Süddeutschen Zeitung9. April 2015 | 18:18 | Lesedauer ca. 6 min | Autor: GoMoPa-Redakteurin CR

Gekaufte Journalisten: Der Qualitätsjournalismus der Süddeutschen Zeitung


Der Süddeutsche Verlag versteht sich als die Speerspitze des deutschen Qualitätsjournalismus mit ihrer Süddeutschen Zeitung. Doch stetig sinkende Auflagen und wirtschaftliche Nöte lassen Selbstverständnis und Realität zusehends auseinander driften. Der altehrwürdige Verlag stolpert von einem Skandal in den nächsten. Und verspielt seine Glaubwürdigkeit.

 

Die deutsche Wirtschaft macht sich Sorgen um die Qualität der deutschen Presselandschaft. Der Arbeitskreis Corporate Compliance der deutschen Wirtschaft, dem unter anderem Verantwortliche der Großkonzerne Allianz, BASF, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Lufthansa, Deutsche Post, Deutsche Telekom, Eon, MunichRe, RWE und Volkswagen angehören, hat den “Kodex für die Medienarbeit von Unternehmen” verabschiedet, um die verdeckte Einflussnahme werbender Unternehmen auf die redaktionelle Berichterstattung zu stoppen.

 

Berichte über SZ-Leaks der Süddeutschen Zeitung

Berichte über SZ-Leaks der Süddeutschen Zeitung

 

Seit Jahren sinkende Auflagen, fallende Werbepreise und die enorme Konkurrenz im Internet haben zu einem enormen wirtschaftlichen Druck auch bei großen Verlagen gesorgt. Auf der Suche nach neuen Einkommensquellen haben sich viele Verleger verrannt und die Anbiederung an die Wirtschaft so weit getrieben, dass die eigene Glaubwürdigkeit, das einzige Alleinstellungsmerkmal der Branche, gefährdet ist.

Advetorials, Sonderveröffentlichungen und der “verkaufte Leser”

 

Aufmerksame Leser kritisieren seit langem die enge Verzahnung von Redaktion und Anzeigenabteilung. Das alt bekannte Problem der Selbstzensur von Journalisten, die ganz im Sinne der Herausgeber gute Anzeigenkunden schonen, geschönte Berichte veröffentlichen und sich mit Kritik zurückhalten, ist mit den Jahren sicherlich nicht besser geworden. Eine echte Gefahr geht zudem von neuen Werbeformen aus, die Grenzen zwischen redaktioneller Berichterstattung zusehends verschwimmen lassen.

Einer der aktivsten Anbieter von versteckten Werbeformen ist ausgerechnet der renommierte Süddeutsche Verlag. Die Produktpalette für Werbekunden wird seit Jahren konsequent ausgeweitet; von der klassischen Werbeanzeige bis hin zu redaktionell erstellten Werbetexten und der Platzierung in einem geeigneten journalistischen Umfeld, sprich einer themenbezogenen und positiven redaktionelle Einbettung einer Werbeanzeigen, hat die Süddeutsche alles im Angebot.

Vertrieben werden die speziellen Dienstleistungen der Süddeutschen Zeitung über zwei Unternehmen innerhalb der Konzernstruktur, die sich auf Corporate Publishing spezialisiert haben: die Süddeutsche Zeitung Publishing GmbH und Süddeutscher Verlag onpact GmbH, beide mit Sitz in München. Auf der Webseite der Unternehmen werden die Vorteile für Werbekunden beschrieben:

Unsere Kompetenzen erstrecken sich von der strategischen Beratung und Unternehmenskommunikation über die Entwicklung von Markenauftritten bis hin zur klassischen Pressearbeit. Von Krisenkommunikation bis Medientraining, von Großevent bis zum Exklusivinterview. Dabei bedienen wir alle Kommunikationskanäle: Print, Online, Social Media und Corporate Publishing.

Fundiertes Wissen, Branchenkenntnis, Kreativität, Innovation, Know-How und vor allem ein belastbares Mediennetzwerk sind Selbstverständnis unserer Arbeit. In unseren Kundenbeziehungen leben wir Transparenz und Glaubwürdigkeit. Eine klassisch betriebswirtschaftliche Projektplanung garantiert optimalen Mittel- und Ressourceneinsatz.

Der Sündenfall der Süddeutschen Zeitung: SZ-Leaks

 

Was genau diese Beschreibungen der Corporate Publishing Dienestleistungen bedeutet, deckte ein ehemaliger Redakteur der Süddeutschen Zeitung auf. Sebastian Heiser hatte nach seinem Studium bei der Süddeutschen Zeitung angeheuert und gehofft Qualitätsjournalismus betreiben zu dürfen. Allerdings hatte der Jungredakteur nicht geahnt, was es bedeuten würde für sogenannte Sonderveröffentlichung zuständig zu sein. Schockiert von der Arbeit der Anzeigenabteilung und der recht weitgehenden Manipulation der redaktionell erstellten Sonderveröffentlichungen, die regelmäßig Bestandteil der Printausgaben der Süddeutschen Zeitung sind, entschied sich Heiser zur investigativen Recherchen gegen den eigenen Verlag, einige Wochen später zur Kündigung.

Im Februar dieses Jahres rang sich Sebastian Heiser dazu durch, seine Recherchen aus dem Jahr 2007 öffentlich zu machen. Auf seinem privaten Blog veröffentlichte er die Reportage “SZ-Leaks: Schleichwerbung für Steuerhinterziehung”

Der Tenor der Geschichte: Redaktionelle Arbeit würde in den Sonderveröffentlichungen nicht stattfinden. Der Chef der Abteilung achte darauf, dass Anzeigenkunden ein ansprechendes redaktionelles Umfeld bekämen. Oft müsse er allerdings nicht intervenieren, denn “die Schere im Kopf” funktioniere wunderbar bei den erfahrenen Mitarbeitern. Das hat “mit Journalismus manchmal nichts mehr zu tun, was wir hier machen”, zitiert Heiser eine ehemalige Kollegin.

Sein Kündigungsgespräch bei der Süddeutschen Zeitung schnitt Sebastian Heiser heimlich mit und veröffentlichte den Wortlaut auf seinem Blog. Vor allem der letzte Kommentar seines Chefs war mehr als entlarvend und zeigt das Kräfteverhältnis zwischen Redaktion und Anzeigenabteilung:

Wir müssen auch so handeln und nicht nur wir, sondern alle Zeitungen handeln so inzwischen, weil die Zeiten, wo wir Anzeigen ablehnen konnten, die sind vorbei. […] Sie haben natürlich nur das mitbekommen, was jetzt direkt Ihre Arbeit so betraf, und den Spagat, den wir immer wieder machen müssen … Aber ich verstehe Ihre Position, Sie sind ein junger Mensch, Sie sind unverdorben noch, Sie stehen da wie eine Wand, wie ein Fels in der Brandung und sagen: Ne, da will ich zumindest jetzt am Anfang meiner Karriere will ich ein sauberer Journalist sein, der kritisch ist. Die kritische Denke, die haben Sie natürlich aufgesogen, mitgebracht ganz frisch noch vom Studium, von der Schule, aber es wird sich ein bisschen abschleifen im Lauf der Zeit ohnehin.

Die Recherchen von Sebastian Heiser sorgten als SZ-Leaks für Wirbel.

Die Vorwürfe von Sebastian Heiser gegen die Süddeutsche Zeitung avancierten zum Gesprächsthema Nummer 1 unter Journalisten, Medienmachern und PR-Experten. Selbst der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten Verbands Michael Konken forderte einen transparenten Umgang der Süddeutschen Zeitung mit dem Skandal.

Der Verlag hingegen fühlt sich zu Unrecht am Pranger, ist sich keiner Schuld bewusst und lehnt auch einen kritischen Umgang mit den Vorwürfen rundherum ab. Im Gespräch mit dem Onlinemagazin Newsroom.de weist der Stellvertretende Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung Wolfgang Krach die Kritik weit von sich:

Warum entstehen Beilagen, warum veröffentlichen wir Sonderseiten? Es ist wie bei jeder anderen Zeitung in Deutschland, die Anzeigenabteilung kommt auf die Redaktion zu und schlägt ein Thema vor. Was wir dann journalistisch daraus machen, welche Themen in diesen Beilagen gesetzt werden, das entscheidet die Redaktion.

Es sei auch Üble Nachrede, dass die Redaktion den Mitarbeiter der Anzeigenabteilung die Texte zum Redigieren vorlegen müsse, lautet die Argumentation von Krach. Denn das Kontrolle lesen von Artikeln ist, anders als zu Sebastian Heisers Zeiten, mittlerweile Chefsache. Die Artikel der Redaktion “werden ausschließlich von der Leitung des Beilagen-Ressorts abgenommen”. Der Fisch fängt also vom Kopf her an zu stinken.

Zudem sei an den angebotenen Sonderveröffentlichungen und Advetorials der Süddeutschen Zeitung ohnehin nichts auszusetzen, meint die Verlagsleitung. Es sei für jeden Kunden klar ersichtlich, dass es sich nicht um redaktionelle Beiträge, sondern um Werbung handelt. Zwar unterscheiden sich Layout, Schrifttyp und auch die Einbettung in der Zeitung beziehungsweise auf der Webseite nicht vom redaktionellen Teil, doch die Seite sei eindeutig gekennzeichnet. Und zwar mit den Hinweisen “Anzeige”, “Advetorial” oder “Sonderveröffentlichung” in kleinen Lettern, möglichst unauffällig am oberen Rand der Seite.

Lieblingskunden der Süddeutschen kommen aus der Finanzbranche.

Der Süddeutsche Verlag hat bereits einen Plan für die geplanten Sonderveröffentlichungen in diesem Jahr veröffentlicht. Die Seiten sind eine echte Cash-Cow, denn die Süddeutsche kassiert fünfstellige Beträge für eine Viertelseite Werbung – ein positives, redaktionelles Umfeld auf der gesamten Restseite ist im Preis inklusive.

Besonders interessant, da zahlungskräftig und reputationsbewusst, ist für die Süddeutsche Zeitung die Finanzbranche. In den verbleibenden neun Monaten dieses Jahres werden mehr als 30 Sonderveröffentlichungen rund um die Themen Banken, Finanzen und Versicherungen erscheinen. Trotz niedriger Relevanz für den größten Teil der SZ-Leserschaft, werden dieses Jahr alleine drei Sonderveröffentlichungen zum Thema “Privat Banking” und vier Sonderveröffentlichungen zum Thema “Derivate & Zertifikate” erscheinen. Die Werbekunden der Süddeutschen wird es freuen.

Und diese gibt es zuhauf, denn bei der Auswahl der Werbekunden ist die Süddeutsche nicht zimperlich. Besonders in der mittlerweile kostenpflichtigen Onlineversion des Blattes treibt die Flexibilität der Anzeigenabteilung teilweise merkwürdige Stilblüten. Diverse unseriöse Anbieter von Anlageprodukten des Grauen Kapitalmarkts nutzen die Möglichkeit in einem vermeintlich seriösen Umfeld zu werben.

Mit unseriösen Versprechen wie “30 Prozent Wertzuwachs nach nur 24 Monaten”, “Geldanlage in Sachwert, 15 Prozent plus, seltene Diamanten” oder “3.000 Euro pro Woche? Deutscher Banker packt aus und zeigt Trick, wie er 6.000 – 19.000 Euro im Monat verdient”, gehen unseriöse Anbieter auf Bauernfang. Und die Süddeutsche kassiert mit, anstatt ihre Leser zu schützen. Nun denn…




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