Der Selbstdarsteller Jürgen Höller ist zurück, titelte die Hamburger Morgenpost am 15. November 2014. Dabei war Höller trotz seines Insolvenz-Absturzes im Jahr 2001 mit seiner Inline AG aus Schweinfurt (9 Millionen Euro Schaden für Anleger, die Beteiligungen an dem Seminar-Dienstleister gekauft hatten) und seiner Haft (2003 bis 2004, Höller gestand vor dem Landgericht Würzburg, 900.000 Euro Anlegergelder für sich abgezweigt zu haben) nie wirklich weg.
Er arbeitete nur unbemerkt im Hintergrund – für einen anderen mutmaßlichen Aktien-Schwindler: den selbsternannten Karlsruher Börsen-Guru Alfredo Cuti (51) und dessen Schweizer-Skandal-Firma AktienPower AG.
Höller war Marketingleiter bei der AktienPower-Vertriebsfirma Your Life Direktvertriebs GmbH in Schweinfurt (Heinrich-Winkler-Straße 27), die dem AktienPower-Vertriebler Andreas Borst (33) aus Schweinfurt gehört und seit 3. Dezember 2002 von ihm (Borst) geleitet wird.
Betrugsprozess gegen Cuti am Landgericht Mannheim
Cuti und seine Erfolgstrainerin Monika Ahl (37, “Durch Selbstvertrauen erfolgreich”) aus Bad Reichenhall in Bayern sowie der AktienPower-Firmenanwalt Dominique Lechler (50) aus Ettlingen in Baden-Württemberg sowie die beiden Vertriebs-Generaldirektoren Peter Borst aus Schweinfurt in Bayern und Andreas Wengler (49) aus Klamp in Schleswig-Holstein stehen seit dem 13. April 2015 wegen des Verdachts auf gewerblichen Betrug in mehreren Fällen vor dem Landgericht Mannheim (Geschäftszeichen: 22 KLs 631 Js 510/08).
Cuti soll seine Seminare (1.000 Euro Eintritt pro Person) zum Verkauf von wertlosen Beteiligungen (nicht frei handelbare, vorbörsliche Aktien) seiner Seminar-Dienstleistungsfirma AktienPower AG genutzt haben und den Anlegern mit geschönten Bilanzen (eingebuchte unrealistische Forderungen) einen Erfolg vorgegaukelt haben, den es gar nicht gab.
2.700 Aktionäre fielen auf die Scheinaktien rein, deren Wert sich bei einem geplanten Börsengang, der nie stattfand, verdoppeln sollte, und kauften allein im Jahr 2007 für rund 11 Millionen Euro Aktien.
Vor dem Landgericht Mannheim wird im Augenblick lediglich der Verkauf von 50.000 Aktien der AktienPower AG an 100 Seminarteilnehmer und Anleger aus Deutschland und Österreich verhandelt, die diese Aktien zwischen Februar 2005 und Juni 2007 für rund 6 Millionen Euro von Cuti und seinem Vertrieb gekauft haben.
Cuti soll sich laut Mannheimer Justizsprecher Dr. Joachim Bock von den Anlegergeldern 1,6 Millionen Euro und seine Assistentin Ahl 1,5 Millionen Euro in die eigene Tasche gesteckt haben. Anwalt Lechler kassierte monatlich 8.000 Euro von den Anlegergeldern. Die Vertriebs-Generaldirektoren Borst und Wengler ließen sich monatlich jeder 6.000 Euro überweisen.
Am 4. Dezember 2007 schickte die Schweizer Eidgenössische Bankenkommission aus Zürich drei Untersuchungsbeauftragte zur Aufklärung der Geschäftstätigkeit in die Schweizer Firmenzentrale nach Baar (Zugerstraße 77) im Steuerparadies Kanton Zug.
Bis auf die Börsenseminare von Alfredo Cuti und den Aktienverkauf stellten die Prüfer gar keine Investitionen etwa in Unternehmen oder Immobilien fest. Beides hatte Cuti auf der Aktionärsversammlung im Dezember 2005 in Zürich zur Kapitalabsicherung versprochen.
Am 19. März 2008 ordnete die Eidgenössische Bankenkommission die zwangsweise Rückabwicklung der AktienPower AG und aller dazugehörigen Firmen an.
Einen Tag später schritt die deutsche Finanzmarktaufsicht BaFin ein:
Am 21. März 2008 untersagte die BaFin der Vertriebsführung der AktienPower AG die Anlagevermittlung und ordnete die Abwicklung an. In der BaFin-Veröffentlichung vom 2. April 2008 heißt es:
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat den Herren Hans Peter Borst (Schweinfurt), Andreas Wengler (Reichshof), Sebastian Kieser (Triefenstein), Ronald Schnaus (Triefenstein) sowie der Your Life Direktvertriebs GmbH (Schweinfurt) am 20. März 2008 die Anlagevermittlung untersagt.
Ferner hat die BaFin angeordnet, die unerlaubt betriebenen Geschäfte unverzüglich abzuwickeln.
Die Herren Borst, Wengler, Kieser und Schnaus sowie die Your Life Direktvertriebs GmbH vermittelten für die AktienPower AG, Schweiz, deren Aktien.
Durch die Entgegennahme und Weiterleitung der Zeichnungsscheine und Aktienkaufverträge erbrachten sie die Anlagevermittlung ohne die dafür erforderliche Erlaubnis der BaFin.
Cuti hatte bei seinen Börsen-Seminaren schon mal 300 Zuhörer und nahm allein durch die Eintritts-Gebühr 300.000 Euro ein.
Dennoch habe seine Seminar-Dienstleistungs-Firma AktienPower AG davon kein gutes Auskommen gehabt. Cuti beklagte sich am 15. Dezember 2004 gegenüber einem Redakteur von K-Geld aus Zürich, wie wenig die AktienPower AG mit Seminaren verdienen würde:
55 Prozent der Einnahmen gingen an den Vertrieb.
Die Führungskräfte des Vertriebes kamen von Höller, nachdem Höller seine Inline AG am 27. Dezember 2001 nach zwei Jahren Geschäftsbetrieb insolvent gemeldet hatte. Eigentlich hatte Höller den Anlegern versprochen, die Inline AG im Jahr 2000 an die Börse zu bringen.
Bei dem Börsen-Trainer Alfred Cuti konnten die nun arbeitslosen Vertriebler um Höller mit einem vergleichbaren Konzept wieder vorbörsliche Aktien verkaufen.
Update vom 27. April 2015
Jürgen Höller sandte über seinen Anwalt Diplomverwaltungswirt (FH) und Insolvenzverwalter Jürgen Scholl aus Schweinfurt folgende Stellungnahme zu dem GoMoPa.net-Artikel:
Insbesondere diese Behauptungen sind falsch.
Zutreffend ist lediglich, dass die Your Life Direktvertriebs GmbH im Zeitraum von ungefähr am Anfang 2002 bis Ende Oktober 2002 Seminare meines Mandanten vermarktet hat.
Nach dem Kenntnisstand meines Mandanten, war damals der Geschäftsführer Herr Peter Borst.
Nach der Verhaftung meines Mandanten am 31.10.2002 wurde die Your Life Direktvertriebs GmbH tätig für Herrn Aldredo Cuti.
Abgesehen davon und nach den oben genannten Zeiträumen war für meinen Mandanten weder die Your Life Direktvertriebs GmbH, noch Peter Borst, noch Andreas Wengler tätig gewesen.
Mein Mandant war niemals für Aldredo Cuti tätig, insbesondere auch nicht als Marketingleiter und auch nicht im Hintergrund.
Vielmehr ist Herr Cuti ein Mitbewerber auf dem Seminarmarkt gewesen.
Weiterhin wird die Direktvertriebs GmbH von meinem Mandanten nicht seit dem Jahr 2002 geleitet.
Anmerkung der Redaktion: Jürgen Höller wird noch heute als Marketingleiter für die Your Life Direktvertriebs GmbH in Schweinfurt im Handelsregister geführt.