Viele Köche verderben den Brei, sagt der Volksmund. Deshalb hatten die Städtväter der Hansestadt Greifswald die Projektentwicklung einer ganzen Straße vor zwei Jahren vertrauensvoll in nur in die Hand der UTB gelegt.
Und zwar in die Hand des privaten Berliner Bauträgers UTB Greifswalder Projektentwicklungsgesellschaft mbH aus dem Columbiadamm 25 in Tempelhof.
Der brachte eine mit ihm verbundene junge Berliner Baugenossenschaft mit, die Besser Genossenschaftlich Wohnen von 2016 eG (BeGeno16) aus dem Columbiadamm 27, die nach dem Social Business des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus aus Bangladesch arbeiten würde und nur kostendeckende Mieten verlangt.
Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft ist der UTB-Projekt-Geschäftsführer Dr. Klaus Boemer (62) aus Berlin.
Aufsichtsratschef der Genossenschaft ist UTB-Alleininhaber Diplomkaufmann Thomas Bestgen (55) aus Tempelhof.
An der Hafenstraße in Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern soll ein neues Wohngebiet mit 700 neuen Wohnungen für 1.400 Menschen entstehen. Es handelt sich um ein Modellgebiet für bezahlbaren Wohnraum. Um das zu verwirklichen, ging die Stadt erstmals neue Wege. Sie hat die Entwicklung des kompletten Areals in die Hand der UTB Berlin gelegt, die die sechs Hektar in einem Guss entwickeln soll und dabei bestimmte Kriterien erfüllen muss.
Beispielsweise dürfen 20 Prozent der Wohnungen für maximal 5,50 bis 7,50 Euro kalt je Quadratmeter vermietet werden, 60 Prozent müssen von kommunalen oder sozial ausgerichteten Trägern gebaut werden. Die Bürgerschaft hatte dem Unternehmen zunächst ein Jahr Zeit gegeben, ein Konzept zu erstellen und eine geschlossene Finanzierung nachzuweisen.
Doch der von der UTB angebotene Mix aus genossenschaftlichen Mietwohnungen und privaten Eigentumswohnungen für das neue Quartier Hafenstraße an der Ryck, einem Fluss, der ab der Greifswalder Stadtmitte bis zur 5,5 Kilometer entfernten Ostsee (Greifswalder Bodden) schiffbar ist, stößt auf Interessenkonflikte, an der sich UTB mit ihrer angebundenen Genossenschaft BeGeno16 scheinbar die Zähne ausbeißt.
Der Bau verschiebt sich und verschiebt sich.
Heftigster Streitpunkt ist eine Quersubventionierung, mit der die UTB die Sozialwohnungen sicherstellen will.
Die BeGeno16 ist ja von Hause aus gut gestellt:
Denn die BeGeno16 holt sich das Eigenkapital für einen Kredit zum Grundstückskauf von neuen Investierenden Mitgliedern. Wer eine Genossenschaftswohnung mieten (nutzen) will, muss vorab für 500 Euro in die Genossenschaft eintreten und pro Quadratmeter Wohnfläche jeweils 500 Euro als freiwilligen Anteil in die Genossenschaft einzahlen. Also bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung einmalig 50.500 Euro plus einer Warmmiete von etwa 1.400 Euro im Monat.
Mit dieser Masche kann die UTB auch ohne Kapitaldecke Filetgrundstücke kaufen, die Investierenden Genossen haben hingegen kein Stimmrecht, was wirklich mit dem Genossenschaftsgeld und eventuellen Gewinnen passiert, müssen aber das volle Geschäftsrisiko tragen, wie GoMoPa berichtete.
Um nun den Sozialwohnungsanteil im neuen Quartier hinzukriegen, lockte UTB die kommunalen Greifswalder Platzhirsche mit einem Schnäppchenpreis ins Bauboot: Die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Greifswald WVG und die Wohnungsgenossenschaft Greifswald WGG, die sozial geförderten Wohnungsbau leisten.
Der Verkehrswert des gesamten zu verkaufenden Grundstücks steht allerdings fest. Greifswalds Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) hat im Februar 2018 mitgeteilt, dass der Verkehrswert bei 8,9 Millionen Euro liegt. Das 6 Hektar große Grundstück darf nicht unter Verkehrswert verkauft werden. Das ist gesetzlich so vorgeschrieben, da das Grundstück in einem Sanierungsgebiet liegt.
Und ein neuer Masterplan erlaubt aber eine Erhöhung der Bauhöhe. Mehr Wohnungen bedeuten eine Steigerung des Verkehrswertes.
Die Grundstücke werden also eher noch teurer, nicht billiger. Wo will UTB den versprochenen Billigpreis für die Sozialwohnungsbauer hernehmen?
UTB will die privaten Bauherren von Eigentumswohnungen rupfen.
Dr. Klaus Beomer erklärte der Ostsee-Zeitung vor anderthalb Jahren:
Die Gesellschaften, die sozial geförderten Wohnraum schaffen, erhalten einen deutlichen Abschlag zum Preis.
Das finanzieren wir, indem diejenigen, die dort privat bauen, mehr bezahlen. Am höchsten bewertet sind die Wohnungen direkt am Ryck.
Über die genauen Höhen haben wir Vertraulichkeit mit den Vertragspartnern vereinbart.
Und hier ist der Zündstoff für Zoff. Aus einem Koch werden mehrere Köche mit unterschiedlichen Interessen.