Scheinbar bestimmt bei der börsennotierten Neue-Energie-Unternehmung Encavis AG das Wetter stärker die Unternehmens-Geschicke als das Management.
Das Management macht sich zwar mit Stromlieferverträgen an Konzerne wie Amazon in Spanien von der Stromeinspeisevergütung unabhängig.
Aber das Wetter verhagelte dem Hamburger Solar- und Windkraftanlagenbetreiber die Gewinn-Bilanz.
Noch vor einem Jahr wurde Encavis von Börsenmedien als guter Aktien-Einstiegskandidat bejubelt, wie GoMoPa berichtete.
“Grüne Gewinne mit Encavis” und “Die Aktie dreht auf” feierte boerse.ARD.de im Januar 2020 die Encavis AG.
Doch ein Jahr später meldete das Unternehmen, die Wetterverhältnisse seien für die Stromproduktion teilweise ungünstig gewesen.
Zudem kam es wegen der Corona-Pandemie Unternehmensangaben zufolge bei einigen Projekten zu Verzögerungen.
Weil höhere Abschreibungen vorgenommen werden mussten, verharrte der Konzerngewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) auf dem Vorjahresniveau von etwas über 91 Millionen Euro.
Geringere Finanzerträge, höhere Finanzaufwendungen und Bilanzveränderungen bei den Finanzanlagen drückten den Nettogewinn von 29,3 Millionen Euro im Vorjahr auf 18,4 Millionen Euro.
Das Ergebnis je Aktie (EPS) ging von 0,17 auf 0,07 Euro zurück.
Das Konzerngesamtergebnis, in das neben dem Nettogewinn auch Veränderungen der im Eigenkapital ausgewiesenen sonstigen Rücklagen einfließen, stieg von minus 44,4 Millionen Euro im Vorjahr auf plus 62,6 Millionen Euro.
An der Börse kamen die im März 2021 präsentierten Zahlen gar nicht gut an. Die Aktie verlor binnen einen Monats mehr als 7 Prozent. Viele Analysten hatten ein höheres EBIT für 2020 und eine optimistischere Prognose für 2021 erwartet.
Der operative Betriebsgewinn soll in diesem Jahr nur um mindestens 4,4 Prozent zulegen. Beim operativen Cashflow erwartet das Management mit 210 Millionen Euro einen kleineren Wert als im Vorjahr (rund 213 Millionen Euro).
Encavis ist zwar bislang robust durch die Corona-Krise gekommen und steht wirtschaftlich weiterhin gut da.
Aber die derzeitigen Hauptprobleme für Anlegerinnen und Anleger sind vor allem externer Natur: Überzogene Kurshoffnungen ließen den Börsenwert des Konzerns im letzten Jahr stark steigen (ein Plus von über 43 Prozent), derzeit kommt es zu entsprechend deutlichen Kurskorrekturen.
Die ECOreporter aus Dortmund befürchten:
Diese könnten sich fortsetzen, falls Encavis weiter im Fokus von Leerverkäufern bleiben sollte.
So meldete etwa der Leerverkäufer Sculptor Capital eine Short-Position von 1,3 Prozent des Encavis-Aktienkapitals. Damit erhöhten sich die Leerverkaufspositionen an Encavis im Februar 2021 auf insgesamt mindestens 15 Prozent des Aktienkapitals. Die größte Position hatte Citadel Europe mit 5,73 Prozent inne.
Das Unternehmen selbst zeigt sich optimistisch:
Für 2021 geht Encavis von einem Umsatzanstieg auf mehr als 320 Millionen Euro aus, unter anderem wegen des termingerechten Netzanschlusses der großen spanischen Solaranlagen La Cabrera und Talayuela mit einer Erzeugungsleistung von insgesamt 500 Megawatt.
Dr. Dierk Paskert, CEO der Encavis AG:
Das organische Wachstum unseres Portfolios aus Wind- und Solarparks bildet die Grundlage bei der Umsetzung unserer Wachstumsstrategie “Fast Forward 2025”.
Zur Umsetzung unserer Wachstumsziele fokussieren wir uns auf Industriekunden mit langfristigen Stromabnahmeverträgen, den sogenannten Power Purchase Agreements (PPAs).
Encavis hat im September 2019 seine 2017 emittierte Hybrid-Wandelanleihe nominal auf 150,3 Millionen Euro aufgestockt.
Inklusive des Agios in Höhe von 7,55 Millionen Euro erhielt der Hamburger Betreiber von Photovoltaik- und Windkraftanlagen rund 60 Millionen Euro an zusätzlichem Kapital. Damit erhielt Encavis 170 Millionen Euro an frei verfügbaren liquiden Mitteln, die für weitere Investitionen verwendet werden können.
Encavis-Finanzchef Christoph Husmann:
Wir sind durch die Aufstockung unserer Wandelanleihe bestens gerüstet für weiteres strategisches Wachstum im zukunftsträchtigen Markt der langfristigen privatwirtschaftlichen Stromabnahmeverträge.
Das erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von Encavis für das abgelaufene Geschäftsjahr 2020 liegt bei knapp 34
Geht man davon aus, dass der Konzern die durchschnittlichen Analystenziele für 2021 erreicht, läge das KGV für dieses Jahr beim aktuellen Aktienkurs bei ungefähr 30 – immer noch ein hoher Wert.
“Wer jetzt einsteigt, sollte einen langen Anlagehorizont mitbringen und zwischenzeitliche Kursrücksetzer verkraften können. Defensive Anlegerinnen und Anleger sollten auf weitere Kurskorrekturen warten”, raten die ECOreporter. Nun denn…