Seit der Ausgliederung des Bonner Allfinanz-Strukturvertriebes Bonnfinanz GmbH im März 2019 aus dem Schweizer Versicherungskonzern Zurich Insurance Group musste der produktgebundene Mehrfachagent mit seinen freien Handelsvertretern ganz schön viele Federn bei Personal, Kunden und Provisionserlösen lassen.
Außerdem ist die Bonnfinanz GmbH nach einem 10 Millionen Euro schweren eigenem Abrechnungs-Software-Flop seit Oktober 2022 auf die Technik (cloudbasierte Beraterplattform infire) des Hamburger Konkurrenten Netfonds AG angewiesen, wie GoMoPa.io berichtete.
Und die Bonnfinanz AG hängt noch immer am Tropf der privaten „Heuschrecke“ BlackFin Capital Partners SAS aus Paris, obwohl Bonnfinanz seit 2019 an die Blackfin-Gruppe alle Gewinne abführt.
Das Wichtigste in Kürze:
![](https://www.gomopa.io/wp-content/uploads/2024/12/Stefan-Mertes-Sebastian-Wallusch-Julia-Keller-pressedownload-Bonnfinanz-GmbH-1200x359-1.jpg)
1. Schrumpfung: Die Zahl der Vermittler, die Provisionserlöse und die Kundenzahl gingen drastisch zurück. Die neue Finanz- und Personalchefin Julia Keller (47) aus Essen warf im August 2024 nach nicht einmal 9 Monaten wieder hin.
2. Eingeschränkte Unabhängigkeit als Mehrfachagent: Die vor fünf Jahren vom Produktgeber Zurich erlangte Unabhängigkeit relativiert sich, weil Bonnfinanz kein unabhängiger Makler, sondern ein provisionsabhängiger Mehrfachagent geblieben ist und weil CEO Stefan Mertes (43) aus Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz zugleich auch noch Prokurist des Produktgebers und Vermittlers Commerzbank AG ist.
3. Eingeschränkte Unabhängigkeit auch wegen der Schulden beim Inhaber: Per Beherrschungs- und Gewinnführungsvertrag aus dem Jahr 2019 muss die Bonnfinanz GmbH alle Gewinne abführen, doch die 4 Millionen Euro vom letzten Jahr reichen nicht, um die Schulden beim BlackFin von rund 32,5 Millionen Euro (Stand: 2022) abzulösen.
Im Einzelnen.
1. Die Bonnfinanz GmbH Schrumpfung: Personal, Provisionen, Kunden
Warum Bonnfinanz? Darum! #WirSindBonnfinanz
Die Bonnfinanz GmbH bezeichnet sich auf Ihrer Homepage Bonnfinanz.de als Erfinderin des Allfinanzkonzeptes.
Das verwundert etwas. Denn eigentlich will der Marburger DVAG-Gründer Rechts-Professor Dr. jur. Reinfried Pohl (1928-2014) dieses Vertriebsmodell 1975 erfunden haben und bekam 1993 von CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl (1930-2017) für diese Allfinanzberatung das Bundesverdienstkreuz I. Klasse. Im Gegenzug gab es für Kohl einen Beiratsposten beim Allfinanz-Strukturvertrieb Deutsche Vermögensberatung Aktiengesellschaft DVAG aus Frankfurt am Main und Spenden an die CDU.
Aber tatsächlich gab es die Bonnfinanz GmbH schon 5 Jahre vor der DVAG.
Die Bonnfinanz GmbH wurde am 14. August 1970 als Vertriebsarm des Lebensversicherers Deutscher Herold gegründet, der 1992 in der Deutsche Bank Gruppe aufging.
„So kommen rund 60 Prozent unserer Finanzberater aus dem Bankgeschäft“, erklärt die Bonnfinanz GmbH aktuell auf ihrer Homepage.
Im Jahr 2002 übernahm die Schweizer Zurich Insurance Group die Bonnfinanz.
Im März 2019 hatte die 2009 gegründete Pariser Private Equity Gesellschaft BlackFin Capital Partners SAS mit Sitz auf den Schamps Elysées 800 Millionen Euro in drei Fonds angelegt, die sie vertrat und verwaltete. Für einen von ihnen, den Blackfin Financial Services Fund II (Fonds professionnel de Capital Investissement), gründete die BlackFin Capital Partners SAS 2019 in Frankfurt am Main die Allfinanz Holding GmbH. Diese 100prozentige Fondstochter Allfinanz Holding GmbH hält seitdem 100 Prozent Anteile an der Bonnfinanz GmbH, die im Übrigen bis 7. Februar 2022 als Bonnfinanz AG firmierte und seitdem eine GmbH ist.
Arbeiteten für die Bonnfinanz GmbH im Jahr 2006 noch 1.100 Vermittler, waren es 2018 nur noch 511 Vertriebler, Ende 2020 nur noch 432 Finanzberater und Ende 2023 schließlich nur noch 340 selbständige Handelsvertreter.
Selbst die angestellten Innendienstmitarbeiter schrumpften von 70 Mitarbeitern im Jahr 2022 auf 61 im Jahr 2023.
Betreute die Bonnfinanz 2021 noch 450.000 Kunden, so ist diese Zahl aktuell im Jahr 2024 auf 350.000 Kunden gesunken.
„Nach einer Transformationsphase und der Neuausrichtung der Bonnfinanz auf Qualitätsberatung war eine Reduktion der Berateranzahl erwartet worden und – in Teilen – auch beabsichtigt“, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage des Berliner Vertriebsmagazins procontra im Juli 2023 die Entwicklung. Man arbeite hart an einer Trendumkehr, hieß es, und würde bereits 2023 positive Signale und Erfolge im Recruitingprozess sehen.
Lagen die Provisionserlöse im Jahr 2021 noch bei 57,5 Millionen Euro, so haben sich diese im Jahr 2022 auf 47,8 Millionen Euro verringert und sind im Jahr 2023 noch einmal um 1,67 Prozent auf 47 Millionen Euro gesunken.
In unserer Serie über die 27 Allfinanzvertriebe und 5 Spezialvertriebe in Deutschland belegt die Bonnfinanz GmbH mit diesen Vermittlererlösen von 47 Millionen Euro im Jahr 2023 den Rang 8.
Im Geschäfts- und Lagebericht 2023 versprechen die Geschäftsführer für das Jahr 2024 den „Aufbau neuer Vertriebskapazitäten“.
Die neue Finanz- und Personalgeschäftsführerin Julia Keller aus Essen allerdings blieb nicht einmal 9 Monate, sie gab ihren Job am 23. August 2024 auf.
Allerdings hatte Julia Keller zuvor im Jahr 2023 als Co-Geschäftsführerin die beiden Bonner Firmen Kautex Maschinenbau GmbH und Kautex Holding GmbH in die Insolvenzen geführt (Amtsgericht Bonn 98 IN 65/23 und 98 IN 71/23). Beide gehören zu 74,95 Prozent der PLASTECH Beteiligungs GmbH in Wien. Einen Anteil von 6,8 Prozent an den Kautex-Firmen hält Dr. Olaf Weiland (66) aus Bonn mit seiner Dr. Olaf Weiland Vermögensverwaltung GmbH.
2. Bonnfinanz GmbH: Mehrfachagent und die Commerzbank AG
Nach dem Kauf des privaten Investors von der Zurich Insurance Group jubelte die Bonnfinanz GmbH: „Die Bonnfinanz GmbH ist erstmals völlig unabhängig.“
Im Impressum hält die Bonnfinanz GmbH ausdrücklich fest: „Bonnfinanz und unsere Berater besitzen keine direkten oder indirekten Beteiligungen von über 10% an den Stimmrechten oder am Kapital eines Versicherungsunternehmens.
Darüber hinaus besitzt kein Versicherungsunternehmen oder Mutterunternehmen eines Versicherungsunternehmens eine direkte oder indirekte Beteiligung an den Stimmrechten oder am Kapital der Bonnfinanz GmbH oder an der Firma des Bonnfinanzberaters.“
Doch, wie ebenfalls aus dem Impressum hervorgeht: Die Bonnfinanz GmbH ist kein Makler, sondern ein beim IHK angemeldeter Mehrfachagent. Also ein an Versicherungskonzerne gebundener Vermittler.
Die Jagd nach neuen Abschussprovisionen bestimmt die Arbeit der selbständigen Finanzberater. Der Geschäftsbericht 2023 stellt dazu fest: „Die Bonnfinanz generiert ihre Umsätze primär aus der Vereinnahmung von Abschlussprovisionen und in geringerem Umfang aus Bestands- und Folgeprovisionen.“
CEO Stefan Mertes spielt dabei eine eigentümliche Doppelrolle.
Mertes ist seit Mai 2019 Vorstand der Bonnfinanz AG und seit Februar 2022 Geschäftsführer der Bonnfinanz GmbH.
Parallel dazu ist er laut Handelsregister seit 2011 bis heute Prokurist (Handlungsbevollmächtigter) der Commerzbank AG.
Rechnerisch mit 23,2 Prozent größter Aktionär der Commerzbank AG ist seit September 2023 die italienische Großbank UniCredit S. p. A. aus Mailand. Diese besitzt über ihre Frankfurter Tochter UniCredit Bank GmbH und deren Marke HypoVereinsbank in München dutzende deutsche Immobiliengesellschaften.
Bonnfinanz GmbH – ab 2023 auch Immobilienvertrieb
Im Geschäftsbericht der Bonnfinanz GmbH 2023 heißt es: „In 2023 wurden Pflegeimmobilien, Bestandsimmobilien und Immobilien mit Denkmalschutz-/Sanierungsabschreibung ins Angebot aufgenommen.
Insbesondere vor dem Hintergrund hoher Inflation und dem Trend hin zu Sachwerten wurden in 2023 Immobilien mit einem Gesamtvolumen von rund 13 Millionen Euro abgesetzt. Dieser Trend wird sich in 2024 voraussichtlich fortsetzen.“
3. Bonnfinanz GmbH und DWS (Deutsche Bank) und die Schuldenschlinge bei BlackFin
Im Lagebericht 2023 betonte der Vorstand um Sprecher Stefan: „Mit einem klaren Fokus auf Beratungsqualität und dem Ziel zukünftigen Wachstums gestaltet die Bonnfinanz ihr Leistungsversprechen und ihr Produktangebot unabhängig von Konzerninteressen.“
Unabhängig von Konzerninteressen?
Stefan Mertes ist nicht nur Geschäftsführer der Bonnfinanz GmbH und zugleich Prokurist der Commerzbank AG.
Seit Januar 2024 hat er auch noch eine dritte Rolle bei der BlackFin Capital SAS.
In einer Pressemitteilung teilte die Bonnfinanz GmbH am 4. Januar 2024 mit: „Darüber hinaus übernimmt er strategische Aufgaben in der Muttergesellschaft Allfinanz Holding GmbH (‚Allfinanz‘), in der der Investor BlackFin Capital Partners sämtliche Aktivitäten in der Allfinanzberatung in Deutschland bündelt.“
Dr. Kai Wilhelm Franzmeyer (61) aus Bad Homburg, Equity Partner von BlackFin Capital Partners für Deutschland, Österreich und die Schweiz führte in derselben Pressemitteilung aus: „Wir sind froh, dass die Allfinanz mit Stefan Mertes nun einen erfahrenen Strategen und IT-Experten an Bord hat. In seiner künftigen Doppelrolle bei Bonnfinanz und Allfinanz trägt er entscheidend mit dazu bei, das weitere Wachstum der Allfinanz-Gruppe zu gestalten.“
Dr. Frankmeyer war parallel zur seiner aktuellen Geschäftsführerrolle bei der Allfinanz Holding GmbH von Juli 2021 bis Dezember 2022 Geschäftsführer der 133,5 Millionen Euro Eigenkapital schweren MorgenFund GmbH in Frankfurt am Main. An dieser MorgenFund GmbH hält der BlackFin Financial Services Fund III aus Paris (also der Schwesternfonds des Fund II, der die Bonnfinanz GmbH besitzt) 70 Prozent und die DWS Group GmbH & KGaA aus Frankfurt am Main, die zur Deutschen Bank Gruppe gehört, 30 Prozent.
Und damit sind wir wieder bei den Anfängen der Bonnfinanz GmbH, bei der Deutschen Bank Gruppe.
Wir erinnern uns: Die Deutsche Bank Gruppe hatte 1992 den Deutschen Herold mit der Bonnfinanz GmbH geschluckt und 2002 an die Zurich Insurance Group verkauft, die dann 2019 die Bonnfinanz GmbH an den Blackfin Financial Services Fund II verkaufte.
Hinzu kommt ein Schuldenberg beim Inhaber.
Um 1,3 Millionen Euro von rund 31,2 Millionen Euro im Jahr 2021 auf rund 32,5 Millionen Euro im Jahr 2022 sind die Schulden der Frankfurter BlackFin-Tochter Allfinanz Holding GmbH, die 100 Prozent der Anteile der Bonnfinanz GmbH hält, gegenüber der Pariser Muttergesellschaft angestiegen. Die vollständig abgeführten Gewinne von rund 4 Millionen Euro der Bonnfinanz GmbH für das Jahr 2023 (davor 2022 rund 505.000 Euro) reichen noch sehr lange nicht, um sich vom Abhängigkeitstropf zu lösen.
Fazit:
Der Eigentümer-Wechsel vom Schweizer Versicherungskonzern Zurich zum privaten Pariser Investor BlackFin macht das Leistungsversprechen und das Produktangebot der Bonnfinanz GmbH leider nicht „unabhängig von Konzerninteressen“, wie es CEO Stefan Mertens im Geschäftsbericht 2023 verspricht. Die Bonnfianz GmbH hängt am Investoren-Tropf. Mertens steht im Interessenkonflikt in seiner Doppelrolle bei der Bonnfinanz und bei BlackFin und tanzt nebenher direkt oder indirekt auf Interessen-Parketts der Commerzbank und der DWS, also der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank.