Welche Ihrer Altersvorsorgen haben Sie jemals zum Nulltarif bekommen, ist die erste Frage die Kunden von den Vertriebstruppen der KV Consulting GmbH gestellt bekommen. Die Antwort folgt auf den Fuß: “Keine! Außer bei uns.”
Das vermeintliche Super-Immobilien-Investment soll mindestens neun Prozent Rendite einspielen. Mieteinnahmen und Steuervorteile beim Kauf der Immobilien in Dresden würden locker ausreichen, um Zins und Tilgung zu decken. In den Beispielrechnungen bleibt sogar während der Tilgungszeit ein kleines Plus unterm Strich.
Und nicht nur für die Käufer sollen sich die Immobiliengeschäfte lohnen, versprechen der Geschäftsführer der KV Consulting GmbH Robert Velghe (45), aktuell wohnhaft am Stadtrand von Graz, und sein Vertriebsleiter, der Dresdner Immobilienmakler Heiko Kuhn, der als Mann fürs Grobe das operative Geschäft vor Ort übernimmt. Jeder Verkäufer, der mindestens zwei Immobilien im Monat verkauft, bekommt zusätzlich zu seiner Provision einen Sportwagen vor die Tür gestellt, so das Versprechen, das auf Facebook gestreut wird.
Wie man die eigenen Mitarbeiter stetig bei Laune hält, haben die beiden selbsternannten Immobilienprofis schon früh gelernt.
Robert Velghe trumpft gerne mit seiner langjährigen Erfahrung als Hedgefonds-Manager auf. Gemeint ist seine Zeit als Direktor der K1Fund Distribution Ltd.
Das Londoner Unternehmen gehörte zur K1-Gruppe des umstrittenen Milliardärs Helmut Kiener (55). Der ausgebildete Sozialpädagoge und Psychologe hatte mit seinem Hedgefonds eines der größten Schneeballsysteme der deutschen Geschichte betrieben.
Seit 2009 saßen Kiener sowie weitere Tatbeschuldigte in Untersuchungshaft. Mittlerweile hat der Hedgefondsmanager eingeräumt, dass er durch unhaltbare Finanzierungsversprechen Großbanken und Pensionsfonds um rund 400 Millionen Euro geprellt hat. 2011 wurde Kiener wegen gewerbsmäßigem Betrug und Untreue zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren verurteilt.
Robert Velghe hatte gerade noch rechtzeitig den Absprung von K1 geschafft und war mit heiler Haut aus dem Ponzi-System gekommen. In den nächsten Jahren soll er im Bereich des Zweitmarkts für Lebensversicherungen sowie als Vermittler von Versicherungen und Finanzanlagen tätig gewesen sein. Und auch für den umstrittenen Stromunternehmer Martin Kristek und dessen Care Energy soll Velghe vertrieblich tätig gewesen sein.
Auch KV Consulting GmbH Vertriebsleiter Heiko Kuhn hat eine bewegte Vergangenheit.
Als Vertriebsleiter der RWI Real Wert Invest GmbH verkaufte Heiko Kuhn Beteiligungen an Blockheizkraftwerken an Anleger. Nach diversen Strafanzeigen und den folgenden Hausdurchsuchungen musste die Gesellschaft 2011 Insolvenz anmelden. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen Kapitalanlagebetrug.
Der Anlageskandal endete mit langjährigen Haftstrafen. Die Geschäftsführer der RWI Gesellschaften Matthias Schmidt und Andreas Schmidt wurden des Betruges in 230 tateinheitlichen Fällen für schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von jeweils 2 Jahren und 5 Monaten verurteilt. Der Angeklagte Jörg Buhrow, ein Hintermann des RWI Tatkomplexes wurde wegen Betruges in 161 tateinheitlichen Fällen schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.
Das härteste Urteil erhielt der Hintermann und Drahtzieher des Schneeballsystems Rainer Maria Friedrich. Dieser wurde vom Landgericht Dresden zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Und auch Vertriebsleiter Kuhn wurde vom Gericht für schuldig gesprochen. Wegen Betrug in 127 tateinheitlichen Fällen wurde der RWI-Vertriebsleiter zu zwei Jahren und fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist bis heute nicht rechtskräftig.
Dr. Sven Tintemann, Partner der Kanzlei Dr. Schulte und Partner kommentierte die Urteile:
Die Verurteilungen der Hintermänner des RWI Real Wert Invest Skandals waren zu erwarten. Sie sind aus unserer Sicht als Anlegerschützer noch recht milde ausgefallen. Erfreulich ist die Tatsache, dass nun den geschädigten Anlegern wohl in jedem Fall Schadensersatzansprüche gegen die Schädiger zustehen werden. Inwieweit diese zu einer Entschädigung in Geld führen werden, bleibt natürlich offen. Erfreulich ist auch, dass wegen der strafrechtlichen Verurteilung keine Flucht in die Privatinsolvenz möglich ist. Wir werden bezüglich der von unserer Kanzlei eingereichten Klagen weiterhin berichten.