Börsenhändler Thorsten Wagner (46) aus dem niedersächsischen Lehrte soll den Staat mit der Cum-Ex-Methode um 42,7 Millionen Euro betrogen haben.
Am Dienstag dieser Woche, 9. April 2019, durchsuchten 180 Ermittler unter Federführung der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main 19 Wohnungen und Büros in Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern. Der Verdacht: schwere Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften um den Dividendenstichtag von Thorsten Wagner.
Wagners Beteiligungsfirma Global Derivative Trading GmbH mit Sitz in Lehrte bei Hannover (Am Ginsterbusch 6) und Büro in Frankfurt am Main (Hochstraße 29) macht bisweilen einen Umsatz jenseits der 900 Millionen-Grenze (2013). Im Jahr 2017 belief sich das Umlaufvermögen auf 2 Milliarden Euro. Auf einer Liste der Wuppertaler Steuerfahndung steht das Unternehmen zwischen Citybank, Deutsche Bank, Goldman Sachs, JP Morgan und anderen großen Namen.
Es geht um Cum-Ex-Geschäfte, bei denen mit Hilfe von Aktienleerkäufen rund um Dividendenstichtage für eine Aktie gleich mehrfach Steuerrückerstattungen kassiert wurden, obwohl die Kapitalertragssteuer nur einmal gezahlt worden war.
Die Ermittlungen in diesem Verfahren richten sich gegen sechs Männer und eine Frau im Alter zwischen 46 bis 55 Jahren. Der Steuerschaden beläuft sich den Angaben der Behörde zufolge auf zusammengerechnet etwa 51 Millionen Euro.
Hauptbeschuldigter in diesem Verfahen ist Thorsten Wagner. Die Staatsanwaltschaft spricht gegenüber dem Handelsblatt von “falschen Steuerbescheinigungen”, die der Hauptbeschuldigte den “gutgläubigen Finanzbeamten” im Zeitraum 2007 bis 2010 vorgelegt habe.
Erst 2012 wurde Wagner gestoppt. Seinen Antrag auf Erstattung von 27,8 Millionen Euro für das Jahr 2011 legte das Finanzamt erst einmal auf Eis, Auszahlungen gab es keine mehr.
2012 wurde den Cum-Ex-Deals mit einer Gesetzesänderung ein Riegel vorgeschoben. Der Gesamtschaden aller Cum-Ex-Deals zulasten des deutschen Staates soll sich laut Bundesfinanzministerium auf 5 Miliarden Euro belaufen.
Wagner zeigte sich von den Durchsuchungen überrascht, teilte sein Sprecher mit. Man wolle nun zunächst mit den Strafverfolgungsbehörden sprechen. “Aus diesem Grunde ist eine Äußerung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich.”
Wagners Firma GDT Global Derivative Trading GmbH dreht an der Börse ein großes Rad.
Ein Kenner erzählte:
An der Eurex kennt man die Firma, sie ist dort der umsatzstärkste Händler.
Wagner soll die Deals über sein Frankfurter Büro abgewickelt haben. Riesige Summen sind nicht unüblich bei sogenannten Day-Tradern, die ihre Gewinne oft aus winzigen Kursunterschieden ziehen.
Wagner war über die Jahre allerdings ungewöhnlich erfolgreich.
Die Ermittler der hessischen Generalstaatanwaltschaft vermuten nun offenbar, dass dies nicht am besonderen Geschick von Wagner lag, sondern am besonderen Gewinngaranten bei Cum-Ex-Geschäften: der Staatskasse.
2007 und 2008 sollen zwei Banker Wagner unterstützt haben. Sie müssen sich nun gegen den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung verteidigen.
Wagner hält über seine Firma Global Derivative Trading GmbH zahlreiche Beteiligungen, etwa 32,17 Prozent der Anteile des börsennotierten Softwareherstellers EASY SOFTWARE AG aus Mühlheim an der Ruhr (Am Hauptbahnhof 4) in Nordrhein-Westfalen.
Und knapp die Hälfte am Schuhhersteller Sioux Holding GmbH aus Walheim (Finkenweg 2 – 4) in Baden-Württemberg.
Außerdem ist Wagner in der Biotechbranche investiert und besitzt über die GDT GmbH 20 Prozent Anteile an dem Berliner Börsen-Unternehmen Mologen AG aus Dahlem (Fabeckstraße 30), das an einem Krebsmittel forscht.
Wagner arbeitet mit der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer zusammen.
Die Räume der Großkanzlei in Frankfurt am Main wurden wegen Cum-Ex-Geschäften bereits im Oktober 2017 durchsucht, wie GoMoPa berichtete.
Genau wie der Frankfurter Kanzleiinhaber Hanno Berger (67), bekannt als “Mr. Cum-Ex”, Rechtsgutachten erstellte, die darlegten, dass es legal sei, sich Steuern erstatten zu lassen, die nie gezahlt wurden, soll auch die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer so ein Gutachten für eine Bank erstellt haben: