Weil Diplom-Ingenieur Andreas Lechtenfeld (64) aus Kleinmachnow am 8. August 2018 in einem Brief alle Genossen der Potsdamer AVG Altersvorsorgegenossenschaft eG davor warnte, dass die “Geschäftsguthaben in Gefahr” seien, wurde er als Genossenschaftsvorstand vom Aufsichtsrat gefeuert.
Inzwischen prüft die Staatsanwaltschaft Potsdam “Untreuevorwürfe zum Nachteil von Genossen”, berichtete das Magazin Finanztest am 18. März 2019.
Dem Magazin zufolge fürchten im Fall der Potsdamer Genossenschaft zahlreiche Mitglieder um ihr Geld. Insgesamt hätten 800 Genossen rund 20 Millionen Euro bei der AVG investiert, heißt es.
Den potentiellen Anteilseignern wurden offenbar sogenannte “Express-Renten” versprochen.
Am 6. März 2018 konnte man noch folgenden Express-Renten-Plan auf der Genossenschaftsseite AVGeG.de nachlesen:
Beispiel:
Sie wollen in 10 Jahren in Rente gehen und haben eine “Rentenlücke” von 750 Euro, das heißt, ihre Rente sollte (netto, also nach Steuern!) um 750 Euro höher sein als sie voraussichtlich ohne eine weitere Vorsorge sein wird.
Bei einer Beteiligung an der AVG Altersvorsorgegenossenschaft eG ist die Schließung dieser Rentenlücke unter anderem dann möglich, wenn sie
41 Geschäftsanteile für je 1.000 Euro (zuzüglich Eintrittsgeld von 500 Euro pro Mitglied) erwerben, also 41.500 Euro sofort einzahlen
sowie weitere 15 Geschäftsanteile, auf die sie 10 Jahre lang monatlich 125 Euro einzahlen.
Sie haben in 10 Jahren dann 56.000 Eruo angespart und ein erwartetes Vermögen in Höhe von zirka 110.000 Euro.
Sie können dann jährlich 9 Geschäftsanteile kündigen und ausgezahlt bekommen – das sind durchschnittlich monatlich 750 Euro, ohne dass ihr (vererbbares) Vermögen schrumpft.
Um das Genossenschaftsvermögen zu vermehren, soll die AVG wiederum das Geld einer Potsdamer Gesellschaft namens Karriere AG, Consulting und Vertrieb geliehen haben, die damit an der Börse habe spekulieren sollen. Sowohl die Internetseite der AVG als auch der Potsdamer Gesellschaft sind derzeit nicht mehr in gewohnter Weise abrufbar. Beide haben ihren Sitz in der Menzelstraße 14.
Laut Finanztest hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bereits im Februar 2018 mit Bezug auf die Potsdamer Genossenschaft erklärt, eine ausschließliche Gewinnorientierung sei ein unzulässiger Förderzweck. Sie kündigte an, die AVG unter Zwangsverwaltung zu stellen.
Auch in der Kritik steht der sogenannte Potsdamer Prüfungsverband e.V. mit Sitz in Ludwigsfelde, die zuständige Aufsichtsbehörde, die wiederum an das Brandenburger Wirtschaftsministerium berichtet.
Der Potsdamer Prüfungsverband, vertreten durch den Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Dr. Wolfram Klüber (68) aus Schwanenwerder in Berlin Nikolassee, soll der AVG trotz aller Kritik einen zulässigen Förderzweck attestiert haben.
Laut Finanztest gebe es bei der AVG zudem zahlreiche Interessenkonflikte zwischen Führungspersonal und wichtigen Geschäftspartnern.
Es sind ein- und diesselben Akteure.
Der Aufsichtsratschef Diplomkaufmann James Henry Klein (72) aus Potsdam beaufsichtigt seine eigene Frau Kauffrau Ilona Klein (60), die im Vorstand der Genossenschaft sitzt.
Der Vorstand reichte Geld der Mitglieder an die Karriere AG aus. Vorstandsvorsitzender und alleiniger Wirtschaftlich Berechtigter dieser nicht börsennotierten Karriere AG ist James Henry Klein.
Somit hat Klein praktisch an sich selbst Kredite vergeben, und die Genosschenschaft praktisch als Kapitalbeschaffer für seine Karriere AG benutzt.
Die AVG eG weist für das Geschäftsjahr 2016 neben rund 400.000 Euro ausstehenden Einzahlungen von Mitgliedern auch Forderungen gegen verbunde Unternehmen in Höhe von rund 9,7 Millionen Euro aus, ohne dass die Unternehmen genannt werden.
Die Kariere AG, Consulting und Vertrieb weist für dasselbe Jahr 2016 bei einem Eigenkapital von rund 846.000 Euro Verbindlichkeiten in Höhe von 10,6 Millionen Euro aus. Das Jahr 2016 endet für den Börsenspekulanten mit einem Bilanzverlust von rund 155.200 Euro. Im Folgejahr 2017 betrug der Bilanzverlust rund 108.200 Euro.
Die Genossenschaft weist dennoch stets Jahresüberschüsse aus. So für das Jahr 2016 etwa rund 669.000 Euro.
Sie verzeichnete allerdings einen steten Zustrom neuer Einzahlungen von neuen Genossen: