Momentan kommt es für Rödl knüppeldick, behauptet der Branchendienst für Wirtschaftsprüfer WPwatch.de aus Köln in seinem Mai-Newsletter zum “Fall Rödl”.
Der Nürnberger Kanzlei Rödl & Partner wurde im April 2021 von der zuständigen Berufsaufsicht, der Wirtschaftskammer Berlin, die Zulassung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entzogen, weil der Erbe und Mehrheitseigner Ehrenprofessor Christian Rödl (52) aus Nürnberg es in 5 Jahren, die ihm der Gesetzgeber Zeit ließ, nicht schaffte, seinen Abschluss als Wirtschaftsprüfer nachzuholen, wie GoMoPa berichtete.
Stattdessen, als die Zeit um war, soll er die Wirtschaftsprüferkammer in Berlin mit einem Vorzeige-Wirtschaftsprüfer Ronald Hager (51) aus München getäuscht haben, den Rödl aber nur für eine kurze Zeit zum Hauptgesellschafter aus dem Hut zauberte und der seine Anteile kurz darauf an Rödl zurückübertragen musste, wie GoMoPa ebenfalls berichtete.
Ungemach droht nun neben diesen massiven berufsrechtlichen mutmasslichen Täuschungen gegenüber der WPK auch in einem anderen aktuellen Fall:
Software-Unternehmen SNP – ein neuer Rödl-Skandal?
SNP Schneider-Neureither & Partner SE, Heidelberg, ist eines von sechs kapitalmarktorientierten Unternehmen (§ 319a HGB) – SDAX-Aktie -, die von Rödl & Partner ihre Jahres- und Konzernabschlüsse testieren lassen haben.
Das Software-Unternehmen SNP musste – so ist es einer Pflichtmitteilung an die Börse zu entnehmen – die Veröffentlichung ihres 2020er-Abschlusses auf den 21. April 2021 verschieben.
Die Nachricht sorgte für Verunsicherung bei den Aktionären. Das Software-Unternehmen begründete die Entscheidung damit, dass der Verwaltungsrat unter neuem Vorsitz von Dr. Michael Drill im Zuge der Aufstellung und Prüfung des Konzernjahresabschlusses 2020 festgestellt hatte, dass die Wertansätze für Nutzungsrechte aus Mietverträgen für eine US-Immobilie neu bewertet und um 3,6 Millionen Euro nach unten korrigiert werden mussten.
Für 2019 ergibt sich damit ein korrigierter Gewinn von 3,4 Millionen Euro (ursprünglich 7 Millionen Euro).
Hinter den durchgeführten Korrekturen steht die nach dem Tod des SNP-Gründers Dr. Andreas Schneider-Neureither durchgeführte Wiederverwendungsprüfung der US-Immobilie, die eine fehlende Nutzbarkeit bereits ab Mietbeginn ergab.
Die US-Immobilie, die vom Gründer langfristig an den Konzern vermietet war, wurde teilweise von ihm selbst bewohnt. Die neu gebaute Immobilie hatte SNP im März 2019 für 10 Jahre angemietet – Preis: 4,2 Millionen Euro. Dr. Andreas Georg Schneider-Neureither war Anfang November 2020 unerwartet im Alter von 56 Jahren gestorben.
WPwatch.de-Herausgeber Wirtschaftsprüfer und Fachdozent Dirk Hildebrandt (66) aus Köln:
Seitens des Unternehmens ist zu hören, dass man Schadensersatzansprüche gegen die Erbengemeinschaft und auch gegen Rödl & Partner prüfe.
Hildebrandt weiter:
Ich würde vorschlagen, dass Kollege Martin Wambach hierzu als oberster Sonderermittler des Berufsstandes erst einmal einen Sonderbericht vorlegt.
Hintergrund: Rödl-Partner Peter Wambach (56) aus Bonn sitzt im Vorstand des IDW.
Was wusste das IDW Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. aus Düsseldorf über den Fall Rödl?
Das IDW (e.V.) ist der Lobbyverein der “Big4 & Friends” in Deutschland, beansprucht die Meinungs- und Pressehoheit und gibt im Rahmen seiner Facharbeit dem Berufsstand “Verlautbarungen” in Form von Prüfungsstandards (IDW PS) und Prüfungshinweisen (IDW PH) vor, die bei gewissenhafter Berufsausübung zu beachten sind.
Die Big Four sind PwC, EY, KPMG und Deloitte, ihnen folgen die Häuser Rödl & Partner (auf Platz 5) und BDO aus Hamburg.
Insoweit ist es für große Berufsgesellschaften erstrebenswert, in den Fachgremien, dem Vorstand und Verwaltungsrat des IDW vertreten zu sein.
So ist man bestens informiert, kann den Entstehungsprozess der fachlichen Regeln unmittelbar erleben und auch beeinflussen. Erstrebenswert wäre hierbei eine spiegelbildbliche Abbildung des Berufsstandes in den Gremien, was jedoch nicht umgesetzt wird. Vielmehr entscheidet der geschäftsführende Vorstand – unter Rückendeckung der sechs ehrenamtlichen Vorstände – über die Berufung in die Fachausschüsse.
Im September 2019 wurde Wirtschaftsprüfer Martin Wambach, geschäftsführender Gesellschafter bei Rödl, überraschend in den 6köpfigen (ehrenamtlichen) Vorstand des IDW gewählt. In diesen Gremien entscheidet er auch mit über Wohl und Wehe des dreiköpfigen geschäftsführenden Vorstands des IDW.
WPwatch-Herausgeber Hildebrandt:
Betrachtet man den zeitlichen Ablauf des Rödl-Skandals, so fragt man sich doch ernsthaft, wer Martin Wambach, einen der Drahtzieher und Mitwisser des perfiden Rödl-Täuschungsmanövers, zu diesem Zeitpunkt in dieses erlauchte Gremium empfohlen hat.
Nur so sei es auch zu erklären, dass Wirtschaftsprüfer MdB Fritz Güntzler (CDU) als Mitglied des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) zur Aufarbeitung des WIRECARD-Skandals als Lobbyist des IDW im Bundestag seinen Kollegen Wambach als “Sonderermittler” vorschlägt, der dann binnen drei Wochen einen 90seitigen Bericht zaubert und vorgibt zu wissen, was EY bei WIRECARD alles falsch gemacht hat.
Hildebrandt kommentiert:
Diese Meisterleistung des Rödl-Superstars dürfte wohl eher auch der Abteilung “Augenwischerei” zuzuordnen sein!
Bei der Personalie Wambach hat sich das IDW selbst entlarvt, sowohl bei der Besetzung des Vorstandspostens, als auch beim Vorschlag des Lobby-Kollegen Güntzler im PUA.
Nach alledem, was wir heute wissen, bleibe zu vermuten, dass das IDW um diese Vorgänge bei Rödl bestens Bescheid wusste.
Das von Rödl kassierte Gesamthonorar für die Prüfung des SNP-Konzernabschlusses 2019 betrug 168.000 Euro.
Sicherlich werden sich jetzt auch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e.V. in Berlin und die deutschlandweite Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS (Fachaufsicht über Handelsgesetzbuch-Mandate) beim Wirtschaftsbundesamt in Eschborn um diesen Fall kümmern müssen.
Eine Fachfrage hat Wirtschaftsprüfer Dirk Hildebrandt an die beiden testierenden Wirtschaftsprüfer Peter Künkele und Jörg Müller von Rödl & Partner, die das Testat für den SNP-Konzernabschluss 2019 am 24. März 2021 unterschrieben haben, dann aber doch noch:
Sollte ein 10jähriger Mietvertrag zwischen der zu prüfenden Gesellschaft und einer von dem Gesellschafter beherrschten Immobiliengesellschaft in Millionenhöhe nicht nach dem risikoorientierten Prüfungsansatz gemäß IDW PS 255 i.V. PS 261 n.F. in jedem Falle auch einer der Prüfungsschwerpunkte sein?
“Rödl steht vor einem Scherbenhaufen!”, schätzt Hildebrandt abschließend ein. Nun denn…