Ein Whistleblower hat im Februar 2022 zehntausende Konto-Daten der Schweizer Großbank Credit Suisse an die Süddeutsche Zeitung gespielt, wie GoMoPa berichtete. Und warf damit auch ein neues Licht auf einen alten Siemens-Bestechungsfall um den sogenannten König von Nigeria Eduard Seidel.
Die Süddeutsche Zeitung twitterte am 20. Februar 2022: „Mehr als 54 Millionen Franken … lagen 2006 auf dem Konto eines Ex-Siemens Managers, der 2008 wegen Korruption verurteilt wurde. Aber von seinen Schweizer Konten wusste die Staatsanwaltschaft damals nichts.“
Die bayerische Oberstaatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl von der Staatsanwaltschaft München I fackelte nicht lang, nimmt Eduard Seidel noch einmal ins Visier
Kaum hatte ein Whistleblower in der Süddeutschen Zeitung enthüllt, dass der 2008 wegen Bestechung verurteilte Ex-Siemensmanager Eduard Seidel, der heute auf einer künstlichen Luxus-Palmeninsel in Dubai lebt, bei der Schweizer Bank Credit Suisse Group AG aus Zürich heimlich ein Monstervermögen von 54,5 Millionen Schweizer Franken (52,48 Millionen Euro) hortete, wofür er bei seinem damaligen Jahresgehalt von 300.000 Euro mindestens 180 Jahre hätte arbeiten müssen, rollte die Wirtschaftsstraf-Ermittlerin den alten Siemens-Bestechungsfall vom Frühjahr 2007 neu auf und bat sofort die Schweiz um Hilfe. Auch, um Seidels Vermögen in der Schweiz aufzuspüren und einfrieren zu lassen.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigte dem Züricher Tagesanzeiger vom 21. Februar 2022 den Eingang des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft München I.
Rückblende München im Frühjahr 2007
Der größte Schmiergeldskandal der deutschen Geschichte erschütterte die Republik. Fahnder hatten die Siemens-Zentrale gestürmt, Beweise dafür gesichert, dass der Konzern über Jahre hinweg Politikern und Beamten auf der ganzen Welt Schmiergeld gezahlt hatte, um an lukrative Aufträge zu kommen. Konzernchef Klaus Kleinfeld musste seinen Posten räumen, ebenso Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer. In diesen aufwühlenden Tagen stellte sich ein Beschuldigter der ermittelnden Staatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl.
Eduard Seidel – ein scheinbar reuiger „König von Nigeria“
Der frühere Chef von Siemens in Nigeria, Eduard Seidel (im Twitter der Süddeutschen Zeitung mit Sonnenbrille vorn), so schien es, war 2007 gekommen, um zu beichten. Der Mann, den Kollegen den “König von Nigeria” nannten, räumte ein, nigerianische Amtsträger in 22 Fällen bestochen zu haben, damit Siemens in Nigeria Telekommunikations-Masten bauen durfte. Er erzählte abenteuerliche Geschichten, etwa von Koffern voller Bargeld und von Geldbestellungen per Fax.
Im Dezember 2008 erhielt Seidel einen Strafbefehl wegen “Bestechung ausländischer Amtsträger”, wurde zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt und musste 240.000 Euro zahlen. Die ausgesprochen milde Strafe, sie war auch dem Umstand geschuldet, dass Seidel stets versicherte, niemals Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben – weder “direkt noch indirekt”.
Das jetzt ans Licht gekommene große Vermögen des Eduard Seidel verwundert
Denn im Verhör mit der Staatsanwaltschaft gab Seidel an, lediglich in “geordneten” finanziellen Verhältnissen zu leben. Als Vermögen zählte er ein paar Immobilien in Deutschland auf, ein Anwesen in Portugal, ein Haus in Bruchsal, das er seiner Tochter überschrieben habe – von Schweizer Konten berichtete er der Staatsanwaltschaft nichts. Vor seinem Ausscheiden 2004 verdiente er bei Siemens 300.000 Euro im Jahr – viel Geld, aber keine Erklärung für die enormen Vermögenswerte auf seinem Schweizer Bankkonto.