Was hatte doch die Deutsche Bank vor der Ära des Schweizers Josef Ackermann (74) für einen phantastischen Ruf. Ackermann selbst will die Deutsche Bank “gut aufgestellt” an seine Nachfolger übergeben haben. Aber die Strafen fressen zur Hälfte den Gewinn.
„Ich glaube an die Deutsche Bank, denn die zahlt aus in bar“, sang der Düsseldorfer Sänger Mario Müller-Westernhagen (73) 1978 auf seinem Debüt-Album „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ über das einst führende Geldhaus.
Die Deutsche Bank zeigte auch Solidarität mit Landsleuten aus der ehemaligen DDR. Jeder Deutsche, der es vor dem Mauerfall 1989 in die Bundesrepublik geschafft hatte, erhielt von der Deutschen Bank sofort einen Kredit von 20.000 Mark. Darüber freuten sich viele, die über Ungarn oder die deutsche Botschaft in Prag geflüchtet waren und ihr ganzes Hab und Gut in der Ostzone zurückgelassen hatten.
Noch im Februar 2008 wähnte sich der damalige Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann (Foto auf dem Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums am 29. Oktober 2010 in Davos © World Economic Forum) aus Mels im Schweizer Kanton Sankt Gallen auf dem Höhepunkt des Erfolgs, feierte seinen 60. Geburtstag auf Einladung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (68, CDU) aus Berlin Mitte im Kanzleramt.
Doch 2010 passierte etwas, was bis dahin undenkbar schien
Polizisten und Steuerfahnder durchsuchten Räume der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Die Razzia war ein Novum.
Seit acht Jahren war zu dieser Zeit Josef Ackermann mit seinem Kommunikationschef Hugo Bänziger (66) aus Zürich an der Spitze der Deutschen Bank. Hat sie zu einem Big Player an der Wall Street gemacht. Aber um welchen Preis?
Die Vorwürfe gegen Josef Ackermann & Co. waren massiv
Wolfgang Hetzer, ehemals Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF), erinnert sich auf ZDFinfo-doku am 12. September 2022: „Unter Führung von Herrn Ackermann hat sich die ehemals seriöse Deutsche Bank in eine kriminogene Zockerbude verwandelt.“
Ingrid Matthäus-Maier, ehemalige Vorstandsvositzende der KfW-Bankengruppe, spezifiziert: „Da gehört zum Beispiel zu, dass die Deutsche Bank gerade auch zu seiner Zeit und danach in praktisch jede Schweinerei im Bankenwesen weltweit verwickelt war.“
Geldwäsche für reiche Russen
Eine dieser Schweinereien nahm in Newport Rhode Island, einem Seglerparadies an der US-amerikanischen Ostküste ihren Ausgang. Am 7. August 2010 wurde im exklusiven Hotel Castle Hill Inn eine Traumhochzeit gefeiert. Freunde aus aller Welt sind der Einladung an die Atlantikküste gefolgt. Das New Yorker Hochzeitsmagazin Grace Ormonde ist dabei, als Timothy Wiswell, Chefaktienhändler der Deutschen Bank in Moskau, die russische Kunsthistorikerin Natalia Makosiy heiratete (Foto: Ausriss aus Grace Ormonde). Die beiden werden später zu einem Albtraum für die Deutsche Bank.
Wiswell wurde mit 29 Jahren in Moskau für die Deutsche Bank Chef des Aktienhandels. Eine wichtige Position. Einige seiner Kunden wollten von ihm wissen, wie man große Geldbeträge heimlich außer Landes schleusen könne.
Und so funktionierte die Geldwäsche
Ein russischer Kunde kauft von der Deutschen Bank Aktien, bezahlt mit Rubel. Gleichzeitig verkauft die Londoner Filiale die gleichen Aktien, bekommt dafür Dollar gutgeschrieben. Die Dollar werden dann auf Offshore-Konten des Kunden weitergeleitet. Milliardenbeträge sollen auf diesem Wege gewaschen worden sein. Die Dienstleistungen im Schatten des Kreml waren ein einträgliches Geschäft. Das Geldhaus kassierte hohe Provisionen.
Meike Schreiber, Journalistin der Süddeutschen Zeitung, sagte ZDFinfo: „Es gibt Berichte des amerikanischen Finanzministeriums, wonach beispielsweise ein Kunde der Cousin von Wladimir Putin war, ein Terrorfinanzierer, bei dem die Taliban oder die Hisbollah Kunden sind. Oder die russische Mafia, der Brother Circle, soll zu den Kunden gehört haben. Und natürlich sind das alles Kunden gewesen, die natürlich nicht Deutsche Bank-Kunden sein sollten.“
Wiswell und seine russische Frau Natalia leben mittlerweile mit ihrer Familie auf Bali. Sie postet Videos als Künstlerin im Urwald.
Graham Barrow, ehemaliger Berater der Deutschen Bank, sagte ZDFinfo: „Wir wissen sicher, dass auf dem Konto seiner Frau erhebliche Summen eingingen von Leuten, die an der Geldwäsche beteiligt waren.“
Natalia Wiswell ist eine anerkannte Malerin. Sie wird zu internationalen Ausstellungen eingeladen. Ihr Mann Tim dagegen verlor seinen Job und klagte erfolglos gegen die Kündigung der Deutschen Bank.
Liam Vaugham, Journalist bei Bloomberg: „Er sagte, es hätten bis zu 20 Leute bei der Deutschen Bank genau gewusst, was er tut. Also, die Version, dass Wiswell das alles allein organisiert hat, ist nicht haltbar.“
David Enrich, Journalist bei der New York Times: „Wiswell ist ein Produkt des Systems, das die Deutsche Bank aufgebaut, Ackermann beaufsichtigte und über viele Jahre enthusiastisch gefördert hat.“
Für die Geldwäsche in Moskau musste die Deutsche Bank schließlich 630 Millionen US-Dollar (631 Millionen Euro) an die amerikanische und die britische Bankenaufsicht zahlen.
Insgesamt wurden Rubel im Wert von 16 Milliarden Dollar von Moskau nach London gebeamt. Erst 2015 flog der Geldwäsche-Trick auf.
Graham Barrow, ehemaliger Berater der Deutschen Bank: „Ich befand mich gerade in den Deutsche Bank-Büros in London, als der Geldwäsche-Skandal losbrach. Ich darf also nicht im Detail darüber reden. Aber es war wie ein Erdbeben. Man konnte diese Schockwellen körperlich spüren, die durch die Bank in London gingen.“
Tim und Natalia Wiswell lassen Anfragen zu ihrer Rolle bei den Geldwäsche-Geschäften der Deutschen Bank unbeantwortet.
Mai 2012: Letzte Hauptversammlung der Deutschen Bank AG unter Führung von Josef Ackermann. Noch ahnten die meisten nicht, welche finanziellen Folgen seine Ära für die Bank haben wird. Strafzahlungen in Milliardenhöhe.