Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn ein angeblich so erfolgreiches Unternehmen zahlreiche Werbeanzeigen (Advertisels) schalten muss, um dann auf der eigenen Homepage eine Presse-Berichterstattung vorzutäuschen, wie es aktuell der Pfälzer Brennereibetrieb und Anlagenbauer Eugen Schmitt GmbH aus Weselberg-Zeselberg praktiziert.
Obwohl es in Wirklichkeit in der wohl wichtigsten Abteilung der Unternehmensgruppe, der Reiner Schmitt Brennereitechnik, kriselt. Das Unternehmen laut seinen letzten veröffentlichten Geschäftszahlen mit rund einer Viertelmillion Euro bilanziell überschuldet. Der Jahresfehlbetrag beläuft sich auf rund minus 1,2 Millionen Euro, im Jahr davor rund minus 56.000 Euro.
Vielleicht wäre das vorgetäuschte Pressecho ja auch gar keinem aufgefallen, wenn Firmenerbe und CEO Verfahrenstechnik-Diplomingenieur Reiner Schmitt (71) aus Weselberg nicht seit Juni 2020 von Anlegern ab 100.000 Euro (ohne Agio) parallel dazu bereits 8 Millionen Euro eingesammelt hätte und nun noch weitere 2 Millionen Euro einsammeln will.
Außerdem hat Schmitt “vergessen”, für die Anleihe bei der BaFin einen Prospekt einzureichen.
Zweck:
Damit seine Brennerei aus nichtverkauften Bäckerei-Broten künftig nicht nur Bio-Ethanol, Strom, Gas und Dünger, sondern auch noch zusätzlich Wasserstoff produzieren könne.
Noch im Februar 2020 hatte Reiner Schmitt in seinem Advertorial (Werbeanzeige) auf der Berliner Plattform Liveverde.de geschrieben:
Daneben stellt die zur Unternehmensgruppe gehörende EthaTec GmbH Industriealkohol aus Abfällen der Lebensmittelindustrie her.
Die 2012 gegründet EthaTec GmbH betreibt die Brennereianlage zur Herstellung von Ethanol in Weselberg.
Im Februar 2019 war zunächst Rita Schmitt (67) als Geschäftsführerin zurückgetreten.
Am 9. Februar 2021 trat auch Reiner Schmitt als Geschäftsführer der Brennereianlage zurück.
Die EthaTec GmbH ist von Anbeginn an nicht aus der bilanziellen Überschuldung herausgekommen, die Ende 2019 auf rund minus 290.000 Euro angewachsen war.
“Eine Abhängigkeit von anderen kennen wir nicht”, behauptet die Eugen Schmitt GmbH in seiner heute per E-Rumdmail versandten Broschüre, der auf eine über 150jährige Familientradition zurückblicken kann, die 1870 mit der Gründung einer Schmiede durch Michael Schmitt begann.
Und doch braucht das Schmittwerk, das angeblich “auch in Notzeiten auf seine eigenen Ressourcen zurückgreifen konnte” (Firmenbroschüre) nun einen Kredit und muss diesen sogar sehr teuer von Investoren erbitten. Die Eugen Schmitt GmbH hat dazu im Sommer vergangenen Jahres eine fünfjährige Anleihe aufgelegt, die im Freiverkehr an der Frankfurter Börse handelbar ist.
Ihr Name: 6,5 % Schmitt Inhaber-Schuldverschreibung 2020. Bis zum Rückzahlungstermin am 15. Juni 2025 will die Eugen Schmitt GmbH den Anlegern jährlich 6,5 Prozent Zinsen zahlen, die vierteljährlich ausgeschüttet werden sollen.
Bei Banken, die viel billiger Geld geben könnten, ist die Unternehmensgruppe Schmitt bereits mit 3,5 Millionen Euro verschuldet und hat dafür Firmen-Immobilien verpfändet.
Reiner Schmitt will die Eugen Schmitt GmbH im Jahr 2021 zudem an die Börse bringen, womit es dann mit der Unabhängigkeit noch ein Stück weiter vorbei sein dürfte.
Die Eugen Schmitt GmbH – Unternehmensgruppe betreibt auch eine eigene Forschung.
In der Firmenbroschüre heißt es:
Forschung und Entwicklung betrifft bei Schmitt alle Bereiche. So entwickelt das Unternehmen im Anlagenbau fortgeschrittene Techniken für das Schweißen, die Blechbearbeitung und die Fertigung von Laserteilen.
Während das Ausfallrisiko der Emittentin Eugen Schmitt GmbH von einer Wirtschaftsauskunft als “durchschnittlich” eingestuft wird, gibt es in der Schmittchen Firmengruppe wohl auch ein hässliches Entlein.
Ausgerechnet die ebenfalls von Reiner Schmitt geleitete Reiner Schmitt GmbH Brennereitechnik an selber Stelle in Weselberg-Zeselberg erhält schlechte Noten:
Das Ausfallrisiko wird als sehr hoch eingeschätzt.
Von der Geschäftsverbindung wird abgeraten.
Gegenstand des Unternehmens ist
a) die Technologie, Konstruktion und Herstellung von Destilationsanlagen und deren Vertrieb ins Ausland sowie die Technologie, Konstruktion und Herstellung von Bioethanolanlagen, Komponenten zu Biogasanlagen und Absolutierungsanlagen und deren Vertrieb im In- und Ausland
b) Industriemontagen im In- und Ausland.
In der Begleit-Broschüre zur Anleihe heißt es über das Unternehmen weiter:
Im Bereich der Brennereitechnik gehört es mit seinen Produkten weltweit zu den Branchenführern.
Und:
Brennereianlagen von Schmitt sind weltweit bekannt und begehrt.
Ja, in Osteuropa und der Dritten Welt (Äthiopien).
In der Tat stehen Schmitt-Anlagen – neben über 300 Kleinanlagen in Deutschland – in Belgien, Bulgarien, Kasachstan, Kirgistan, Lettland, Mongolei, Rumänien, Usbekistan, Russland und Litauen.
Der letzter gefeierter Erfolg im letzten Jahr betraf Äthopien: die Ankündigung für eine Brennerei in der Nähe von Adis Abeba.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung schätzt aktuell ein:
Aktuell gehört Äthiopien noch zu den am wenigsten entwickelten Staaten der Erde.
Die weiterhin andauernden Spannungen und Konflikte im Land geben Anlass zu großer Sorge.
Und so glatt , wie erträumt, lief es dann in der Subsahara auch nicht, wie Schmitt in einer Pressemitteilung zugab:
Die Firma Eugen Schmitt GmbH war bereits Ende 2014 an der Planung einer neuen Ethanol-Produktionsanlage beteiligt, dieses Projekt konnte wegen struktureller Probleme zu dem Zeitpunkt nicht begonnen werden.
Im Jahr 2016 wandte sich dann ein Vertreter der äthiopischen Zuckerindustrie an das Unternehmen Schmitt, um ein gemeinsames Projekt für eine Fertigungsanlage für das lokal produzierte Bioethanol, welches als Benzinersatz dienen soll, zu errichten.
Erst vier weitere Jahre später konnte nun die Schmittgruppe die Errichtung einer dortigen Brennerei für Biosprit E10 zumindestens ankündigen.
In der aktuellen Broschüre zur Anleihe behauptet Schmitt über sein Hauptprodukt:
Längst hat sich ökologisches Ethanol als Biokraftstoff Nummer eins etabliert.
Und:
Ethanol ist das Schweizer Taschenmesser unter den Energieträgern…
Besonders aktuell ist der Einsatz als Autokraftstoff unter der Bezeichnung E10.
Reiner Schmitt wirbt dabei für einen Einstieg ins ökologische Tankstellengeschäft:
In Österreich und der Schweiz ist es bereits soweit: per Ethanol die eigene Tankstelle oder das eigene Tankstellennetz betreiben und sich aus dem Klammergriff der großen Konzerne befreien.
Dazu gibt es aber leider aktuell ein schlechte Nachricht aus der Forschung:
Bioethanol greift laut einem neuesten wissenschaftlichen Langzeittest die Filter in Ottomotoren an.
Das Fraunhofer Institut UMSICHT aus Oberhausen in Nordrhein-Westfalen und die Uni Siegen veröffentlichten am 27. Januar 2021 die Erbegnisse eines Langzeittests mit Bioethanol: “Wie beeinträchtigt der Biokraftstoff E10 Filtersysteme im Auto?”
Das Ergegnis:
Das beigemischte Bioethanol greift die Kraftstoffdampfrückhaltesysteme (KDRS) an. Diese sind in jedem Modell mit Ottomotor eingebaut, um giftige Benzindämpfe aufzufangen.
Fraunhofer-Projektleiterin Dr. rer. nat. Eva Schieferstein:
Somit besteht die Gefahr, dass Biokraftstoff mehr Emissionen verursacht, als bisher bekannt.
Bei Verdunstungsemissionen träten krebserregende Kohlenwasserstoffe auf.
Untersuchungen des TÜV Nord und des schwedischen TÜV hätten bereits angedeutet, dass es nach langfristigem Einsatz der KDRS mit Biokraftstoffen vermehrt zu Ausfällen kommen kann.
In dem auf vier Jahre angelegten Langzeittest untersuchten die Forscher die Auswirkungen des Biokraftstoffs auf die Filtersysteme. Die Ergebnisse bestätigten, dass bei den KDRS die Aktivkohlefilter in dauerhaft mit E10 betankten Fahrzeugen nicht langzeittauglich sind. Dabei nehmen die Filterkapazitäten ab, je länger Fahrzeuge in Betrieb sind und je höher die Laufleistung wird.
In der Studie erklären die Forscher:
Dieser Effekt kann ohne Ethanolzusatz nicht in demselben Maße beobachtet werden.
Dieses neue Ergebnis könnte die Nachfrage an der Zapfsäule nach dem preiswerteren E10 gegenüber dem herkömmlichen Superbenzin sinken lassen.
Reiner Schmitt behauptet in seiner Broschüre zur Anleihe auch:
Die Unternehmensgruppe Schmitt blickt auf eine Erfolgsgeschichte zurück, wie sie im Buche steht.
Wie im Buche?
Die Beteiligung von 42,97 Prozent an der Ing. Büro Bödecker GmbH aus Krummensee in der brandenburgischen Kleinstadt Werneuchen ging ganz unlehrbuchmäßig in die Hose.
Die 1996 gegründete Firma musste im Januar 2016 von Amts wegen gelöscht werden, nachdem bereits im September 2014 ein 2009 eröffnetes Insolvenzverfahren mangels Masse vom Amtsgericht Frankfurt (Oder) eingestellt werden musste, Aktenzeichen: 3 IN 224/09.
Geschäftsgegenstand der Ing. Büro Bödecker GmbH war
der Handel einschließlich Im- und Export von Baustoffen, Baumaterialien, Maschinen, Ausrüstungen und technischen Anlagen von Agrar-Industrieanlagen.
In der heutigen Zeichungs-Rundmail für die Anleihe wirbt die Eugen Schmitt GmbH:
Der Verkauf befindet sich in der Endphase. – 20 Prozent des Anleihevolumens sind noch verfügbar.
Daher sollten Sie nicht mehr allzu lange zögern, und sich diese außergewöhnliche Anlagechance nicht entgehen lassen.
Das Wort außergewöhnlich trifft in jedem Fall zu. Und über die Höhe der Mindestbeteiligung könne man ja auch reden (obwohl man dann in die Gefahr einer Prospektpflicht gelangt).
“Sollte die Mindestzeichnung von 100.000 Euro nicht Ihren Vorstellungen entsprechen, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf und lassen Sie uns wissen, welcher Betrag Ihnen vorschwebt”, lautet das letzte Angebot. Nun denn…