Die Kulmbacher Goldhandelsplattform Aurimentum.de verlor gegen die deutsche Finanzmarktaufsicht BaFin ein Eilverfahren, die wegen eines 8prozentigen Treuerabatts auf den Goldkauf nach zwei Jahren einen Verkaufsprospekt nach dem Vermögensananlagengesetz verlangt.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof urteilte nun auch in zweiter Instanz wie schon zuvor das Frankfurter Verwaltungsgericht zugunsten der BaFin, die damit weiterhin ihre Verbraucherwarnmeldung gegen Aurimentum vom 28. Oktober 2020 veröffentlichen darf.
Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Reinhard Fuchs aus Kulmbach und Reinhard Scherm aus Stadtsteinach finden kaum noch eine Bank, die der Kulmbacher Plattformbetreiberfirma R & R Consultung GmbH weiterhin ein Geschäftskonto zur Abwicklung der Goldkaufverträge zur Verfügung stellt.
Noch im Frühjahr 2020 nutzten die beiden Geschäftsführer Fuchs und Scherm ein Konto bei der VR Bank Oberfranken Mitte. Im Sommer 2020 war es das Bankhaus Max Flessa KG. Aktuell scheint es ein Konto bei der HypoVereinsbank zu geben. Zu den Gründen für die ungewöhnlichen Kontowechsel befragt teilte deren Medienanwältin mit, dass die Bankverbindungen seit der Veröffentlichung der BaFin gefährdet seien.
Sogar Raten von Goldsparverträgen konnten Anfang 2021 mangels Bankverbindung nicht eingezogen werden. Hintergrund sei die Veröffentlichung der BaFin.
In einem Investmentcheck.de aus Bayern vorliegenden Schreiben an einen Kunden wird von Schwierigkeiten “mit unseren Bankbeziehungen” berichtet. Man sei aber jetzt sehr froh mit der HypoVereinsbank einen Bankpartner gefunden zu haben, mit dem man “eine lang andauernde Kundenbeziehung” haben werde.
Wie GoMoPa berichtete, war und ist der 8prozentige Treuerabatt, der nach 2 Jahren in Form von Zusatzgold ausgeliefert werden soll, eh in Wirklichkeit nur Augenwischerei.
Denn die Goldkäufer kaufen das Gold bei Aurimentum von vornherein mit einem bis zu 30prozentigem Aufschlag.
Aurimentum verkaufte dennoch an 4.000 Kunden. Denn denen konnte der überhöhte Kaufpreis bislang egal sein, weil die R & R Consulting GmbH in den alten Verträgen ein Widerrufsrecht nach 2 Jahren gewährte und damit verpflichtet war, das Gold zum überhöhten Preis zurückzukaufen.
Nun der Schock: Aurimentum.de änderte ab Februar 2021 die AGBs auch rückwirkend für alte Verträge und hob das zweijährige Widerrufsrecht auf – und nahm den Anlegern die Sicherheit.
Ein Anleger machte sich auf DieBewertung.de im März 2021 wie fogt Luft:
Wir haben bei Aurimentum das Gold im Vergleich zu anderen Anbietern sehr teuer gekauft. Aurimentum verlangt für alle Goldbarren den gleichen Preis pro Gramm, also zahlt man beim 100-Grammbarren und 1-Kilobarren pro Gramm Gold genauso viel wie für einen 1-Grammbarren. Das hatte uns damals auch schon gewundert, aber der Berater sagte, dass das so normal ist, weil Aurimentum dadurch das Rückgaberecht garantiert und den Treuebonus erarbeitet.
Doch dann, so der Anleger:
Aber Anfang des Jahres änderte Aurimentum plötzlich die Vertragsbedingungen für diese Goldanlage.
Wir erhielten dazu das Anschreiben, was auch im Anhang ist. Wir dachten zuerst, dass das ein Irrtum wäre und nur für neue Verträge.
Doch unser Berater, der uns diese Goldanlage damals empfohlen hatte, bestätigte uns, dass diese Änderungen rückwirkend auch für alle laufenden Verträge gemacht wurde und für alle diese Verträge gilt.
Damit haben wir nun keine Sicherheit mehr für unsere Geldanlage und sind abhängig vom Goldpreis.
Per Rechtsanwältin teilte Aurimentum.de als Stellungnahme mit:
Der R&R GmbH ist die Zufriedenheit ihrer Kunden sehr wichtig. Die R&R GmbH hat daher allen Kunden ausführlich und transparent erklärt, warum es aus Sicht der BaFin notwendig war, bestimmte Klauseln in den AGB zu ändern. Dies hat die ganz große Mehrheit der Kunden (99,5%) verstanden und daher auch nicht widersprochen.
Lediglich wenige Kunden, es sind nur ca. 20 Personen bekannt, hatten ergänzenden Gesprächsbedarf.
Dem sind die Geschäftsführer der R&R GmbH nachgekommen, um zufriedenstellende Lösungen für die Kunden zu finden.
In einem Schreiben an die Interessenten des Aurimentum Goldkaufs mit Treuebonus vom 4. März 2019 war noch erklärt worden, dass “die Frist des Rückgaberechts 4 Wochen ab dem Tag der 2. Goldlieferung beträgt.”
Die 2. Goldlieferung ist das 8prozentige Bonusgold nach 2 Jahren Laufzeit.
In dem neuen Schreiben von anfang des Jahres wird nur noch von einem anfänglichen Rückgaberecht gesprochen:
Wenn Sie meinen sollten, Ihnen sei ein Rückgaberecht auch noch nach 24 Monaten versprochen worden, so bitten wir Sie, sich bei uns zu melden, damit wir ggf. eine individuelle Lösung finden. Wir gehen weiter fest davon aus, dass das Rückgaberecht nur nach der ersten Goldlieferung bestand.
In Sachen Prospektpflicht zeigten sich die Richter in Hessen von diesem annfang 2021 an rund 4.000 Kunden verschickten Schreiben der R & R Consulting GmbH, wonach ein gewährtes Widerrufsrecht nur in den ersten vier Wochen des Vertrages gelte, wenig beeindruckt.
Am Ende der Urteilsbegründung haben die Richter sogar noch eine treffende Empfehlung für R&R Consulting GmbH:
Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Bekanntmachung treffe sie existenziell, hat sie es selbst in der Hand, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen.
Das will R&R aber offenbar nicht tun und lieber in einem Hauptsacheverfahren gegen die BaFin-Meldung vorgehen, denn die “Veröffentlichung eines Prospektes sei sehr aufwendig”. Aber es ist wohl eher so, dass die 2019er Bilanz, die im Prospekt veröffentlicht werden müsste, so schlimm ausfiel, dass Fuchs & Scherm sie lieber unter Verschluss hält, wie Sie hier auf GoMoPa ausführlich nachlesen können.
Auch das Argument, der Treuebonus sei keine Zinszahlung, sondern ein Rabatt, damit der Vertrieb nach 24 Monaten erneut die Gelegenheit habe, mit dem Kunden zu sprechen, überzeugte die Richter bislang nicht. Nun denn…