Michael Pink sagte: “Viele Unternehmen bevorzugen aktuell eine Verlängerung ihrer aktuellen Mietverträge”, Chef-Marktbeobachter der deutschen Tochter des großen internationalen Maklers Savills der Nachrichtenagentur dpa, denn Büroräume sind immer noch gefragt.
Das bedeutet: Trotz Homeoffice wegen Corona bleibt Büroraum unverzichtbar.
Pink stellte fest:
Die Leerstandsquote ist zwar das erste Mal seit 2010 gestiegen, aber nur geringfügig.
In den Top-Sieben-Städten ist aktuell sogar mehr Bürofläche vermietet als zu Anfang des Jahres.
Der aktuelle Leerstand in Frankfurt am Main beläuft sich auf nur 5 Prozent.
In ihrem Immobilienmarkt-Research “Auswirkungen von Homeoffice auf Büromärkte” vom September 2020 kommt die DekaBank, das Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe mit Hauptsitz in Frankfurt am Main, zu dem Ergebnis:
Die Auswirkungen der Pandemie sind eine Belastung für die Büromärkte. Büromärkte bleiben in Dienstleistungsgesellschaften jedoch bedeutsam.
Die von der Pandemie besonders betroffenen vom ÖPNV (öffentlichen Personennahverkehr – Anmerkung der Redaktion) abhängigen CBD-Lagen (Central Business District = Innenstadt – Anmerkung der Redaktion) der Metropolen profitieren auch in Zukunft von Agglomerations- und Fühlungsvorteilen.
Bestandshalter in Top-Lagen können sogar mit Spitzenmieteinnahmen und hohen Immobilienbewertungen rechnen.
DekaBank:
Da Top-Objekte in Spitzenlagen auch künftig gefragt bleiben, sind perspektivisch wieder moderat steigende Spitzenmieten zu erwarten…
Die durch die Pandemie weiter verfestigte Niedrigzinspolitik der Notenbanken sorgt für anhaltend hohe Bewertungen.
Lediglich mit der Neu-Anmietung von Büros halten sich die Unternehmen zur Zeit zurück.
Im zweiten und dritten Quartal haben die deutschen Unternehmen nach Marktdaten von Savills in den sieben größten deutschen Städten jeweils nur noch halb so viel neue Bürofläche angemietet wie im langjährigen Durchschnitt.
In Berlin ging beispielsweise der Umsatz bei der Neuvermietung von Büros im 2. Quartal 2020 im Vergleich zum 1. Quartal 2020 um 15 Prozent zurück. In München um 36 Prozent. In Hamburg um 58 Prozent. In Düsseldorf um 65 Prozent oder in Frankfurt am Main um 75 Prozent.
Pink:
Gerade die großen Unternehmen halten sich mit Anmietungen zurück. Die einzige Ausnahme ist die öffentliche Hand.
Die Folge: Bauträger werden ihre noch nicht im Vorfeld vermieteten Büro-Neubau-Projekte bis auf weiteres zurückstellen müssen.
Ein Büro-Asset-Manager zeigt für die Zurückhaltung bei Neuanmietungen Verständnis:
Wer unterschreibt schon Mietverträge inmitten von Corona für Flächen, die erst im Jahr 2023 übergeben werden?
Da greifen Unternehmen lieber auf vorhandene Objekte zurück und mieten sich dort in leer stehende Büros ein.
Bei Büro-Vermietern in den Top-Sieben-Städten herrscht keine Zukunftsangst.
Ein Vermieter aus Frankfurt am Main schätzt ein:
Unsere Objekte sind voll und langfristig vermietet.
Und mit Blick auf seine Kollegen:
Selbst wenn im Jahr 2021 einige Mieter im Frankfurter Büro-Immobilien-Markt in die Insolvenz gehen sollten, wird das dadurch abgefangen, dass weniger neu gebaut wird.
Auch weniger Flächenbedarf durch Home Office wird in der Frankfurter Innenstadt durch weniger Neu-Bau abgefangen.
Und überhaupt versteht er die von einigen Medien geschürte Panik nicht:
Von 30.000 Intensiv-Betten in Deutschland sind aktuell nur 420 belegt.
Im Jahr 2020 haben wir auch keine Übersterblichkeit.
Im August 2020 sind in einer Woche 19.420 Menschen alleine an der Hitze gestorben und nur 27 an Corona.
Die Krankenhäuser sin leer. Und die Sterblichkeit geht anscheinend zurück.
Ich verstehe die Panik nicht mehr.
Homeoffice verliert gegen Büros: Menschlich, rechtlich und technisch.
Menschlich, weil Homeoffice in die Isolation führt. Arbeit und Familie werden immer mehr entgrenzt. Der Mensch ist ein soziales Wesen: Gruppendynamik und Gruppenkommunikation sind existentiell für Kreativität und Identifikation. Büroarbeitsplätze sind wichtig für die Loyalität zum Unternehmen.
Rechtlich, weil Arbeitskräfte leichter frei gesetzt werden können. Der Ton verschärft sich in Unternehmen. Die Kostenverteilung geht zu Lasten der Mitarbeiter. Arbeitsstättenrichtlinien und Haftungen fallen weg. Außerdem: Wer zuhause arbeiten kann, kann auch in Indien arbeiten. Die Berichtssprache großer Konzerne ist längst Englisch. Weitere Effekte sind Scheinselbständigkeiten, direkter Lohndruck außerhalb der Tarife und Mehrfachjobs vollziehen sich still, kontinierlich und schweigsam ohne medial wirksame Verhandlungen durch Gewerkschaften. Der Einfluss der Gewerkschaften sinkt bis zur Unbedeutendheit.
Technisch, weil Wohnungen unsicher sind und bleiben. In Büros galt vor wenigen Wochen noch höchste IT-Sicherheitsstufe. Private Datenträger dürfen dort gar nicht verwendet werden. Arbeitsplatzcomputer haben daher oft gar keine externen Anschlüsse mehr. Mit Homeoffice soll sich der Unternehmenszugang allen Laptops öffnen. Damit ist unbefugtem Zugang eine nicht verschließbare Tür geöffnet. Natürlich funktioniert das im Moment in der Notsituation. Niemand weiß aber, ob schon Schaden eingetreten ist. Sicher ist jedoch, dass ein Homeoffice-Netz nicht sicherbar ist.
Für die Immobilienwirtschaft bedeuten diese gesellschaftlichen und technischen Gefahren: Trotz Corona-Unsicherheit und trotz Digitalisierungseffekten mit Homeoffice wird sich die Entwicklung so weit verlangsamen, dass sich die Immobilienwirtschaft – auch unter Inkaufnahme von Zyklen – darauf einstellen kann.
Menschliches Verhalten ändert sich nicht in Monaten, sondern eher in Jahrzehnten. Gleichzeitig sind der Pandemiefolge Gegentrends bereits in die Wiege gelegt.
Auch bei Veränderung der Arbeitswelt wird die Topcity-Lage der Metropolen als Marktplatz der Kommunikation und der Information ein bedeutender Bürostandort bleiben, der sicherlich durch neue Wohnformen und neue Mobilitätsformen in der Zukunft aufgewertet werden wird.
Für den Tiroler Immobilienmogul Rene Benko (43) sieht der “Marktplatz der Zukunft” beispielsweise so aus: “Mischquartiere mit flexibler Nutzung, in denen Angebote für Wohnen, Arbeiten und Leben verschmelzen.”
Benko baut gerade mit VW in Wolfsburg das Stadtviertel Nordkopf zu so einem Marktplatz der Zukunft um. In Berlin will Benko beispielsweise sein Karstadt-Kaufhaus am Hermannplatz in Kreuzberg abreißen und für eine halbe Milliarde Euro neu bauen: mit Kaufhaus, Wohnungen und vor allem Büros. Nun denn…