Kurze Laufzeiten, zweistellige Renditen und maximale Sicherheit – das sind die Versprechen der 2010 gegründeten Oil & Gas Invest AG (OIG AG) aus Frankfurt am Main. Um Vertrauen bei den Anlegern zu gewinnen, lächelt von fast allen Werbeunterlagen der Shopping-Queen-Moderator und Star-Designer Guido Maria Kretschmer. Ist die Wandelschuldanleihe der OIG AG ein sicheres Investment oder ein Zockerprodukt?
Der Deutsche steht auf Sicherheit, heißt es in Bankerkreisen. So lange der Verkäufer das Sicherheitsbedürfnis bedienen kann, bekommt er auch seinen Abschluss. Kein Wunder also, dass die OIG AG beim Vertrieb ihrer Wandelschuldanleihe immer wieder auf das Thema Sicherheit zu sprechen kommt.
Prominentester Werbeträger der OIG AG ist Guido Maria Kretschmer, der von allen Werbeunterlagen lacht und Vertrauen vor allem bei den weiblichen Kunden der OGI AG schaffen soll. Im Interview mit der Frauenzeitschrift Bunte löst Kretschmer im Vorfeld der Promiausgabe von Günter Jauchs Quizshow “Wer wird Millionär” die Frage auf, warum ausgerechnet ein Modeschöpfer Werbung für einen Öl- und Gasfonds macht – Freundschaft:
Mein Freund Jürgen Wagentrotz steht in L.A. bereit für alle Sportfragen. Da kenne ich mich überhaupt nicht aus.
Die OIG wirbt aber auch mit angeblich harten Sicherheitsfaktoren, nämlich dass die Geschäftsführung selbst Eigenkapital in Höhe von 12,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat und der Vorstandsvorsitzende Jürgen Wagentrotz (70) persönlich mit seinem eigenen Vermögen für die Geschäfte der Gesellschaft haftet.
Versprochen wird den OIG-Anlegern ab einer Mindesteinlagesumme von 1.000 Euro eine jährliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals von neun Prozent – und das bei kurzen Laufzeiten von nur zwei Jahren und vierteljährlicher Auszahlung. Höhere Investments werden sogar zweistellig verzinst: Ab 5.000 Euro Zeichnungssumme verspricht die OGI AG eine Festzins-Rendite von 10 Prozent, ab 10.000 Euro sogar 12 Prozent jährlichen Return on Investment.
Das Geld ist angeblich überdurchschnittlich gut abgesichert, da es sich um “treuhänderisch beglaubigte Wertbriefe” handelt, der Vorstand eine “Rückzahlungs-Garantie” gibt, die Firma eine starke Eigenkapitalbasis von 26 Millionen Euro hat und die Ölreserven bereits nachgewiesen wurden.
Das Geld der Anleger soll für Erdölexplorationen des Tochterunternehmens OGI Holding Corporation mit Sitz in Houston, Texas, USA, genutzt werden.
Der Förderclaim der OGI AG, der unter dem Projektnamen “Cinderella” ausgeschlachtet werden soll, liegt im Bundesstaat Mississippi und soll nach Unternehmensangaben rund 120 Millionen Barrel Rohöl im Wert von mehr als 10 Milliarden Euro beherbergen, die nur darauf warten von der OGI AG gefördert zu werden. Insgesamt plant die OGI AG zwischen 30 und 40 Ölquellen anzuzapfen und auf diese Weise einen Jahresgewinn von rund einer Milliarde US-Dollar (806 Millionen Euro) zu erzielen.
Besonders ambitioniert, um nicht zu sagen unrealistisch, scheint die Prognose innerhalb von kürzester Zeit Jahresüberschüsse im Milliardenbereich zu erwirtschaften und in den nächsten Jahren eine “Gesamtproduktionsgewinn von über 12 Mrd. US-Dollar” (9,6 Milliarden Euro) zu generieren.
Das Versprechen Produktionsgewinne im zweistelligen Milliardenbereich zu erzielen, dürfte dem OGI-Management schon deshalb schwer fallen, da nach Unternehmensangaben sämtlichen bisher entdeckten Förderstätten auf den OGI-Claims nur Rohöl im Wert von etwa 12 Milliarden Euro enthalten.
Da Erdölvorkommen in der Regel nicht annähernd vollständig ausgebeutet werden können und die Förderung weitgehend leergepumpter Felder nicht gerade kosteneffizient ist, gleichen die Prognosen der OGI AG eher einer Milchmädchenrechnung. Vor allem, weil das Management vergessen hat, dass bei der Förderung von Erdöl auch Kosten entstehen und der erzielte Umsatz nicht mit Nettogewinnen gleichzusetzen ist.
Die Realitätsferne der OGI-Manager zeigt sich bereits bei der Bewertung des eigenen Marktes. Auf der Unternehmenswebseite werden mittelfristig Barrel-Preise von 150 US-Dollar (129,45 Euro) prognostiziert, der heutige Wert des Rohstoffs mit 70 bis 100 US-Dollar (56,20 bis 80,29 Euro) beziffert. Tatsächlich befindet sich der Ölpreis aber seit Monaten im freien Fall. Derzeit kostet ein Barrel der Nordseesorte Brent 59,48 US-Dollar (44,53 Euro).
Die vermeintlichen Sicherheiten der OGI AG sind bei genauerer Betrachtung nicht sonderlich viel wert.