Bewertungen im Internet sind grundsätzlich anfällig für Manipulationen. Verbraucher haben kaum eine Chance, dies sicher zu erkennen, warnt Jürgen Stellpflug vom Frankfurter Verein Testwatch – Die VerbraucherNützer e.V. Das Gütesiegel Scoredex ist wie einige andere auch dynamisch.
Bei der Werbung mit Gütesiegeln sollten Investoren daher besser zwei Mal hinschauen. Verschweigt der Produkt-Anbieter etwa seine Gesamtnote oder scheut er die Aktualisierung (Dauerscreening), ist Vorsicht geboten.
Ein Dauerscreening sorgt dafür, dass der Score (Wert für geschäftliche Vertrauenswürdigkeit) bei den bewerteten Unternehmen ständig aktualisiert wird.
Falsche Werbung: Der Bonner Waldinvestanbieter Forest Finance veröffentlicht ein positives TeilR ... mehrFalsche Werbung: Der Bonner Waldinvestanbieter Forest Finance veröffentlicht ein positives Teil…mehrFalsche Werbung: Der Bonner Waldinvestanbieter Forest Finance veröffentlicht ein positives Teilergebnis von Scoredex (Transparenz), verschweigt aber die schlechte Gesamtnote © Ausriss aus Eco-World.de
Einige Schwarze Schafe versuchen, dieses zu unterlaufen, und nutzen einmal erzielte Teilergebnisse für Dauer-Veröffentlichungen, die längst nicht mehr gelten.
Auf diese Weise fallen einige Anbieter von grünen Investments und Immobilienfonds auf. Einer traut sich sogar, mit Scoredex zu werben, obwohl er insgsamt eine schlechte Gesamtnote erreichte, aber ledigleich in einem Teilbereich, der Transparenz, gut abgeschnitten hatte. Die schlechte Gesamtnote wird einfach in den Skat gedrückt.
Beispiel 1: Forest Finance Service GmbH
Der Bonner Bauminvestment-Anbieter in Lateinamerika (Panama, Peru, Kolumbien), Asien (Vietnam) und Afrika (Marokko) Forest Finance Service GmbH hat sich vor mehr als sieben Jahren die Daten von der Züricher Soredex GmbH zusenden lassen und im Jahr 2012 an einer Befragung teilgenommen. Das Bewertungsergebnis fiel insgesamt schlecht aus. Bis auf eine Ausnahme – die Transparenz.
Und mit dieser Transparenz-Ausnahme macht Forest Finance bis heute mit einer Dauer-Firmenmitteilung über die grüne Presseagentur ECO-News auf dem Portal Eco-World.de Werbung. So etwas empfindet der Volksmund als Betrug.
Inzwischen längst überholt und aktualisiert: Die Dauer-Veröffentlichung der PROJECT V…mehrI ... mehrInzwischen längst überholt und aktualisiert: Die Dauer-Veröffentlichung der PROJECT V…mehrInzwischen längst überholt und aktualisiert: Die Dauer-Veröffentlichung der PROJECT Vermittlungs GmbH vom April 2013 © Ausriss aus DGAP.de
Beispiel 2: Der Fondsvertrieb PROJECT Vermittlungs GmbH
Die Bamberger PROJECT Vermittlungs GmbH hat tatsächlich einmal mit einer sehr guten Gesamtnote auf Scoredex abgeschnitten. Das war im Sommer 2012. Seitdem hat sich bei PROJECT einiges getan, leider nicht zum Besten.
PROJECT macht dennoch mit der alten PDF in einer Firmenmeldungauf DPAG Dauer-Werbung – ohne ein aktuelles Screening. Kunden werden mit der Pressemeldung hinters Licht geführt.
Die dazugehörige bayerische PROJECT Investment Gruppe von Mehrheitsgesellschafter Wolfgang Dippold (58) aus Stegaurach legt seit 21 Jahren Immobilienfonds auf. 22.000 Anleger haben in insgesamt 33 Fonds investiert. Der nächste befindet sich schon in der Platzierung.
Doch die jüngste Leistungsbilanz für die Altfonds hält einer “Forensischen Ergebnisanalyse auf Investorenebene” durch das schleswig-holsteinische Institut FMG FondsMedia GmbH aus Tangstädt nicht stand.
“Blendwerk”, urteilt FondsMedia über Leistungsbilanz der PROJECT Investment Gruppe für deren Project Fonds.
Die PROJECT Investment Gruppe konterte in ihrer Pressemitteilung am 23. Januar 2019:
Für PROJECT Fonds haben wir keinen einzigen Fall einer Klage oder Beschwerde eines Anlegers bei der Aufsichtsbehörde verzeichnet.
Wer nichts weiß, kann sich nicht beschweren. Analyst Diplombetriebswirt Peter Kastell (55) aus Hamburg, geschäftsführender Gesellschafter der FMG FondsMedia GmbH, spricht außerdem von “nicht nachvollziehbar” und “äußerst dubios“, wenn er die 92seitige Leistunbsbilanz der PROJECT Investment Gruppe vom September 2018 einschätzen soll.
Und in einer weiteren Studie über das Investitions-Audit des Project Fonds Strategie 1 spricht Kastells Analysehaus FondsMedia von einem “Schatten-Investitionssystem” in stille Beteiligungen an die geschäftsführende Kommanditistin der eigenen Fondsgesellschaft, von denen die Anleger gar nichts mitbekamen.
Kastell schrieb am 26. Januar 2019 an GoMoPa:
Nach meiner Meinung sind die Ergebnisse des Investitions-Audit zum “Strategie 1” etwas brisanter.
Hier wurde Anlegerkapital an Initiator, Treuhand, Vertrieb und an die geschäftsführende Kommanditistin weitergereicht (bis zu 1,7 Millionen Euro).
Dieses Verfahren stellt aus meiner Sicht eindeutig eine Zweckentfremdung dar beziehungsweie einen Verstoß gegen den jeweiligen Gesellschaftszweck.
Mit so einem Ergebnis ist das Scoredex-Ranking nicht mehr dasselbe wie noch im Jahre 2012.
Ebenfalls längst überholt und aktualisiert: Die Dauer-Veröffentlichung der German Pellets … ... mehrEbenfalls längst überholt und aktualisiert: Die Dauer-Veröffentlichung der German Pellets …mehrEbenfalls längst überholt und aktualisiert: Die Dauer-Veröffentlichung der German Pellets GmbH vom April 2013 © Ausriss aus German-Pellets.de
Beispiel 3: German Pellets GmbH
Die German Pellets GmbH aus Wismar wirbt in einer Pressemeldung noch heute auf ihrer Website mit einer “Topbewertung von Scoredex”.
Die Bewertung stammt aus dem Jahr 2013.
In jenem Jahr war die German Pellets GmbH der weltweit größte Produzent und Händler von Holzpellets.
Carsten Scholz, Leiter Investorenbetreuung und Kapitalakqisitionen bei German Pellets wird in der betreffenden Pressemitteilung mit den Worten zitiert:
Wir freuen uns über dieses außerordentlich gute Ergebnis. Gerade für unsere Anleger ist dies ein weiterer Nachweis, dass German Pellets ein seriöses, transparent arbeitendes und intaktes Unternehmen ist.
Aber auch German Pellets verschweigt den Investoren und Kunden das Dauerscreening von Scoredex, bei dem die Bewertung auch bezüglich dieses Unternehmens inzwischen einen negativen Verlauf genommen hat.
Familie Leibold eröffnete 2013 ein Werk in Texas (USA) und startete den Bau des US-Werks Louisiana, das 2015 in Betrieb ging.
Im Sommer 2015 meldete German Pellets zum Halbjahr dann zwar ein Umsatzplus um elf Prozent auf 294 Millionen und einen operativen Gewinn von 26 Millionen Euro. Doch das Unternehmen hatte inzwischen 443 Millionen Euro Schulden. German Pellets brauchte frisches Eigenkapital. Im Herbst 2015 wollte der Brennstoffhersteller Anleger dazu verleiten, ihre (vorrangigen) Anleihen in (nachrangige) Genussrechte zu wandeln. Creditreform errechnete eine Eigenkapitalquote von nur noch 5,4 Prozent.
Ein ehemaliger Manager, der eine Zeit lang nah am German Pellets-Gründer dran war, erklärte im Sommer 2016 den Niedergang so:
Leibold fing in Deutschland an, solange es noch attraktiv war. Als der Markt kippte, nutzte er German Pellets als Vehikel, um Geld für sein Auslandsgeschäft einzusammeln.
German Pellets wirbt einfach bis heute mit der Scoredex-Bewertung mit Stand aus dem Jahr 2013 weiter, obwohl das Unternehmen im Feburar 2016 pleite ging (Amtsgericht Schwerin, Aktenzeichen, 580 IN 64/16, Insolvenzverwalterin Rechtsanwälting Bettina Schmude aus Hamburg). Warum wohl?
Das Pelletwerk in Wismar wurde im Rahmen eines Asset Deal am 1. Mai 2016 durch die zu diesem Zweck gegründete Wismar Pellets GmbH von der Insolvenzverwaltung erworben. Am 30. Juni 2016 wurde der Kaufvertrag wirksam.
Besitzer wurde am 1. Juli 2016 der amerikanische Finanzinvestor Metropolitan Equity Partners (MEP). Inzwischen gehört die Wismar Pellets GmbH der Northern Pellets Holdings Inc. aus New York.
Während Wismar Pellets im Dezember 2019 bekannt gab, man wolle bis 2021 für etwa 80 Millionen Euro ein Biomasseheizkraftwerk auf dem Gelände des Seehafen in Wismar errichten, das mit Rinde aus dem Werk beheizt wird und umgekehrt Strom und Wärme für die Trocknung der Pellets-Rohstoffe liefert, hat Ex-Werksbesitzer Peter H. Leibold im März 2017 für sich selbst eine Vermögensauskunft verweigert.
Der Gerichtsvollzieher musste von Mai 2017 bis Novembr 2019 insgesamt 13 Mal wegen erkennbarer Aussichtslosigkeit der Vollstreckung wieder abziehen.
Auch in diesem Fall kann der geschäftliche Vertrauenswert (Score) aktuell nicht mehr derselbe wie 2013 sein.
Wer als Investor bei Werbung mit Gütesiegeln auf Nummer sicher gehen will, sollte beim Bewerter selbst noch mal nachschauen. Denn nach Einschätzung von Jürgen Stellpflug und seines Vereins Testwatch können am Ende auch nur die Gütesiegel-Vergeber selbst für Aufklärung sorgen.
