Ein Augsburger Schöffengericht hat den bekannten Regensburger Abmahnanwalt Thomas Urmann (43) wegen versuchten Betrugs und Insolvenzverschleppung zu zwei Jahren auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 80.000 Euro verurteilt – allerdings nicht wegen seiner umstrittenen Tätigkeit als Abmahnanwalt, sondern als Geschäftsführer eines Würstchenproduzenten.
Thomas Urmann (43) hat als Abmahnanwalt der Pornoindustrie traurige Berühmtheit erlangt. Im Auftrag der Schweizer Firma The Archive AG aus Weisslingen (Sitz im privaten Briefkasten des Direktors) hatte Urmanns Regensburger Kanzlei, U + C Rechtsanwälte Urmann + Collegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Tausende deutsche Nutzer des kostenlosen Pornoportals Redtube wegen angeblicher Urheberrechtsverstöße abgemahnt.
Alle Betroffenen Redtube-Nutzer wurden aufgefordert umgehend 250 Euro zu überweisen. Andernfalls würde man nicht nur gerichtliche Maßnahmen einleiten, sondern auch die Klarnamen der Porno-Streamer im Internet veröffentlichen. Quasi ein Erotik-Pranger.
Der Fall sorgte deutschlandweit für Furore. U + C Rechtsanwälte hatte sich die Kundendaten mittels vermutlich illegaler Methoden besorgt und dann in großem Stil Abmahnungen versandt.
Grundlage für die Herausgabe der Klarnamen, die sich hinter den von U + C Rechtsanwälte dokumentierten IP-Adressen (Zahlenfolge zur Identifizierung von Internetnutzern) war ein Beschluss des Landgericht Kölns, welcher nach Massenbeschwerden von Betroffenen und Überprüfung durch die zuständigen Richter aufgehoben wurde.
Abgemahnt wurden Nutzer, die Filme angesehen hatten, deren Rechte angeblich von The Archive AG einer Firma namens Hausner Productions abgekauft wurden. Nach Recherchen der Zeit existierte diese Firma aber überhaupt nicht.
Gemeinsam mit der 35-jährigen Nounagnon Sedjro Crespin Djengue aus Benin, einem Kleinstaat in Westafrika, leitet Ralf Reichert aus Offenbach am Main, ehemaliger Call Center Mitarbeiter und alleiniger Inhaber sowie Verwaltungsrat der The Archive AG, die Geschicke der The Archive AG mit Geschäftssitz im Briefkasten des Direktors. Im Gespräch mit der Zeit erklärt er:
Ich weiß nicht, was alles derzeit bekannt ist, da es wenig hilfreich ist, jede Verschwörungstheorie zu verfolgen. Ich bin jetzt fast ein Vierteljahrhundert in dieser Branche. Mir ist kein Fall bekannt, dass ich oder meine Partner in der Vergangenheit Rechte erworben haben, von einer Firma, die es nicht gäbe. Ich habe keinen Grund, dass jetzt infrage zu stellen. […]
Die Frage ist etwas branchenfremd, da Rechte üblicherweise in Form von Verträgen übertragen werden. In diesen Verträgen garantiert der Rechteinhaber ausdrücklich, dass er im Besitz dieser Rechte ist. Nur so funktioniert die gesamte Medienbranche. Wenn alle Branchenteilnehmer immer die gesamte Rechtekette, die ja teilweise Jahrzehnte zurückreichen kann, durchprüfen wollten, würde die Industrie zusammenbrechen. Ich hatte nie Grund, an der Rechtmäßigkeit meiner Lizenzgeber zu zweifeln.