Axel Hille23. August 2019 | 15:39 | Lesedauer ca. 11 min | Autor: GoMoPa-Redakteurin CR

Überfall am Tegernsee: Die dubiosen Geschäfte des Rottacher Baulöwen Axel Hille


Wo ballt sich mehr Wohlstand als am Tegernsee? Doch die bayerische Idylle trügt, wie ein spektakulärer Überfall auf einen Rottacher Baulöwen Axel Hille zeigt, der zugleich ein Anlagebetrüger sein soll. Was er bestreitet.

 

Dabei mögen sie es ganz und gar nicht krawallig im Tal. Man zeigt den Reichtum dezent, nicht wie in Sylt oder Kitzbühel oder drüben am Starnberger See, wo eh nur die hausen, die es nicht hierher geschafft haben, auf diesen Spruch einigt man sich schnell am Tegernsee.

 

 

Baulöwe Diplom-Ingenieur Axel Hille (47) wurde wegen seiner dubiosen Geschäfte in seiner Villa in Rottach am Tegernsee überfallen © Ausriss aus Tegernstimme und BILDplusBaulöwe Diplom-Ingenieur Axel Hille (47) wurde wegen seiner dubiosen Geschäfte in seiner Villa in ... mehrBaulöwe Diplom-Ingenieur Axel Hille (47) wurde wegen seiner dubiosen Geschäfte in seiner Villa in Rottach am Tegernsee überfallen © Ausriss aus Tegernstimme und BILDplus

 

 

Wer entlang des Ufers von Rottach-Egern nach Bad Wiessee radelt, passiert die Erfinder der Modemarken Hugo Boss und Strenesse, die Großaktionäre von Metro und Media Saturn, Franz Markus Haniel und Erich Kellerhals, wohnen Gartenzaun an Gartenzaun.

Der berühmtesten Metzgersohn der Republik, Uli Hoeneß (67), Präsident des FC Bayern, schaut von seinem Hügel runter auf das Wasser. Nationaltorhüter und FC Bayerntorwart Manuel Neuer (33, er stammt aus der Jugend des FC Schalke 04, für dessen erste Mannschaft er ab 2006 spielte, 2011 gewann er mit Schalke 04 den DFB-Pokal) hat am steilen Hang gebaut, ebenso wie Philipp Lahm (35, war Kapitän der deutschen Nationalmannschaft beim Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien) mit seinem Haus ein paar Kilometer weiter.

Die Hierarchie ist klar: Entweder man wohnt hoch oben an den Hängen mit unverbaubarem Eins-A-Blick, oder es muss ein Seegrundstück sein. Der soziale Aufstieg vollzieht sich Meter für Meter in Richtung Strand. Manche Leute arbeiten sich Straße für Straße nach vorne, berichten Makler.

Wer sich hier eine Immobilie leistet, darf sich vermögend fühlen. Ein vorzeigbares Haus kostet gut und gern zwei Millionen. Und das zu Recht: Der Markt lügt selten, in dem Fall spiegeln Preise exakt die Begehrlichkeiten, wenn selbst die Zugezogenen aus dem gottlosen Norden, die Industriellen aus dem Sauerland und Ostwestfalen, den bayerischen Herrgott loben, wie der alles so herrlich hingestellt habe: die Berge, den See, den weiß-blauen Himmel. Sagenhaft.

“Wir leben hier im Paradies”, sagte ein Juwelier vor zwei Jahren der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die Juweliersdichte ist unerreicht im Tal. Der Bedarf ist da.

Goldgräber gibt es genug am Tegernsee, solange die Immobilienpreise so anziehen.

 

Die Zahlen dafür sind keine Maklerpropaganda, wie so oft, sondern verbürgt, da sie aus tatsächlichen Verkäufen stammen, die vom Oberen Gutachterausschuss im Landratsamt ausgewertet werden: Die Rendite mit Wohnungen oder Häusern am Tegernsee schlägt demnach alles, was die Bank an Geldanlagen sonst so zu bieten hat. Von 10 bis 12 Prozent Wertzuwachs (pro Jahr!) kündet die Statistik:

In höherwertigen Lagen im Tegernseer Tal liegt der Anstieg bei bis zu 15 Prozent jährlich.

Einer der Goldgräber aus der Immobilienbranche ist Bauingenieur Axel Hille (47) aus Rottach.

Er hat offenbar vergessen, was der einheimische Fischer vom Tegernse, Christoph von Preysing in seinem Restaurant “Fischerei” (nirgendwo in der Republik wird mehr Champagner verzehrt als an seiner Theke) zu sagen pflegt:

Wir sind Dienstleister für die zig Milliardäre am See, gehören aber nicht dazu.

Das muss man sich immer wieder klarmachen, auch wenn man ein freundschaftliches Verhältnis zu diesen Leuten entwickelt: Wir spielen nicht in deren Liga.

Bauträger Axel Hille ist Dienstleister. Er gehört zur Clique der 80 bis 90 Immobilienfirmen im Tal, die davon leben, dass die Investoren wie die Hyänen im Tal einfallen, wie die Vereinsvorsitzende “Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal” Angela Brogsitter-Finck besorgt feststellte.

Hille setzte sich 2013 auch für den Schutz des Tegernsees vor dem Hochwasser ein und macht eine gute Figur als Gebirgsschütze im Tegernseer Schützenverein.

Er ist nach Aussagen seiner einstigen Freunde im Tegernseer Tal gut vernetzt, inklusive enger Kontakte zu Prominenten, darunter bekannte Wirte, einem Fleischereibetrieb in Miesbach oder eben die Tegernseer Gebirgsschützen. Als deren Mitglied habe er sich spendabel gezeigt.

Man kannte Axel Hille bislang als Unternehmer, der mit seinem “dicken Rottacher Haus, dicken Autos und dicken Shows” imponierte, so ein Informant, der seinen Namen nicht in den Medien lesen möchte.

Aber seine Geschäfte bezeichnete die örtliche Zeitung Tegernseer Stimme vor wenigen Tagen wenig schmeichelhaft als “dubios”.

Normalerweise ist die Kriminalität am Tegernsee einschläfernd niedrig.

Die Wahrscheinlichkeit, von Einbrechern ausgeraubt zu werden, ist in Nordrhein-Westfalen 15 Mal höher, brüstet sich die örtliche Polizei – dabei zieht Geld Gauner an, möchte man meinen. Nicht am Tegernsee, die Kriminaler sind wachsam, die Nachbarschaft auch.

Baulöwe Axel Hille sprengte nun dieses Klischee.

 

Zunächst wurde er ziemlich aufsehenerregend Opfer eines Raubüberfalls im eigenen Haus.

Um kurz vor ein Uhr nachts hatten drei Maskierte mit Schlagstock, Hammer und Klappmesser ausgestattet am 13. Oktober 2018 an der Haustür des Ehepaares Hille in Rottach-Egern geklingelt. Der damals 46jährige Bauunternehmer Hille öffnete die Tür, und die Täter drangen in sein Haus ein. Sie durchwühlten Wertsachen und bedrohten und schlugen den Rottacher. Sie fanden aber keinen Safe.

Hilles Ehefrau, Immobilienmaklerin Julia Hille mit Büro in der Karl-Theodor-Straße 40C in Rottach-Egern, war es gelungen, das Haus zu verlassen und aus der Nachbarschaft den Polizeinotruf zu verständigen. Lediglich mit einem geringen Bargeldbetrag als Beute waren die Täter dann aus dem Haus geflüchtet – dabei hatte einer von ihnen sogar noch einen Schuss abgegeben. Opfer Axel Hille hatte bei dem Überfall glücklicherweise nur leichtere Verletzungen erlitten.

Unter der Sachleitung der Staatsanwaltschaft München II übernahm die Kripo Miesbach die Untersuchungen in dem Fall.

Die drei gedungenen Männer anfang 20 wurden am 19. Dezember 2018 in Ingostadt geschnappt. Eine der Vermummten, ein 19-jähriger aus Ingolstadt, hatte nach der Tat noch in Rottach die Kleidung gewechselt. Auf der Flucht verlor der Räuber seine Sturmmaske – samt DNA. Die DNA führte auf seine Spur. Er war in der Tatnacht einige Stunden nach dem Überfall mit seinem Pkw auch im Rahmen der polizeilichen Ring-Fahndung im Tegernseer Tal, einige Kilometer von Rottach-Egern entfernt, registriert worden. Mit im Wagen saßen damals zwei weitere Männer. Alle drei Festgenommenen legten ein umfangreiches Geständnis ab.

So konnten auch die Hintermänner gefunden werden.

Als mutmaßliche Hintermänner und Auftraggeber wurden der heute 23 Jahre alte Ex-Geschäftsführer der Ursula Bosch Business Service GmbH aus der Kobellstraße 8 in München und zugleich Fußballstürmer der 1. Herrenmannschaft der Spielvereinigung SpVGG Langenruck (Kreisklasse 2) Franz-Josef Kögerl aus Reichertshofen und mit Wohnung in München und der heute 33 Jahre alte ehemalige Deutsche Meister und Vizeweltmeister 2009 im Vollkontaktkarate und Käfigkämpfer Mario “The Fist of Bhudda” Wittmann aus Ingolstadt ermittelt.

Ein Spezialeinsatzkommando nahm beide, ebenfalls am 19. Dezember 2018, in einem Lokal in der Ingolstädter Innenstadt fest. Bei mehreren Wohnungsdurchsuchungen konnten die Ermittler außerdem verschiedene Beweismittel sicherstellen.

Warum Unternehmer Kögerl den Karateprofi Wittmann und dessen Hells Angels Rockerfreunde auf Axel Hille hetzte?



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