Nach über 100 Jahren Familienbesitz hat Alleininhaber und Geschäftsführer Thomas Rendlen (67) aus Stuttgart die gut laufende Gewürzmüller GmbH aus der Siemensstraße 1 in Korntal-Mündingen in Baden-Württemberg am 10. Oktober 2007 an die israelische Frutarom Germany GmbH aus der Reeser Straße 60 in Emmerich am Rhein verkauft.
Der Grund war ein erhöhter Margendruck durch die Internationalisierung des Gewürzhandels und gestiegene Rohgewürzpreise sowie steigende Energiepreise. Auch die Forschung wurde immer teurer.
Aber dennoch machte das Unternehmen im Jahr der Übergabe einen Umsatzerlös von rund 46,4 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von rund 2,8 Millionen Euro.
Das kann man von der nächsten Investition des einstigen Gewürzherstellers Thomas Rendlen nicht sagen.
Der Schwabe Jürgen Rudloff (64) verteidigte am 10. November 2013 in der ARD-Talk-Show “Günther Jauch” das deutsche Rotlicht-Milieu, ein Jahr später wurde sein Wellness-Großbordell Paradise in Leinfelden-Echtingen bei Stuttgart durchsucht, Rudloff setzte sich ins Ausland ab. Nachdem er zurück war, nahmen ihn Polizeispezialkräfte am 27. September 2017 wegen Beihilfe zu schwerem Menschenhandel und Prositution sowie Anlagebetruges mit einem Schaden von 3,1 Millionen Euro fest. Foto: Ausriss aus der Talkshow Günther Jauch vom 10.11.2013
Zum Leidwesen der Familie investierte Thomas Rendlen fünf Tranchen, mal als Darlehen, mal als Beteiligung insgesamt 3,4 Millionen Euro in Europas größten Bordellbetrieb, die Wellnessoase Paradise, die der einstige Immobilienunternehmer Jürgen Rudloff (64) aus Stuttgart am 7. Februar 2008 in der Dieselstraße 25 in Leinfelden-Echterdingen in Baden-Württemberg eröffnet hat.
Rendlen legt Wert darauf, dass er nicht in das operative Geschäft des Bordells investiert habe, sondern lediglich Verträge mit der Besitzgesellschaft gemacht habe und den Unternehmer Jürgen Rudloff zu seinem Treuhänder gemacht habe.
Aus finanzieller Sicht ein Fehler: Die operative Betreibergesellschaft für den Klub Paradise (die Tageskarte inklusive aller Speisen kostet 69 Euro von 11 bis 3 Uhr, freitags und samstags bis 4 Uhr) P & I Paradise Island Entertainment Betriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung gehört Rainer Rudolf Mühlbauer (52) aus Frankfurt und schreibt unter Leitung von Geschäftsführerin Svenja Schneider (54) aus Fellbach schwarze Zahlen. Jahresüberschuss 2014: 245.100 Euro, 2015: rund 67.000 Euro.
Doch die am 9. August 2007 gegründete Vermietungsgesellschaft Paradise Island Entertainment GmbH mit Sitz im Leo-Fall-Weg 23 in Stuttgart hat am 18. November 2015 beim Amtsgericht Stuttgart Insolvenz beantragt.
Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Wolfgang Bilgery aus Stuttgart bestellt (Aktenzeichen: 7 IN 814/15). Sie gehört alleinig Jürgen Rudloff. Ihr Geschäftsführer war bis zum 9. Januar 2012 Bordellbetreiber-Inhaber Rainer Mühlbauer. Dann wurde sie bis 21. Oktober 2016 von Jürgen Rudloff geführt. Anschließend von einem Alexander Schwertner (68) aus Stuttgart.
Und die am 27. März 2012 gegründete P & I Paradise Island Besitz GmbH aus der Landhausstraße 90 in Stuttgart ist mit den letzten veröffentlichten Jahresberichten bilanziell überschuldet. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag belief sich 2012 auf rund minus 72.000 Euro und 2013 auf minus 218.742 Euro.
Geschäftsführer ist von Beginn an Jürgen Rudloff. Er fiel als Geschäftsführer negativ auf auf, weil er gegenüber dem Gerichtsvollzieher zwei Mal, am 13. August 2015 und am 6. Juni 2016, die Vermögensauskunft verweigerte.
Die P & I Paradise Island Besitz GmbH gehört Rudloff zur Hälfte. Die andere Hälfte gehört Bernd Laubenthal (57) aus Köln.
Rudloff und Laubenthal teilen sich zu je einem Drittel mit einem Bruno Pietro Piovesan (59) aus Riegelsberg die Immobiliengesellschaft P & I Paradise Islands Betriebs GmbH-Saarbrücken, Matzenberg 141 in Saarbrücken. Die Maklerfirma macht wiederum Gewinne. 2015: 253.417 Euro und 2016: 46.630 Euro.
Nur eben nicht die Besitzfirmen für das Paradise und weiterer Großbordelle in Frankfurt und Graz (Österreich).
Wer bei Rudloff investierte oder ihm ein Darlehen gab, verlor meistens nicht nur sein Geld in einem mutmaßlichen Schneeballsystem, sondern finanzierte auch einen mutmaßlichen schweren Menschenhandel und Zuhälterei.
Vor einer sonntäglichen Razzia am 30. November 2014 im Paradise hatte sich Rudloff vor dem Zugriff der Justiz zunächst ins Ausland abgesetzt, wie der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, Erster Staatsanwalt Jan Holzner, dem Finanznachrichtendienst GoMoPa.net mitteilte. Doch dann machte er einen Fehler.
Er kam nach Hause zurück. Erster Staatsanwalt Holzner:
Der Betreiber der Großbordelle, der sich zunächst ins Ausland abgesetzt hatte, sich seit geraumer Zeit aber wieder in Stuttgart aufhielt, konnte am 27. September 2017 durch Ermittler des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg und durch Spezialeinsatzkräfte des Polizeipräsidiums in seiner Wohnung festgenommen werden.
Er befindet sich seither in Untersuchungshaft.
Rudloff wird seit März 2018 unter anderem wegen mutmasslichen Schneeball-Anlagebetruges in Höhe von 3,1 Millionen Euro der Prozess vor dem Landgericht Stuttgart gemacht wird.
Der einstige Gewürzunternehmer Rendlen hat mit seinem Investment von 3,4 Millionen Euro ins Paradise und noch einmal 2 Millionen Euro in Frankfurt keinen Gewinn gemacht. Aber er hat sein Geld immerhin zurückerhalten, weil Rudloff neue Anteilskäufer fand.
Vor Gericht trat Rendlen nun als Zeuge auf. Dort erklärte er, warum er und so viele andere aus der gesellschaftlichen Mitte Deutschlands dem Bordell-Initiator so gern ihr Geld anvertrauten: