Knapp 100 Millionen Euro hatten rund 1.500 Privatleute in die vier Fondsgesellschaften Direkt Invest Polen 2, 3, 5 und 7 investiert. Anstatt sich über die versprochenen zweistelligen Renditen freuen zu können, zittern die Anleger derzeit um ihre Einlagen. Während einer spektakulären Gesellschafterversammlung wurde der ehemalige Multi-Geschäftsführer der Elbfonds-Gruppe Stephan Groth gefeuert und ein neues Management aus dem Umfeld des Treuhänders installiert. Seitdem versucht eine Allianz aus Verbraucherschutzanwälten, Treuhänder und Beiräten versucht die Fonds zu stabilisieren und bittet die Gesellschafter um Zustimmung zu ihren Restrukturierungsplänen.
Stephan Groth, ehemaliger Alleinherrscher über die Elbfonds-Gruppe, war am Tag der Abrechnung, zur Gesellschafterversammlung am 30. April 2015 im Hamburger Radisson Blu Hotel, nicht erschienen. Die offizielle Begründung: eine bis heute andauernde Grippe. Genutzt hatte ihm die spontan auftretende Krankheit allerdings nicht.
Mit einer Zustimmung von mehr als 95 Prozent stimmten die Gesellschafter aller vier Fonds sämtlichen Tagesordnungspunkten zu, die von Groth als negativ eingestuft wurden. Mit überwältigender Mehrheit wurde Groth aller Ämter und Funktionen in der Elbfonds-Gruppe entbunden, ein Vorgang, der ihm die Schlagzeile “Der Mann, der an einem einzigen Tag viermal gefeuert wurde”, einbrachte. Zudem wurde der von Groth geplante und vorbereitete Verkauf der Assets an einen Liechtensteiner Fonds, der ebensfalls von Groth kontrolliert wird, verhindert.
In den letzten beiden Wochen hat die neue Geschäftsführung, unterstützt vom Treuhänder, den als sehr engagiert geltenden Anlegerbeiräten und der Kanzlei Schirp Neusel & Partner, die nach eigenen Angaben mehr als 1.000 geschädigte Anleger vertritt, begonnen die Bücher zu sichten und den Fall Elbfonds Polen aufzuarbeiten.
Das Ergebnis der nächtelangen Arbeit ist ein erster Vorschlag zur Refinanzierung und Restrukturierung der Projekt- und Fondsgesellschaften mit dem Ziel Kosten zu sparen, kurzfristige Liquidität zu generieren und Handlungsfähigkeit herzustellen. Hauptsächlich geht es dabei um die Anschlussfinanzierung von Projekten in Polen.
Die finanzierende Bank hat bereits die Bereitschaft signalisiert, die benötigte Refinanzierung in Höhe von rund vier Millionen Euro, mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2020, zu übernehmen. Allerdings verlangen die Banker höhere Sicherheiten, als die betroffenen Projektgesellschaften derzeit zur Verfügung stellen. Konkret verlangt die Bank als Sicherheit, dass zukünftige Gewinne aller Fonds als Sicherheit für die Gewährung der Refinanzierungsdarlehen zur Verfügung gestellt werden.
Ein sehr weitgehender Eingriff in die Eigentumsrechte der Anleger, befand die neue Elbfonds-Geschäftsführung. Man könne eine solche Entscheidung entsprechend nicht treffen ohne die Gesellschafter zu fragen, so wie es Groth jahrelang praktiziert habe, sondern müsse dem Willen der Anleger folgen, diese also nach ihrer persönlichen Meinung befragen. Aus diesem Grund wurde kurzfristig, keine drei Wochen nach der letzten Versammlung, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung für morgen, den 20. Mai 2015, in den Räumlichkeiten des Treuhänders einberufen. Der einzige Tagesordnungspunkt: Abstimmung über die Gewährung von fondsübergreifenden Sicherheiten durch die Anleger.
GoMoPa.net sprach mit Christian M. Schulter, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Schirp Neusel & Partner, über die Zukunft der Elbfonds Polen und das Refinanzierungskonzept des neuen Managements.
GoMoPa: Herr Rechtsanwalt Schulter, auf der letzten Hauptversammlung der Elbfonds Polen wurden wichtige Entscheidungen getroffen, der Geschäftsführer Stephan Groth abgesetzt. Wie geht es jetzt weiter?
Schulter: Wir haben erst jetzt Gelegenheit alles intensiv zu sichten. Es stellt sich jetzt heraus, was genau an Problemen besteht, die wir versuchen werden zu lösen. Deswegen beschäftigen wir uns derzeit jeden Tag, bis in tief in die Nacht, mit dem Fall, führen Telefonkonferenzen und tauschen uns in vielen Gesprächen aus.
GoMoPa: Morgen findet die nächste außerordentliche Gesellschafterversammlung statt. Es geht um die Refinanzierung von circa vier Millionen Euro. Die finanzierenden Banken fordern allerdings mehr Sicherheiten. Sollen die Fondsgesellschaften zusammengelegt werden?