Mark Keatley (60) aus Zug in der Schweiz ist seit einem Jahr Finanzvorstand der 1895 in Dresden als Genossenschaft der Apotheker gegründeten und seit 21 Jahren börsennotierten STADA Arzneimittel AG mit 10.232 Vollzeitbeschäftigten und Hauptsitz im hessischen Bad Vilbel.
Keatley soll mit einem STADA-Jahresgehalt von rund 1,3 Millionen Euro vor allem die Interessen der neuen Mehrheitsaktionärin Nidda Healthcare GmbH aus Frankfurt am Main (Grüneburgweg 58-62) durchboxen.
Keatly ist zugleich Geschäftsführer der Nidda Healthcare GmbH. Sie ist eine Zweckgesellschaft, die eigens durch die beiden Investmentgesellschaften Bain Capital Investors, LCC aus Wilmington im US-Bundesstaat Delaware und Cinven Capital Management (VI) General Partner Limited aus Saint Peter Port auf der britischen Ärmelkanalinsel Guernsey am 25. August 2017 zur vollständigen Übernahme von STADA gegründet wurde.
Nidda konnte am 28. September 2018 ihren STADA-Aktienanteil von 65,31 Prozent auf 77,38 Prozent aufstocken. Sie hat am 1. Oktober 2018 den nichtbeherrschenden Restaktionären ein Erwerbsangebot zum letzten Halbjahres-Durchschnittspreis der Aktie in Höhe von 81,83 Euro gemacht.
Das Angebot ist damit fast ein Viertel höher als der Preis, für den sich die beiden Finanzinvestoren im vergangenen Jahr 65 Prozent der Anteile gesichert hatten.
Außerdem soll STADA von der Börse delistet werden. Wer also nicht an Nidda verkauft, kann seine Aktien später nicht mehr über die Börse verkaufen.
Bain und Cinvens Entscheidung, STADA von der Börse zu nehmen, kommt nicht überraschend. Bereits im Juni 2018 haben sie den Pharmakonzern aus dem MDax entfernen und in einem niedriger regulierten Segment notieren lassen. Ein Angebot vom Frühjahr 2018 über 74,40 Euro pro Aktie war ins Leere gelaufen, weil die Stada-Papiere an der Börse stets teurer verkauft werden konnten.
An den Börsen Frankfurt und Düsseldorf können die Wertpapierbesitzer den Widerruf des Delistings beantragen. Dies betreffe auch eine Stada-Anleihe von mehr als 300 Millionen Euro, die noch bis 2022 läuft.
Das öffentliche Delisting- und Erwerbsangebot von Nidda enthält angeblich auch bereits “unwiderrufliche Andienungsverspflichtungen von 12 Prozent des Grundkapitals der STADA Arzneimittel AG”. Wer da unwiderruflich andient, wird nicht genannt.
Für die Pläne haben Bain Capital und Cinven einen Vertrag mit einem Großaktionär geschlossen, der rund zwölf Prozent der Stada-Papiere hält. Dabei für kommt eigentlich nur der New Yorker Investor Paul E. Singer infrage.
Dem 74jährigen Milliardär gehören 8,2 Prozent am Hedgefonds Elliott International, L.P. aus George Town auf den britisch-westindischen Cayman Islands. Am 5. Oktober 2018 hatte Singer 3,18 Prozent Anteile an STADA an der Börse verkauft. Er hält nunmehr noch einen Anteil an STADA von 12,06 Prozent hält.
Nur 3 Prozent der STADA Arzneimittel AG Aktien werden von Privatanlegern gehalten. Der Rest gehört institutionellen Anlegern.
Andere institutionelle STADA-Aktionäre sind neben Paul Singer die Norges Bank (2,98 Prozent), Bank of America (1,98 Prozent), die UBS Group AG, die BlackRock, Inc. oder auch Goldman Sachs.
Trotz 10 Prozent Gewinnzuwachs Senkung der Dividende auf 11 Cent
Finanzvorstand Keatley verärgerte die nicht beherrschenden Aktionäre, weil er im August 2018 durchboxte, dass für das abgelaufene Geschäftsjahr 2017 nur eine Dividende von 11 Cent pro Aktie ausgeschüttet wird, obwohl 2017 jede Aktie einen Gewinn von 3,14 Euro erwirtschaftet hat. Der bereinigte Konzerngewinn war um 10 Prozent auf 195,6 Millionen Euro gestiegen. Der Umsatz war um 8 Prozent auf 2,3 Millarden Euro geklettert.
“Maßgeblich resultierend aus der positiven Entwicklung des operativen Ergebnisses in Belgien, Deutschland, Spanien und Russland”, hieß es in einer STADA-Pressemitteilung vom 8. März 2018.
Bekannte Produkte sind neben den umsatzstarken Generika (Imitate, bei denen der Patentschutz abgelaufen ist) Paracetamol Stada (Schmerz- und Fiebersenkung) und Lactulose Stada (Abführmittel und Ammoniakaentsorger bei Leberzirrhose), das Parkinsonmittel Apo-Go, das Kombinationspräparat gegen Erkältungskrankheiten Grippostad-C, das Sonnenschutzmittel Ladival und das Antiphlogistikum/Analgetikum Mobilat.
Bain Capital und Cinven trifft die Reduzierung der Dividende für die mehr als 62 Millionen Aktien mit einer Marktkapitalisierung von rund 5 Milliarden Euro (Stand 30. Juni 2018) von 72 auf 11 Cent (- 85 Prozent) nicht wirklich.
Denn sie haben sich die fetten STADA-Gewinne über einen am 15. November 2017 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gesichert, der am 15. Oktober 2018 in Kraft treten soll.
Doch dagegen regt sich aus den Reihen der nicht beherrschenden Restaktionäre erheblicher gerichtlicher Widerstand:
Paul E. Singer hatte seine Zustimmung zu einem Gewinnabführungsvertrag von einem Aufschlag, gemessen am früheren Übernahmeangebot, abhängig gemacht.
Am Landgericht Frankfurt am Main haben mehrere Aktionäre gegen die für Bain Capital und Cinven handelnde Nidda Healthcare GmbH gem. § 1 Nr. 1 des Spruchgesetzes
» Anträge auf gerichtliche Bestimmung der baren Abfindung (§ 305 des Aktiengesetzes) und
» gerichtliche Bestimmung des angemessen Ausgleichs (§ 304 AktG)
Grund ist der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 19. November 2017 zwischen der Nidda Healthcare GmbH als herrschendem und der Stada Arzneimittel AG als beherrschtem Unternehmen.