Wie die Biofabrik Technologies GmbH unter der Leitung von Oliver Riedel und weitere Vertriebspartner und internationaler Partnerfirmen Millionen Euro verschwinden ließen. Von außen wirkte alles nach Zukunft: grüne Technologie, große Visionen und ein charismatischer Gründer. Die Dresdner Biofabrik versprach, aus Plastikmüll wertvollen Treibstoff zu machen – eine Win-win-Situation für Umwelt und Anleger. Doch hinter der glänzenden PR-Fassade verbarg sich offenbar ein internationales Netz aus Täuschung, fehlerhafter Technik und zweckentfremdeten Investorengeldern.
► Das Wichtigste auf einen Blick:
◆ Biofabrik versprach Plastikmüll in Treibstoff umzuwandeln sollte
◆ Es wurden Millionen Euro von Kleinanlegern und Partnern eingesammelt
◆ Oliver Riedel habe Gelder teilweise zweckentfremdet und gegenüber Partnern falsche Aussagen gemacht
◆ Ermittlungen laufen unter anderem wegen des Verdachts auf Betrug (*Anfangsverdacht bisher ohne Anklage)
◆ Vorwurf: bewusste Täuschung, fehlender Transparenz verschwundenen Maschinen
Oliver Riedel – Der Visionär – und sein Versprechen
Über Jahre galt Oliver Riedel als ein Hoffnungsträger der grünen Industrie. Seine Biofabrik versprach nicht weniger als die Lösung für eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit: Plastikmüll. Die Vision war simpel, der Slogan klar: “Aus Abfall wird Treibstoff.” Doch hinter der schillernden Fassade bröckelte es gewaltig – wie eine gemeinsame Recherche von Handelsblatt und manager magazin nun zeigt.
Oliver Riedel, Gründer und Aushängeschild der Biofabrik Technologies GmbH, galt als Vorzeigefigur der deutschen Cleantech-Szene. Auf Bühnen wie dem Founders Summit, in TEDx-Talks oder Interviews stellte er seine Pyrolyse-Technologie vor, die aus Plastikmüll synthetischen Kraftstoff erzeugen sollte – marktreif, skalierbar und weltweit einsetzbar.
Anleger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz investierten teils sechsstellige Summen in das Projekt. Es war ein emotionales Versprechen: Gewinne machen und gleichzeitig die Welt verbessern. Ein ehemaliger Manager bezeichnete das Geschäftsmodell rückblickend als ein „Start-up-Schneeballsystem mit grünem Anstrich“.
Doch vieles davon war offenbar Illusion.

Biofabrik Technologies – Die Technik – mehr Hoffnung als Wirklichkeit
Die Biofabrik wurde über Jahre als Vorzeige-Start-up im Bereich der Kreislaufwirtschaft präsentiert. Besonders kritisch ist, dass der Fall viele Privatinvestoren betrifft, die durch emotionale und visionäre Versprechen überzeugt wurden. Der Artikel beschreibt detailliert, wie das Vertrauen in ein “grünes Zukunftsprojekt” ausgenutzt worden sein könnte.
Recherchen von Handelsblatt, manager magazin und der Sächsischen Zeitung belegen: Die Technik funktionierte entweder nur im Labor – oder gar nicht. Maschinen, die auf Messen oder in Imagevideos gezeigt wurden, waren in vielen Fällen nicht betriebsbereit.
“Pyrolyse-Maschinen” der Biofabrik, die Plastikmüll in Öl verwandeln sollten, funktionierten entweder nur im Laborbetrieb oder gar nicht zuverlässig. Trotzdem wurden sie auf Messen und in Broschüren als betriebsbereit präsentiert.
Ein angeblich installierter Standort in Nigeria? Laut einem Bericht schlicht nicht existent. Angebliche Kooperationen mit Konzernen wie Shell oder Siemens? Laut manager magazin frei erfunden oder massiv übertrieben.
Dennoch liefen Marketing und Vertrieb weiter – auch durch internationale Partner.
Jürgen M. – Vertriebsleiter Biofabrik Technologies
Eine Schlüsselrolle spielt dabei Jürgen M., ehemaliger Vertriebsleiter der Biofabrik. Laut Sächsische.de war er verantwortlich für den Aufbau internationaler Vertriebskanäle – vor allem in die Schweiz und Österreich. Gemeinsam mit Riedel soll er Investoren mit technisch unrealistischen Versprechen überzeugt und dabei selbst erheblich profitiert haben.
Interne E-Mails deuten laut Ermittlern darauf hin, dass beide Führungspersonen über Mängel und Funktionsdefizite der Technik informiert waren, diese aber bewusst verschwiegen.
▲ Die Biofabrik Technologies GmbH steht im Zentrum eines mehrschichtigen Netzwerks aus Vertrieb, Partnerschaften, Anlegerbeziehungen und technischen Versprechen.
▲ Oliver Riedel und Jürgen M. wirken dabei als strategische Figuren: Riedel als technischer Visionär, M. als Vertriebsarchitekt.
▲ Die Enespa AG erscheint sowohl als mutmaßlicher Geschädigter als auch als (unfreiwilliger) Multiplikator in der Investorenkette.
▲ Der Verweis auf Shell/Siemens diente offenbar der Vertrauensbildung – ohne reale Grundlage.
Die zentralen Akteure und Verbindungen im Fall Biofabrik / Oliver Riedel:
Legende zur Darstellung:
🔴 Personen (z. B. Oliver Riedel, Jürgen M.)
🔵 Unternehmen (Biofabrik, Enespa AG)
⚪ Investorengruppen (Deutschland, Österreich, Schweiz)
🟢 Projekte (z. B. Nigeria – mutmaßlich fiktiv)
🟡 Behauptete Partnerschaften (z. B. Shell / Siemens – nie bestätigt)
Enespa AG – Opfer oder Mitwisser?
Zu den mutmaßlich geschädigten Partnern zählt auch die Enespa AG, ein Schweizer Umweltunternehmen mit Sitz in Appenzell. Das Unternehmen hatte öffentlich mit der Biofabrik kooperiert und wohl auch in Technik oder Maschinen investiert, die nie geliefert wurden oder nicht funktionierten.
Das in Appenzell ansässige Umweltunternehmen Enespa AG zählt laut Sächsische.de zu den mutmaßlichen Geschädigten. Die Firma investierte offenbar in Maschinen oder Technologie, die von Biofabrik bzw. deren Vertriebsstruktur zugesichert, aber nie geliefert oder nicht funktionstüchtig waren.
Die Enespa AG ist selbst ein umstrittenes Unternehmen, das Anlegergelder für Umweltprojekte sammelt. Ironischerweise trat Enespa öffentlich als Partner der Biofabrik auf – möglicherweise ohne sich über die tatsächliche technische Machbarkeit der Projekte ausreichend zu vergewissern.
Enespa prüft nun rechtliche Schritte – und steht selbst in der Kritik, da sie trotz mangelnder Transparenz über die tatsächliche Funktion der Technologie Investorengelder einsammelte.
Das System – ein Schneeballsystem mit Öko-Label?
Ein international strukturiertes Täuschungssystem? Ehemalige Mitarbeiter und Geschäftspartner sprechen inzwischen offen: von einem System, das mit grüner Rhetorik und technologischem Wunschdenken immer neue Anleger anlockte, während die grundlegenden Probleme nie gelöst wurden.
Insolvenzverfahren laufen. Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrug sind eingeleitet. Die Schäden dürften im zweistelligen Millionenbereich liegen.
Vorwürfe und Ermittlungen
● Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen Oliver Riedel (48) und einen 60-jährigen mutmaßlichen Komplizen wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs.
● Das Amtsgericht Dresden bestätigte, dass auch gegen Riedel persönlich zivilrechtliche Klagen anhängig sind.
● Den Beschuldigten wird vorgeworfen, in fünf Fällen Plastikrecyclingmaschinen an Kunden verkauft, aber nie ausgeliefert zu haben.
● Mit dieser Betrugsmasche sollen sie fast 1,6 Millionen Euro verdient haben
Oliver Riedel – zwischen Innovation und Täuschung
Der Fall Biofabrik ist mehr als ein gescheitertes Start-up. Er zeigt, wie leicht sich Nachhaltigkeit als Narrativ instrumentalisieren lässt, wenn Kontrolle und Transparenz fehlen. Und wie auch gutmeinende Anleger zu Opfern werden können, wenn Visionen wichtiger werden als Fakten.
Ob Oliver Riedel und sein Umfeld juristisch zur Rechenschaft gezogen werden, ist noch offen. Doch der Fall ist bereits jetzt ein Mahnmal – für grüne Euphorie, für unternehmerische Verantwortung und für den schmalen Grat zwischen Innovation und Täuschung.