Andere haben den Termin möglicherweise verschlafen, wir nicht, sagte heute Rechtsanwalt Jens-Peter Gieschen, Gründungspartner der KWAG – Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht Ahrens und Gieschen – Rechtsanwälte in Partnerschaft aus Bremen, dem Finanznachrichtendienst GoMoPa.net.
Fast anderthalb Jahrzehnte durfte die Anlegeransprechpartnerin TVP Treuhand- Verwaltungsgesellschaft für Publikumsfonds mbH aus der Palmaille 67 in Hamburg Altona Gewinne an das Fonds-Emissionshaus MPC Münchmeyer Petersen Capital AG an gleicher Stelle abführen. Doch vor einer umgekehrten Zahlung wollte sich MPC drücken.
Denn der Vertrag zwischen MPC und TVP hieß nicht nur Gewinnabführungsvertrag, sondern auch Beherrschungsvertrag.
Das heißt: MPC durfte nicht nur kassieren. MPC haftete auch als Beherrscherin. Sollte es also irgendwelche Ansprüche von Anlegern gegen die TVP geben und könnte die TVP diese nicht bedienen, hätte MPC als Beherrscherin einspringen und zahlen müssen.
Da nun in jüngerer Vergangenheit insbesondere viele Schiffsfonds aus dem Hause MPC in Not gerieten, gingen der MPC-Vorstandsvorsitzende Dr. Axel Schroeder (49) und zugleich Handlungsbevollmächtigter der TVP sowie MPC-Finanzvorstand Ulf Holländer (57) aus Hamburg wohl einer möglichen Haftungswelle für das börsennotierte Emissionshaus elegant aus dem Wege, indem sie zum 19. Dezember 2014 den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mehr oder minder still und heimlich einfach aufkündigten, wie der Wiener Verein für Konsumenteninformation (VKI) feststellte, der wiederum im Auftrag des österreichischen Sozialministeriums arbeitet und 2.000 Anleger vertritt, die sich von MPC Capital AG getäuscht glauben und mit MPC-Produkten zusammen rund 50 Millionen Euro verloren.
Den Anlegern blieb nur noch ein halbes Jahr danach Zeit, also bis zum 19. Juni 2015, wie GoMoPa.net berichtete, um ihre Ansprüche auch gegen die viel vermögendere und börsennotierte MPC Capital AG anzumelden und nicht zu verlieren.
Die Kanzlei KWAG zeigte sich ausgeschlafen und meldete rechtzeitig für 2.000 Anleger in 50 Fonds 80 Millionen Euro an eingezahltem Kommanditkapital inklusive Agio (Aufgeld) als mögliche Haftungsansprüche an.
Begründet werden die Ansprüche mit möglichen Prospektfehlern in den Fonds.
KWAG forderte MPC Capital AG auf, entsprechende Rückstellungen zu bilden.
MPC Capital erzielte im Jahr 2014 einen Umsatz von 34,5 Millionen Euro. Der Gewinn betrug 4,2 Millionen Euro.
MPC wies gegenüber dem Wiener Magazin für Anlageberater Fonds Professionell die Behauptung von KWAG zurück, der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag sei von MPC mit der Absicht gekündigt, um sich der Verantwortung gegenüber Anlegern zu entziehen.
“Diese Behauptung führt ins Leere, da derartige Ansprüche gar nicht bestehen”, erklärte MPC-Sprecher Stefan Zenker.
Zum Vorwurf der Falschprospektierung erklärte MPC, dass bislang jeder Prospekt einer gerichtlichen Prüfung standgehalten habe. Sämtliche Verkaufsprospekte von MPC-Fonds seien einwandfrei.
GoMoPa.net fragte Rechtsanwalt Jens-Peter Gieschen: Was sagen Sie zu den beiden Argumenten des Emissionshauses MPC?