Ermittler der Kölner Staatsanwaltschaft durchsuchten am 6. November 2018 Büros der BlackRock Asset Management Deutschland AG (BAMDE) am Lenbachplatz 1 in München.
Der Vorwurf: Die BAMDE soll über die hauseigene Investmentaktiengesellschaft iShares (DE) I, ebenfalls am Lenbachplatz 1, große Aktienpakete an Dritte verliehen haben, die damit rund um den Dividendenstichtag Cum-Ex-Steuerdiebstahl betrieben hätten, indem sie sich Steuern auf Dividenden zurückerstatten ließen, die sie nie gezahlt haben.
Bei “Cum-Ex” ließen sich Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragsteuer mit Hilfe ihrer Bank mindestens zwei Mal erstatten. Dazu verschoben sie um den Dividendenstichtag herum untereinander Aktien mit (lateinisch: “Cum”) und ohne (“Ex”) Dividendenanspruch. Allein in Deutschland entgingen dem Fiskus dadurch nach Angaben des Bundesfinanzministeriums mehr als fünf Milliarden Euro, bevor die Gesetzeslücke 2012 geschlossen wurde.
Europaweit summiert sich der Schaden auf über 55 Milliarden Euro, wenn man weitere undurchsichtige Steuerkonstruktionen hinzu zählt, wie GoMoPa berichtete.
Bislang waren im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften vor allem Banken ins Visier der Ermittler geraten, etwa die Commerzbank, die spanische Santander oder die australische Macquarie.
Mit Blackrock bekämen die Tricksereien eine neue Dimension:
Der Vermögensverwalter ist insbesondere bei börsengehandelten Indexfonds (ETF) ein Schwergewicht.
Dabei betrug das eigenverwaltete Vermögen in den 34 Sondervermögen der BlackRock Asset Management Deutschland AG 40 Milliarden Euro und das Vermögen in den 20 Teilgesellschaftsvermögen der iShares (DE) I Investmentaktiengesellschaft mit Teilgesellschaftsvermögen 6,1 Milliarden Euro.
Zum Jahresende 2017 lag das Anlagevolumen der 54 von der BlackRock Asset Management Deutschland AG (BAMDE) in Deutschland aufgelegten und verwalteten ETFs der Marke iShares bei rund 46,1 Milliarden Euro. Der iShares EURO STOXX 50 UCITS ETF (DE) ist der größte von BAMDE aufgelegte und verwaltete Publikumsfonds mit einem Volumen in Höhe von 8,8 Milliarde Euro (Stand Ende Dezember 2017).
Gemessen am verwalteten Vermögen zählt die BlackRock Asset Management Deutschland AG zu den vier größten ETF Anbietern in Europa. Insgesamt konnte iShares im Jahr 2017 einen Marktanteil in Höhe von 45,8 % (Vorjahr 47,2 %) erreichen.
Blackrock gehört bei zahlreichen Konzernen zu den wichtigsten Aktionären, etwa bei der Deutschen Bank, Siemens oder Daimler.
Aufsichtsratschef der BlackRock Asset Management Deutschland AG ist seit März 2016 der frühere CDU/CSU-Bundestagsfraktionsvorsitzende (2000 – 2002) Rechtsanwalt und Vermögensmillionär Friedrich Merz (62) aus dem Sauerland.
Merz, der gerade für die Wahl zum neuen CDU-Parteivorsitz auf dem CDU-Parteitag am 7. und 8. Dezember 2018 in Hamburg kandidiert und prominent im Beirat des Fußball-Bundesliga-Tabellenführers Borussia-Dortmund BVB sitz, legt Wert auf die Feststellung, dass die Ermittlungen nicht gegen ihn persönlich laufen.
Im Gegenteil, so Merz vor laufenden Kameras einen Tag nach der Razzia in München:
Ich habe angewiesen, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten und alle Dokumente auf den Tisch zu legen.
Laut BlackRock betreffen die umstrittenen Geschäfte tatsächlich offenbar die Jahre davor.
Ein Sprecher des US-Konzerns mit Hauptsitz in New York betonte:
Blackrock arbeitet in einer laufenden Untersuchung im Zusammenhang mit Cum-Ex-Transaktionen im Zeitraum 2007 bis 2011 uneingeschränkt mit den Ermittlungsbehörden zusammen.
Allerdings ist BlackRock nicht das einzige Unternehmen, bei dem Friedrich Merz engagiert ist und dass unter Cum-Ex-Verdacht steht.
Merz ist seit 2010 Verwaltungsratschef und im Aufsichtsrat der Düsseldorfer Privatbank HSBC Trinkaus & Burkhardt, gegen die die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft seit 2016 wegen Cum-Ex-Geschäften ermittelt.
Außerdem heuerte Merz 2005 als Partner bei der US-Großkanzlei Mayer Brown LLP mit Hauptsitz in Chicago an und ist seit 2014 Mayer Brown Senior Counsel in Düsseldorf, die laut Cum-Ex-Bundestagsuntersuchungsausschuß-Chef Gerhard Schick (Grüne) um Kunden wirbt, “die in der Vergangenheit solche Geschäfte gemacht haben (z.B. Homepage Mayer Brown mit Webinar ‘How to defend repayment claims on already refunded withholding taxes’).”
Der Parlamentarier Schick fordert den Ex-Parlamentarier Merz, der den Deutschen Bundestag 2009 verließ, nun in einem Brief vom 5. November 2018 auf, der dem Handelsblatt vorliegt, im Detail zu den dubiosen Geschäften Stellung zu nehmen und 13 Fragen zu beantworten.
Zur Kanzlei Mayer Brown fragte der Grünenpolitiker: