Seit 2019 praktiziert der Magdeburger Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Ulrich Werth (71) nur noch in Palma auf Mallorca. Die Warteliste von Alzheimer- und Parkinson-Patienten sei bereits lang. Alle mussten wegen Corona warten, bis Flüge von Deutschland nach Mallorca wieder erlaubt und die Aussgangssperre auf der Baleareninsel wieder aufgehoben wurde.
Seit 15. Juni 2020 dürfen in den kommenden Tagen und Wochen immerhin bis zu 10.900 sogenannte Test-Touristen von Deutschland auf die Balearen fliegen.
Dr. Werth hat eine besondere Gabe für Akupunktur. In den 1990er Jahren nannte man ihn deshalb den legendären “Nadelstecher” von Magdeburg.
1999 erfand Dr. Werth die ewige Nadel. Das Neue an seiner Akupunktur: Dr. Werth sticht nicht mehr. Er pflanzt nun unter lokaler Betäubigung an die 100 winzige Titannadeln (je 1,2 Millimeter lang) für immer in jede Ohrmuschel. Preis für die halbstündige Prozedur: 5.620 bis 8.430 Euro.
Seit 2009 will er im spanischen Valencia mit diesen Dauerimplantaten 6.000 Parkinson-Patienten aus aller Welt behandelt haben. Mit einer angeblichen Erfolgsquote von 84 Prozent. Seit 2014 überträgt er die Implantat-Akupunktur auch auf Alzheimer-Patienten und versprach 2018 auf einem Vortrag auf der Gesundheitsmesse in Chur in der Schweiz:
Alzheimer verliert seinen Schrecken.
Auf der Bühne sprach er unter anderem folgenden Satz ins Mikrofon:
Ich habe herausgefunden, wie man Alzheimer so gut wie möglich als sehr effektiv zum Beispiel in 24 Stunden heilen kann.
Dr. Werth behandelte nach eigenen Angaben mehr als 25 Alzheimer-Patienten erfolgreich und beschrieb diese Fälle in dem Buch “Die Entdeckung der Alzheimer-Therapie“.
Die einen halten Dr. Werth für einen Wunder-Heiler. Die anderen für einen Scharlatan und Abzocker.
Claudia Witt, Professorin für komplementäre/integrative Medizin am Universitätsspitla Zürich, sagte dem Magazin Kassensturz vom Schweizer Fernsehen und Radio SFR.ch:
Ich finde, das ist ein sehr gutes Beispiel für eine vollkommen unseriöse Therapie.
Weil: Hier wird Heilung versprochen für etwas, was medizinisch nicht heilbar ist.
Und dann noch in ganz kurzer Zeit.
Also hier muss man sehr vorsichtig sein, wenn man das hört.
Dauerhaftes Berufsverbot in Deutschland, Nichtzulassung in der Schweiz
Unter anderem wegen angeblich 747 Anzeigen wegen fahrlässiger Körperverletzung allein aus Deutschland soll Dr. Werth in Deutschland im Jahr 2006 ein andauerndes Berufsverbot erhalten haben. Nach Recherchen von Kassensturz sei ihm in Deutschland in über 700 Fällen gewerbsmäßiger Betrug vorgeworfen worden mit einer Schadenssumme von 4,4 Millionen Euro.
Er selbst begründet die im Jahr 2006 entzogene Approbation in Deutschland mit einem Strafbefehl wegen angeblichen Abrechnungsbetruges, den er auf Drängen seiner Anwälte unterschrieben hatte:
Ein rechtsanwaltliches Berater-Team schlug nur Abrechnungsmethoden vor, die später zum Betrugsvorwurf führten.
Diese selben Rechtsanwälte redeten so lange auf Dr. Werth ein, bis er widerwillig einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe unterschrieb. Das war 2004.
Darauf basierte dann der Widerruf der deutschen Approbation.
Ein 2010 durch eine sich als haltlos herausstellende Anklage wird heute noch als Grund vom LPA Sachsen-Anhalt genommen, Dr. Werth die Approbation nicht wieder zu erteilen.
Die Wiedererteilung der Approbation wird bis heute durch das Landesprüfungsamt Sachsen-Anhalt verweigert.
Auch ein bereits erfolgter Umzug in die Schweiz und eine eigene Praxis zur Untermiete beim Nuklearmediziner Dr. med. Manfred Doepp in Abtwil SG im Kanton Sankt Gallen musste 2018/2019 wieder aufgegeben werden, weil das Schweizer Gesundheits-Departement Sankt Gallen Dr. Werth ebenfalls die Approbation als Arzt verweigerte.