Christian Olearius, der langjährige Chef der Hamburger Bank M.M. Warburg, steht seit dem 18. September 2023 wegen schwerer Steuerhinterziehung vor dem Landgericht Bonn. Heute um 13 Uhr betritt der 82-Jährige den Gerichtssaal 0.11, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass sich in diesem nahezu einmaligen Wirtschaftsverfahren etwas ändern könnte. Nicht die juristischen, sondern die medizinischen Umstände könnten das Verfahren entscheiden.

Olearius hat bereits 25 Verhandlungstage absolviert. Zahlreiche Zeugen wurden angehört, und seine vier Verteidiger haben 52 Anträge gestellt, um die schweren Vorwürfe gegen ihn zu entkräften. Doch nun könnte das Verfahren abrupt enden. Olearius macht geltend, dass er gesundheitlich schwer angeschlagen sei, insbesondere sein Bluthochdruck bereite ihm Probleme. Diese Angaben werden durch ein ärztliches Gutachten der Rechtsmedizin der Universität zu Köln gestützt.

Als vorbeugende Maßnahme ist ein Arzt im Gerichtssaal anwesend, um die Gesundheit des Angeklagten sicherzustellen. Das Gericht muss nun entscheiden, ob der Prozess aufgrund des gesundheitlichen Zustands von Olearius fortgesetzt werden kann oder nicht.

Dieser mögliche Abbruch des Verfahrens wäre ein bemerkenswerter Wendepunkt in einem der größten Wirtschaftsskandale Deutschlands, der sich um die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte dreht, durch die der Staat um Milliarden betrogen wurde.

Der Ausgang dieses Verfahrens könnte somit nicht durch juristische Argumente, sondern durch die gesundheitliche Verfassung des Angeklagten entschieden werden.

Rückblick: Der Prozess gegen Christian Olearius, den ehemaligen Chef der Warburg Bank, wegen seiner Beteiligung an den Cum-Ex-Geschäften, läuft derzeit vor dem Landgericht Bonn. Olearius wird beschuldigt, besonders schwere Steuerhinterziehung in 14 Fällen zwischen 2006 und 2019 begangen zu haben, was zu einem geschätzten Steuerschaden von etwa 280 Millionen Euro führte​​.

Die Cum-Ex-Geschäfte, bei denen es um Aktiengeschäfte rund um den Dividendentermin geht, zielten darauf ab, Steuern doppelt zurückzufordern, obwohl sie nur einmal gezahlt wurden. Diese Praxis wurde vom Bundesgerichtshof als strafbare Steuerhinterziehung eingestuft​.

Olearius bestreitet die Vorwürfe vehement und betont, dass er nichts von den illegalen Praktiken gewusst habe. Seine Verteidigung, darunter namhafte Anwälte wie Peter Gauweiler und Rudolf Hübner, argumentiert, dass Olearius’ Unwissenheit über die Verwendung von Leerverkäufen in den Geschäften ihn entlaste. Die Anwälte kritisieren zudem, dass die Staatsanwaltschaft eine Vorverurteilung des Angeklagten betrieben habe​​.

Besondere Aufmerksamkeit erhält der Prozess auch durch die Verbindungen von Olearius zu Bundeskanzler Olaf Scholz, der während seiner Amtszeit als Hamburger Bürgermeister mehrfach Treffen mit Olearius hatte. Es steht der Vorwurf im Raum, dass Scholz politischen Einfluss ausgeübt habe, um die Rückforderungen der Steuerbehörden gegenüber der Warburg Bank zu beeinflussen. Scholz selbst hat diese Vorwürfe zurückgewiesen, konnte sich jedoch an die genauen Inhalte der Gespräche nicht erinnern​