Ich war zu gierig, hatte der Linzer Immobilien-Tycoon Cevdet Caner (48) 2009 im Businesscenter des Hilton Vienna ein Jahr nach der Pleite seiner Berliner Immobilienfirma Level One Asset Management Deutschland GmbH aus der Joachimsthaler Straße 34 in Charlottenburg, aber mit Steuersitz auf der britischen Kanalinsel Jersey zugegeben.
Nun twitterte der New Yorker Nachrichtendienst Bloomberg am 9. Oktober 2021:
Der Immobilienmagnat Cevdet Caner stürzte 2008 ab und verbrannte.
Jetzt ist er mit einem berühmten deutschen Vermieter liiert – und es stehen 9 Milliarden Dollar auf dem Spiel.
Der berühmte deutsche Vermieter heißt Adler Group S.A. mit Steuersitz in Senningerberg im Großherzogtum Luxemburg und seiner deutschen Niederlassung in Berlin Tiergarten (Am Karlsbad 11).
Adler ist mit über 8 Milliarden Euro verschuldet, und Skeptiker befürchten, dass der Verschuldungsgrad noch höher sein könnte, als es scheint. Seine Aktien und Anleihen stürzten am 6. Oktober 2021 um 26 Prozent auf 10 Euro je Aktie ab, nachdem der britische Leerverkäufer Fraser Perring eine ausführliche Studie im Viceroy Research veröffentlich hatte, in der behauptet wird, Adler sei “auf systematischer Unehrlichkeit aufgebaut”, wie GoMoPa berichtete.
Ein zentraler Vorwurf lautet, dass die von ADLER in ihren Bilanzen angesetzten Immobilienwerte überhöht seien.
Die Adler Group S.A. ist nach Vonovia SE aus Bochum und Deutsche Wohnen SE aus Berlin Wilmersdorf Deutschlands drittgrößter börsennotierter Wohnungsvermieter. Zum 30. Juni 2021 besaß sie deutschlandweit 69.701 Mietwohnungen, davon 20.000 in Berlin. Die deutschen Tochtergesellschaften Adler Real Estate AG, ADO, Consus und WESTGRUND sitzen in Berlin Tiergarten Am Karlsbad 11.
Adler bewertet seine Immobilien im Halbjahresbericht 2021 mit 12,6 Milliarden Euro; abzüglich Schulden macht das Nettovermögen nach den Kriterien der gemeinnützigen Brüsseler European Public Real Estate Association EPRA unter Vorsitz von Vonovia-Boss Rolf Buch (56) aus Gütersloh 4,95 Milliarden Euro aus. Sein Börsenwert beträgt allerdings nur 1,4 Milliarden Euro – ein erheblicher Abschlag. Daher würde ein größerer Verkauf zum Buchwert helfen, den Refinanzierungsdruck zu verringern.
Den Refinanzierungsdruck kennt Cevdet Caner nur zu gut.
Damals mit der 2004 auf Jersey und 2007 in Berlin gegründeten Level One soll Cevdet Caner, der mit 22 Jahren als jüngstes von sieben Kindern einer türkisch-kurdischen Einwanderfamilie in Linz sein BWL-Studium schmiss und sein erste Geld mit einem Callcenter in Wien (erste private Telefonauskunft Österreichs) verdient hatte, nun mit dem Aufkauf von insgesamt 28.000 Plattenbauwohnungen auf Kredit von der Credit Suisse und dem Weiterverkauf der Forderungen als Wertpapierpakete an Hedgefonds in London insgesamt rund 55 Millionen Euro kassiert haben.
Caner stolperte schließlich über einen 130 Millionen Euro Jahres-Mezzanine-Kredit von der Credit Suisse mit einem Zinssatz von 20 Prozent (weil es keine Sicherheiten gab), den er 2008 nicht bedienen konnte. Level One ging im August 2008 mit einem Schuldenberg von 1,5 Milliarden Euro pleite.
Der SPIEGEL schrieb 2009 über “Das Ende einer Heuschrecke”:
Im Juli (2008) setzten Bank und Hedgefonds den Düsseldorfer Wirtschaftsprüfer Stephan Schilling als Vorstandschef ein. Im Schlepp hatte er Buchprüfer und Juristen des US-Finanzinvestors Blackstone. Mehr als einen Monat nisteten sich die Kontrolleure in den Level-One-Büros in Berlin und Linz ein, sie befragten Mitarbeiter auf eine Art, dass die sich an staatsanwaltschaftliche Verhöre erinnert fühlten, sie durchkämmten jedes Blatt und jede Datei.
Doch sie kamen zu spät.
Level One, so heißt es in einem vertraulichen Bericht der Kontrolleure, stehe weitaus schlechter da, als gegenüber den Finanziers dargestellt: Einzelne Gesellschaften der Gruppe seien bereits “überschuldet”, die Buchhaltung sei lückenhaft, das Management überfordert, die Finanzströme innerhalb des Firmengeflechts “viel zu kompliziert” und undurchsichtig.
Und jetzt?
Erleidet Cevdet Caners neue Spielwiese Adler Group S.A. mit Steuersitz im Großherzogtum Luxemberg ein ähnliches Schicksal?
Die Vorwürfe ähneln sich.
Viceroy Research schrieb am 6. Oktober 2021:
Viceroy Research hält Adler Group SA (ETR : ADJ) und seine börsennotierten Tochtergesellschaften für “short”.
Die Adler-Gruppe ist eine Brutstätte des Betrugs, der Täuschung und der finanziellen Falschdarstellung, die darauf abzielt, ihre wahre Finanzlage zu verbergen, die düster ist.
Die Adler-Gruppe dient ihren Schattenvorständen und Gesellschaftern dazu, sich systematisch zum Nachteil der Anleihegläubiger, Aktionäre und Minderheitsaktionäre verschiedener börsennotierter Beteiligungen zu bereichern.
Das Vorgehen der Adler Group S.A. fasst Viceroy Research so zusammen:
Der Modus Operandi der Adler-Gruppe besteht darin, besser kapitalisierte Unternehmen zu erwerben oder Fusionen mit ihnen zu erzwingen, um sie dann mit Schulden zu belasten.
Das Management schleust dann Barmittel und Vermögenswerte ein, um seine Freunde und Partner über nicht offengelegte und offenkundig nicht kommerzielle Transaktionen mit verbundenen Parteien zu bereichern, von denen viele nie in vollem Umfang abgewickelt werden sollen.
Die Bilanz des Unternehmens wurde in erheblichem Maße künstlich aufgebläht, die Aktien sind nicht investierbar und die Anleihen werden mit ziemlicher Sicherheit mit sehr hohen Wertberichtigungen ausfallen.
Das Fazit von Viceroy Research:
Aus diesen Gründen lehnen wir es ab, ein Kursziel für die Adler-Aktien festzulegen und halten sie für nicht investierbar.
Die deutsche Finanzaufsicht BaFin nimmt die Studie von Viceroy ernst und “überprüft die darin erhobenen Vorwürfe”, teilte die Finanzaufsicht am 6. Oktober 2021 mit. Sollten sich daraus Verdachtsmomente für Straftaten ergeben, werde man diese bei der Staatsanwaltschaft anzeigen, so die Bafin.
In einer Stellungnahme vom 6. Oktober 2021 weist Adler die Vorwürfe zurück, weil es ja in den letzten 12 Monaten Transaktionen an instituionelle Investoren über den in ihren Buchwerten gegeben habe.
Doch ein Whistleblower kritisiert die Adler-Transaktionen als:
nicht offengelegte Transkationen mit verbundenen Parteien.