Es ist schon eigenartig. Im Firmen-Selbstporträt auf ihrer Webseite und auch im gestrigen Frankfurter FINANCE-Magazin-Interview ihres Finanzvorstands Sebastian Hirsch (39) spricht die Grenke AG aus Baden-Baden immer nur von drei Geschäftsfeldern:
Mit Factoring Liquidität schonen.
Mit Banking Freiräume schaffen.
Und mit Leasing immer die aktuellste Technik nutzen.
Doch kann das starke Gewinnwachstum, welches der MDAX-Konzern in der Vergangenheit ausweist (allein von rund 125 Millionen Euro im Jahr 2017 auf rund 131,1 Millionen Euro im Jahr 2018 und dann auf rund 142,1 Millionen Euro im Jahr 2019), tatsächlich nur aus diesen drei Geschäftsfeldern kommen?
Das FINANCE-Magazin zweifelt daran und fasste die Lage der drei Geschäftsfelder so zusammen:
Ihr Factoringbereich ist defizitär,
im Bankgeschäft verdient kaum jemand vernünftiges Geld,
und Leasing ist marktweit eigentlich nur bei Ihnen eine Goldgrube.
Grenke-Finanzboss Hirsch sagt dagegen ja und verweist auf das angebliche Kerngeschäft Leasing:
Wir fokussieren uns stark auf kleinteiliges Geschäft, der Netto-Invest eines Grenke-Leasingvertrags liegt im Schnitt bei 8.000 Euro.
Warum das so profitabel ist?
Wir betreiben echtes Massengeschäft mit über 40.000 Händlern weltweit, hochgradig standardisiert. Das ist sehr effizient. Aktuell verfügen wir über 1 Million laufende Verträge.
Doch der unabhängige Gladbecker Bilanzanalyst Thomas Borgwerth (55) gibt Wasser auf die FINANCE-Zweifel an den Gewinnquellen der Grenke AG.
Der Prüfer stieß auf zwei ganz andere Geschäftsfelder, aus denen die Grenke AG den Hauptteil ihrer Gewinne erzielt haben soll: Nämlich Steuertricks über Irland und Italien. Und: Versicherungsverkauf.
Das ist legal, schafft aber an der Börse scheinbar wenig Vertrauen.
Der Kurs dümpelt aktuell bei etwas über 31 Euro pro Aktie. Das ist fast so wenig wie noch vor 6 Wochen, nachdem der britische Shortseller Viceroy schwere Bilanzfälschungs-Vorwürfe erhoben hat.
Obwohl der Berliner Wirtschaftsprüfer KPMG AG am 14. Oktober 2020 final bescheinigte, dass die Bankguthaben des Grenke Konzerns durch Bankbestätigungen seitens KPMG mit 99,4 Prozent zum 30. Juni 2020 und 99,2 Prozent zum 15. September 2020 bestätigt wurden, will das Vertrauen dennoch nicht an der Börse zurückkehren. Im Juni 2020 hatte der Aktienkurs mal bei über 80 Euro gelegen.
Thomas Borgwerth – das ist der Mann der im Jahr 2017 gegenüber dem manager magazin aufdeckte, dass beim Jahrhundertschwindler Wirecard AG aus Aschheim bei München, der nach eigenen Angaben Online-Käufe für weltweit 300.000 Händler abwickelte, in den Bilanzen Forderungen in Höhe von fast 300 Millionen Euro stehen, die sich plausibel nicht begründen lassen.
Für diese Entdeckung hatte Borgwerth von 2013 an hunderte Stunden investiert.
Bei der Grenke AG kam Borgwerth nach nur drei Tagen Bilanzüberprüfungen zu folgendem Ergebnis: