Zumindest in der Winterzeit (1. Oktober bis 31. März) dürfen Steuersünder bis 6 Uhr ausschlafen. In der übrigen Sommerzeit endet die unantastbare Nachtruhe schon um 4 Uhr. Danach darf die Steuerfahndung klingeln.
Der mutmaßliche Steuersünder hat ein Recht, bei einer Durchsuchung persönlich anwesend zu sein (Paragraph 106 Absatz 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung StPO). Auf ihn müssen die Beamten warten. Auf dessen Anwalt allerdings nicht. Der mutmaßliche Steuersünder darf ihn vor der Durchsuchung anrufen, aber aufhalten kann er die Beamten damit nicht.
Gegenüber dem Finanznachrichtendienst GoMoPa.net erläutert Rechtsanwalt Dr. Boris Jan Schiemzik von der Kanzlei Rose & Partner LLP aus Hamburg, mit welchen fünf goldenen Verhaltensregeln man die Steuerfahndung am glimpflichsten übersteht.
Regel Nummer 1: Ruhe und freundlichen Umgangston bewahren
Steuerfahnder kommen immer ohne Vorankündigung. Plötzlich stehen morgens (in der Regel nicht vor 7 Uhr, in Geschäftsräumen eher zu Geschäftszeiten) fünf oder mehr fremde Personen in den eigenen Räumen, die von dort erst einmal nicht mehr fortbewegt werden können. Um diese Stresssituation im Griff zu behalten und einen kühlen Kopf zu bewahren, hilft es, sich schon im Vorhinein die wichtigsten Verhaltensregeln bewusst zu machen.
So kann man stressbedingte Fehler vermeiden und einen freundlichen Umgangston bewahren. Konfrontation hilft in diesem Moment schlichtweg nicht. Unter Umständen führt sie zu einer besonders gründlichen Durchsuchung. Die Erfahrung zeigt, dass solche Durchsuchungen am glimpflichsten und schnellsten ablaufen, bei denen Kooperationsbereitschaft signalisiert wird.
Regel Nummer 2: Durchsuchungsbeschluss vorzeigen lassen und prüfen
Jede Durchsuchung und jede Beschlagnahme muss zuvor von einem Richter angeordnet werden. Steuerfahnder müssen sich zu Beginn der Durchsuchung ausweisen und den Durchsuchungsbeschluss dem Betroffenen aushändigen. Prüfen Sie den Beschluss auf folgende Inhalte:
Ausdrückliche Nennung der Rechtsgrundlage “§ 102 Strafprozeßordnung” Genaue Bezeichnung des strafrechtlichen Vorwurfs.
Nennung der gesuchten Gegenstände, die am Durchsuchungsort vermutet werden. Nicht ausreichend ist zum Beispiel der allgemeine Hinweis, dass die Durchsuchung der “Auffindung von Beweismitteln” dienen soll (kommt immer wieder vor!).
Der Beschluss darf nicht älter als 6 Monate sein. Eine Durchsuchung ohne Durchsuchungsbeschluss ist nur möglich, wenn die Steuerfahnder “Gefahr im Verzug” feststellen. Hieran stellt die Rechtsprechung hohe Anforderungen. Im Steuerstrafrecht dürfte die Durchsuchung wegen Gefahr im Verzug absolute Ausnahme sein und muss von den Beamten besonders begründet werden.
Regel Nummer 3: Keine Aussage machen
Geben Sie keine Erklärungen zur Sache ab! Die Durchsuchung dient allein der Auffindung von Beweismitteln. Der Durchsuchungsbeschluss rechtfertigt dagegen nicht die Vernehmung des Beschuldigten oder der Angestellten. Aussagen zu diesem Zeitpunkt bringen keinerlei Vorteile, bergen aber die Gefahr, Details unnötig preiszugeben.
Auch bei informellen Gesprächen sollte darauf geachtet werden, den Steuerfahndern nicht “nebenbei” relevante Informationen mitzuteilen. Berufen Sie sich darauf, dass Sie sich zunächst mit Ihrem Rechtsanwalt besprechen möchten.
Regel Nummer 4: Unterlagen nicht freiwillig herausgeben
Grundsätzlich sollten Unterlagen, die die Steuerfahndung mitnehmen möchten, nicht freiwillig herausgegeben werden. Dies zwingt die Steuerfahndung zur Beschlagnahme, die bestimmten gesetzlichen Anforderungen unterliegt. Etwas anderes gilt für den ausdrücklichen Widerspruch gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung durch den Richter. Widerspricht man der Durchsuchungsmaßnahme selbst und provoziert dadurch eine Rechtmäßigkeitsüberprüfung durch ein anderes Gericht, kann dies die Untersuchung der beschlagnahmten Unterlagen und damit auch deren Rückgabe erheblich verzögern.
Wenn es sich bei den beschlagnahmten Gegenständen um dringend benötigte Unterlagen oder insbesondere um Festplatten und Hardware handelt, sollte dies vor einem Widerspruch berücksichtigt werden. Auch wenn die Unterlagen nicht freiwillig herausgegeben werden sollten, kann es durchaus sinnvoll sein, bei der Durchsuchung zu kooperieren und die gesuchten Unterlagen herauszusuchen und den Beamten zu geben.
Denn dadurch kann verhindert werden, dass die Beamten sämtliche Akten prüfen und gegebenenfalls noch weitere Unterlagen finden, die mit dieser Sache überhaupt nichts zu tun haben (so genannten Zufallsfunde). Überdies kann eine gewisse Kooperation die schnellere Beendigung der Durchsuchung fördern.
Regel Nummer 5: Beschlagnahmeprotokoll verlangen und prüfen
Die beschlagnahmten Gegenstände müssen genau und einzeln protokolliert werden. Der Betroffene enthält eine Kopie dieses Protokolls, das er prüfen und mit den beschlagnahmten Gegenständen vergleichen sollte.
Weitere sinnvolle Verhaltensregeln:
6. Zuständige Person im Unternehmen informieren
7. Rechtsanwalt benachrichtigen
8. Namen und Funktionen der Durchsuchungsbeamten notieren
9. Steuerfahnder nicht allein lassen
10. Keine Papiere oder ähnliches beseitigen oder verstecken
11. Beschlagnahmte Unterlagen kopieren
12. Eigenes Protokoll unmittelbar nach der Durchsuchung als Gedächtnisstütze erstellen. Nun denn …
Wichtiger Link zum Thema
Durchsuchung – Steuerfahndung