unternehmerischer Vision präsentierte er Anlegern das verlockende Konzept, verfallene Baudenkmäler durch Investitionen wieder zum Leben zu erwecken und daraus hohe Renditen zu erzielen. Diese Vision – historische Bausubstanz zu retten und zugleich Gewinn zu machen – fand bei vielen Investoren Anklang und erklärte den internationalen Erfolg der GPG in der Akquise von Anlegerkapital. Smethursts Fähigkeit, Vertrauen zu schaffen, zeigte sich etwa darin, dass er persönlich den Kontakt zu Geldgebern pflegte: 2019 reiste er noch nach Singapur, um dort besorgte Investoren zu beschwichtigen, als erste Zweifel am Geschäftsmodell aufkamen.
Doch Smethursts verantwortliche Rolle hat auch eine dunkle Seite.
Nach aktuellem Ermittlungsstand war er die zentrale Figur hinter dem mutmaßlichen Anlagebetrug: Er soll frühzeitig gewusst haben, dass die Firma ab 2018 zahlungsunfähig wurde, jedoch trotzdem weiter aggressiv Investorengelder eingesammelt haben. Laut Staatsanwaltschaft täuschte er Anleger bewusst über die finanzielle Lage der GPG, um so neues Kapital zu erhalten und sich selbst zu bereichern.
Aus Insolvenzberichten geht hervor, dass erhebliche Summen aus dem Anlegervermögen an Smethurst nahestehende Personen und Firmen flossen, was den Verdacht der persönlichen Bereicherung erhärtet. Trotz dieser Vorwürfe sollte nicht vergessen werden, dass Smethurst jahrelang mit großer Überzeugungskraft ein unternehmerisches Ideal verkörperte – auch wenn dieses im Nachhinein als Fassade entlarvt wurde. Seine charismatische Vision und sein Geschick im Umgang mit Investoren waren Schlüsselelemente, ohne die das Schneeballsystem kaum eine solche Tragweite erreicht hätte. Smethurst vereinte somit Licht und Schatten: eine begeisternde Idee von der Renaissance alter Immobilien und gleichzeitig die Verantwortung für einen der größten Betrugsfälle der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte.
Umfang des mutmaßlichen Betrugs: Investoren, Schäden und Objekte
Der Anlegerskandal um die German Property Group sprengt alle üblichen Dimensionen. Nach ersten Erkenntnissen summiert sich das von der GPG weltweit eingesammelte Kapital auf über 1,3 Milliarden Eurotagesschau.de. Doch der Verbleib von rund 800 Millionen Euro davon ist bis heute ungeklärt – diese Gelder sind entweder spurlos verschwunden oder in äußerst fragwürdige Kanäle abgeflossen.
Bereits 2020 warnte der Insolvenzverwalter Gerrit Hölzle, dass sich der Fall möglicherweise zum größten Immobilienbetrug des vergangenen Jahrzehnts in Deutschland entwickelt. Insgesamt haben sich rund 8.000 Geschädigte offiziell als Gläubiger im Insolvenzverfahren gemeldet; die tatsächliche Zahl der betroffenen Anleger weltweit wird sogar auf bis zu 25.000 geschätzt. Viele davon sind Kleinanleger, die fünfstellige Beträge investierten, aber auch institutionelle Investoren wie Pensionsfonds gehören zu den Opfern.
Geografisch spannt sich der Kreis der Geschädigten von Europa bis Asien: Neben deutschen und zahlreichen britischen sowie irischen Anlegern – die teils ihre Rentenersparnisse über Finanzberater in das „sichere“ Deutschland investierten – sind auch Investoren aus Fernost betroffen. So stammen etwa die Darlehensgeber in einem der jetzt angeklagten Teilfälle aus Frankreich, in einem anderen aus Singapur. Dies unterstreicht, wie global die GPG ihr undurchsichtiges Finanzgeflecht spannen konnte.
Die Schadenssumme für die Anleger lässt sich nur schwer beziffern. Juristisch relevant ist im Strafprozess vor allem der Zeitraum 2018/19, in dem laut Anklage rund 56 Millionen Euro Anlagegelder betrügerisch eingesammelt wurdentagesschau.de. Dieser Betrag bildet jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Der wirtschaftliche Gesamtschaden – d.h. die Summe der verlorenen Einlagen – dürfte weitaus höher liegen.
Viele Investoren stehen vor dem Totalverlust ihrer Einlage, da die verbliebenen Vermögenswerte der GPG nur einen Bruchteil der Forderungen abdecken können. So fanden die Prüfer in der Insolvenzmasse zeitweise nur lächerliche 200.000 Euro Liquidität, während der Großteil des Immobilienportfolios aus wertlosen oder stark überteuert eingekauften Grundstücken bestand.
Zum Vergleich: P&R, ein anderer großer deutscher Anlagebetrugsfall im Container-Leasing, hinterließ rund 3,5 Milliarden Schaden – die GPG kommt zwar vermutlich auf geringere absolute Zahlen, doch in der Immobilienbranche ist ein Betrug solchen Ausmaßes ohne Beispiel und wird in einem Atemzug mit Skandalen wie Wirecard genannt.
Auch die betroffenen Objekte in Deutschland erzählen die Geschichte dieses Scheiterns. Über 50 Immobilien in verschiedenen Bundesländern – von ehemaligen Kasernen und Fabriken über Gründerzeitvillen bis hin zu Schlossanlagen – gehörten zum Imperium der GPG. Manche hatten durchaus Entwicklungspotenzial, viele andere erwiesen sich jedoch als Ladenhüter. Statt in neuem Glanz erstrahlen zu können, befinden sich etliche Gebäude bis heute in einem Dornröschenschlaf aus Bauruinen und eingestürzten Dächern.
Lokale Behörden und Politiker schlugen schon früh Alarm: So warnte der Oberbürgermeister von Hanau angesichts einer verfallenden Wohnsiedlung, die Dolphin Trust dort gekauft hatte, es handle sich um einen „unseriösen Spekulanten“. GPGs Geschäftsgebaren – historische Gebäude zu erwerben, groß anzukündigen und dann jahrelang verfallen zu lassen – brachte Smethurst in der Presse den Spitznamen „König der Ruinen“ ein. Diese Ruinen stehen heute sinnbildlich für den Vertrauensbruch: Trotz Millioneninvestitionen der Anleger blieben die versprochenen Sanierungen aus, und die prächtigen Bauten von einst sind weiter dem Verfall preisgegeben.
Verlauf und aktueller Stand des Gerichtsverfahrens (Stand Mai 2025)
Auf den Tag, an dem Charles Smethurst für sein Handeln vor Gericht zur Rechenschaft gezogen würde, haben tausende betroffene Anleger jahrelang gewartet. Nach langwierigen Ermittlungen erhob die Staatsanwaltschaft Hannover im Oktober 2024 Anklage gegen den Ex-Geschäftsführer der GPG wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 27 Fällen.
Das Landgericht Hildesheim ließ die Anklage zu, womit der Strafprozess gegen Smethurst Anfang 2025 vorbereitet werden konnte. Am 27. Mai 2025 war es schließlich so weit: Der Prozessauftakt fand vor großer Öffentlichkeit in Hildesheim statt. Gleich zum Start gab es eine überraschende Wendung – Anklage und Verteidigung verständigten sich auf einen Deal, um das umfangreiche Verfahren abzukürzen.
Smethurst, inzwischen 65 Jahre alt, erklärte sich bereit, ein umfassendes Geständnis abzulegen. Im Gegenzug einigte man sich darauf, einen Großteil der Anklagepunkte fallen zu lassen und den verbleibenden Strafrahmen auf 6 Jahre 9 Monate bis 7 Jahre 3 Monate Haft zu begrenzen. Von den ursprünglich 27 Betrugsfällen wurden 22 vorläufig eingestellt – übrig bleiben fünf Fälle, die exemplarisch verhandelt werden, darunter solche mit französischen Anlegern als Geschädigten.
Die Vorwürfe beziehen sich darauf, dass Smethurst trotz drohender Insolvenz weiter Darlehen aufnahm und die Investoren gezielt über die Finanzlage der Firma täuschtetagesschau.de. Durch sein Geständnis räumt er nun erstmals ein, die Anleger in die Irre geführt zu haben.
Trotz der Verständigung wird das Gericht die Beweisaufnahme sorgfältig durchführen. In den kommenden Verhandlungstagen sollen Zeugen – darunter wohl auch geschädigte Investoren und frühere Mitarbeiter – gehört werden, um Smethursts Geständnis zu untermauern. Das Urteil wird voraussichtlich nach etwa zehn Verhandlungstagen fallen. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft haben danach die Möglichkeit, in Revision zu gehen, doch sofern sich Smethurst an die Absprache hält und umfassend aussagt, dürfte das Strafmaß im vereinbarten Rahmen bleiben.
Wichtig ist: Das Strafverfahren in Hildesheim kann nicht sämtliche Facetten des GPG-Skandals aufarbeiten – es konzentriert sich aus Praktikabilitätsgründen auf einen Ausschnitt (Schaden ~56 Mio. €). Zivilrechtlich und insolvenzrechtlich laufen parallel weitere Verfahren, um wenigstens einen Teil der Investorengelder aus der verbliebenen Masse zurückzugewinnen. Für die Opfer ist der Strafprozess dennoch bedeutsam: Er bringt die Verantwortungsträger ans Licht und schafft öffentlich Klarheit über die betrügerischen Machenschaften der GPG.
Bedeutung des Falls für den deutschen Immobilien- und Anlagemarkt
Der Fall der German Property Group hat weitreichende Bedeutung und wirkt als Weckruf für die Finanz- und Immobilienbranche in Deutschland:
Einer der größten Anlageskandale: Mit mutmaßlich bis zu einer Milliarde Euro Schaden und zehntausenden Geschädigten reiht sich GPG in die Reihe der größten Anlegerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte ein. Der Skandal zeigt, dass auch der als solide geltende Immobiliensektor vor betrügerischen Machenschaften nicht gefeit ist. In der öffentlichen Wahrnehmung steht GPG inzwischen auf einer Stufe mit Fällen wie Wirecard oder dem Container-Vermieter P&R, auch wenn Branche und Modus Operandi unterschiedlich sind.
Vertrauensverlust und Anlegeraufklärung: Das Vertrauen ausländischer Investoren in deutsche Immobilieninvestments hat durch diesen Betrug einen deutlichen Dämpfer erhalten. Viele der GPG-Anleger – etwa britische Kleinsparer und irische Pensionsfonds – galten bisher als überzeugt von der Stabilität des deutschen Immobilienmarkts. Der Skandal machte jedoch schmerzhaft klar, dass hohe Renditeversprechen und komplizierte Firmengeflechte größte Vorsicht erfordern. Für Berater und Anleger heißt es fortan, noch genauer hinzusehen, bevor Gelder in undurchschaubare Auslandsprodukte fließen. Verbraucherschützer fordern verstärkte Anlegeraufklärungund Warnhinweise, damit sich ein Fall wie GPG nicht wiederholt.
Regulatorische Konsequenzen: Politisch hat der GPG-Fall Diskussionen über Regulierungslücken ausgelöst. Kritiker werfen der Finanzaufsicht BaFin Versagen vor – ähnlich wie bei Wirecard – da sie bei GPG nicht rechtzeitig eingeschritten sei. Die BaFin verteidigt sich damit, dass die German Property Group formal keine regulierten öffentlichen Angebote an deutsche Kleinanleger machte und nur institutionelle Anleihen ab 100.000 € ausgab, sodass keine Prospektpflicht bestanden habe.
Diese Grauzone im Finanzaufsichtsrecht nutzten Smethurst und Co. offenbar geschickt aus. Der Fall dürfte daher zu Reformüberlegungen führen, wie grenzüberschreitende Anlageprodukte besser überwacht werden können. Erste parlamentarische Anfragen ließen bereits durchblicken, dass “es zum Himmel stinkt” und der Gesetzgeber Schlupflöcher schließen müsse, um betrügerische Immobilienvehikel frühzeitiger zu stoppen.
Signalwirkung für die Immobilienbranche: Innerhalb der Immobilienwirtschaft schärft der Fall das Bewusstsein dafür, dass unrealistische Renditeversprechen langfristig das gesamte Marktsegment schädigen. Seriöse Denkmalprojekt-Entwickler leiden nun unter dem ramponierten Ruf, den GPG hinterlassen hat. Die Bedeutung von Transparenz und Nachprüfbarkeit von Investitionsmodellen wird stärker betont: Projektentwickler müssen glaubhaft darlegen können, dass Einnahmen und Gewinne nicht bloß aus neuen Anlegergeldern stammen. Branchenbeobachter erwarten, dass Investoren künftig verstärkt belastbare Nachweise über Projektfortschritte und Mittelverwendungen einfordern, bevor sie Geld geben. Der GPG-Skandal hat somit eine reinigende Wirkung – er zwingt den Markt zu mehr Seriosität und könnte dubiose Geschäftsmodelle frühzeitig vom Markt fegen.
Insgesamt ist der Fall German Property Group eine Mahnung, dass Gier, gepaart mit gut klingenden Geschichten, selbst in vertrauten Anlageklassen zu gewaltigen Betrugssystemen führen kann. Für Deutschland stellt der Skandal einen Imageschaden dar, zugleich bietet er aber die Chance, Lehren zu ziehen: Bessere Aufsicht, aufgeklärtere Anleger und ein wachsames Auge auf diejenigen, die mit Charme und Vision enorme Summen einsammeln. Nur so lässt sich das Vertrauen in den Immobilien- und Anlagemarkt langfristig bewahren.
Quellen: NDR/Tagesschau, Reuters, RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), Handelsblatt, FAZ, HAZ, u.a. – Stand: Mai 2025.tagesschau.de