Bonnfinanz AG attestiert sich die Schulnote 6 für Systemumstellung. Die Lage spitzt sich zu – was unternimmt BlackFin?
So gab kapital-markt intern am 15. Januar 2021 eine Eigeneinschätzung des Vertriebsvorstandes Dirk Benz (Bonnfinanz AG) innerhalb einer TOP-20-Vertriebsrunde des Unternehmens zum Besten. Das sorgte für große Aufregung.
Dirk Benz dementiert nicht, sondern spricht in einer E-Mail vom 26. Januar 2021 gegenüber seinem Vertrieb von einem “perfiden Angriff auf unsere Bonnfinanz” und den Versuch, das Unternehmen und den Vertrieb zu “spalten”.
Sein Credo lautet Durchhalten:
Wir arbeiten weiterhin mit voller Kraft an den Themen, die Ihnen und uns wichtig sind.
Was bringt den Bonnfinanzchef so zur Weißglut?
Offenbar hatte kapital-markt intern den wunden Punkt getroffen, als das Fachmagazin aus Düsseldorf am 22. Januar 2021 nachlegte:
Bonnfinanz: Die Lage spitzt sich zu – was unternimmt BlackFin (der neue Eigentümer von Bonnfinanz – Anmerkung der Redaktion)?
Ein Insider sagte gegenüber k-mi:
Fakt ist, dass nun nach zwei Jahren BlackFin Capital Partners das große Chaos ausgebrochen ist.
Am 12.Oktober wurde das 25 Jahre alte Zurich-Agentursystem AS verabschiedet (es kann laut Vorstand Dirk Benz aber weiter genutzt werden – Anmerkung der Redaktion) und ein bis heute nicht richtig funktionierendes CRM-System eingeführt.
Für die Mitarbeiter ist dieses System nicht zu verwenden. Der Aufschrei war riesig.
In der Zwischenzeit bezeichnet sogar Vorstandsmitglied Benz das System als inakzeptabel.
Ein Bonnfinanz-Kenner erläuterte zu den Abrechnungsproblemen:
Alle Außendienstmitarbeiter haben nun ein Sonderkündigungsrecht mit Abfindungsanspruch, da die Bonnfinanz AG seit mehr als drei Monaten keine Abrechnungen mehr für den Außendienst liefert. Als Grund werden hierfür EDV-Probleme genannt.
Die Bonnfinanz liefert den Vertrieblern praktisch eine Steilvorlage zur Kündigung Anfang 2021. In einigen Fällen, in denen die Bonnfinanz noch hohe Bonuszahlungen im ersten Quartal 2021 zu leisten hätte, versucht sie, durch Kündigungen dieser Mitarbeiter wohl schon jetzt Kosten zu sparen und diesen voraus zu sein, um sie billig abzuspeisen.
Bereits jetzt liegen der Bonnfinanz AG mehrere Klagen zum Teil bis in einen siebenstelligen Bereich vor. Die Leidensfähigkeit vieler Berater war die einzige Hoffnung.
Die 1970 gegründete Bonnfinanz ist der nach eigenen Angaben älteste Allfinanzvertrieb in Deutschland. Von 2002 bis Ende März 2019 gehörte die Gesellschaft zur Zurich-Gruppe. Die Entscheidung des Versicherers, sich von der Bonnfinanz zu trennen, “war im zweiten Halbjahr 2018 für Innen- wie Außendienst eine große Herausforderung”, heißt es in einer Pressemitteilung.
Die Bonnfinanz AG hat nach der Übernahme durch die französische Private-Equity-Gesellschaft Blackfin Capital Partners aus Paris mit Büro in Frankfurt am Main im Jahr 2019 eine Wachstumsinitiative im Vertrieb angekündigt.
Der damalige Bonnfianz-CEO Martin Lütkehaus versprach im Juni 2019:
Wir möchten die Zahl der Vertriebspartner deutlich erhöhen: Ende 2018 waren es 511, jetzt streben wir mindestens 600 an.
Auch anorganisches Wachstum durch die Akquisition von Vertriebsgesellschaften oder -netzen ist eine Option.
Lütkehaus trat zum 1. Mai 2021 ab. Seitdem ist das Haus ohne einen CEO.
Der neue Eigner, der damals 800 Millionen Euro in drei Beteiligungsfonds verwaltete, hatte auf Angriff geschaltet und wollte die “gesamte Software-Landschaft” der Bonnfinanz AG erneuern.
Investiert werden sollte auch in eine digitale Plattform, um den Vertriebspartnern die Beratung zu erleichtern.
In einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2019 hieß es:
In einem Zeithorizont von zwölf bis 24 Monaten erneuert das Unternehmen die gesamte Software-Landschaft.
In einer Werbeanzeige 2020 erläuterte IT-Vorstand Stefan Mertes auf der Plattform vb Versicherungsbetriebe:
Die Abspaltung von Zurich bedeutete für das Allfinanz-Unternehmen Bonnfinanz die Neu- und Umstrukturierung – auch in der IT. In nur elf Monaten musste es gelingen, eine komplett neue zukunftsfähige IT-Infrastruktur aus Hardware, Software und dem vorhandenen Datenbestand aufzubauen…
Die Kernstücke der IT Infrastruktur sind das neue Provisionsmanagement-System und das neue CRM (Zugriff auf Kundendaten – Anmerkung der Redaktion)…
Und natürlich müssen wir die Provisionen gegenüber unseren Beratern korrekt abrechnen. An dieser Stelle brauchen wir ein Controlling gegenüber unseren Produktpartnern und ein Forecasting für die Vertriebsplanung.
Hoffnungsfroh meldete im Dezember 2020 der Bonner Generalanzeiger nach einem Gespräch mit Vertriebs- und Marketing-Vorstand Dirk Benz:
In eine gänzlich neue IT hat Black-Fin Capital einen hohen einstelligen Millionenbetrag investiert, es handelt sich um eine digitale Kundendatenbank, auf die alle anderen Softwareprogramme wie die Video-Onlineberatung aufbauen.
Das klappte wohl nicht ganz.
Vertriebler beklagten nun im Jahr 2021 gegenüber dem Düsseldorfer Branchendienst kapital-markt intern, dass das EDV-System mitsamt der Provisionsabrechnungen der Bonnfinanz AG nicht vollständig funktionieren würde.
Für Vertriebler kann es kaum etwas Schlimmeres geben.
Eigentlich ist ja Vorstand Stefan Mertes für Finanzen und IT zuständig. Von dem hört man dazu konkret nichts, etwa wie der Stand der Dinge ist, ob das Problem gelöst werden konnte.
Stattdessen meldete sich Dirk Benz, Vorstand Vertrieb und Marketing der Bonnfinanz AG, zu Wort und wetterte in einer E-Mail vom 26. Januar 2021 an seine wichtigsten Vertriebsmitarbeiter ganz ohne Selbstkritik lediglich darüber, dass über diese seiner Meinung nach interne Angelegenheit überhaupt öffentlich berichtet wurde:
Die Zeitschrift kapital-markt intern hat einen weiteren destruktiven Artikel über unsere Bonnfinanz publiziert.
Wir erleben hier erneut, dass absichtlich interne Informationen aus dem Zusammenhang gerissen und auf diskreditierende Weise verdreht werden.
Dann ließ Benz Durchhalteparolen folgen:
Dass gestern Abend die beiden Artikel von einer anonymen E-Mail-Adresse, die suggerieren soll von der Bonnfinanz zu stammen, an viele Beraterinnen und Berater gesendet wurden, erhärtet den Verdacht:
Hier handelt es sich um einen perfiden Angriff auf unsere Bonnfinanz und auf Sie als Vertriebspartner/innen. Von einem offensichtlich gestreuten Störfeuer von außensollten Sie sich nicht beeindrucken lassen. Hier möchte uns jemand spalten und sich dadurch einen persönlichen Vorteil
verschaffen.Wir arbeiten weiterhin mit voller Kraft an den Themen, die Ihnen und uns wichtig sind. Wir werden auch
weiterhin transparent kommunizieren, auch wenn weitere Aktionen dieser Art auf uns zukommen.
Was könnte denn noch dafür gesorgt haben, dass die Nerven beim Bonnfinanz-Vorstand Vertrieb und Marketing Dirk Benz scheinbar blank liegen?
In einer Pressemitteilung aus dem Frühjahr 2020 räumte Bonnfinanz AG einen Rückgang der Provisionserlöse ein.
Diese sanken 2019 leicht um drei Prozent auf 58,9 Millionen Euro. Das Betriebsergebnis lag bei 1,2 Millionen Euro – nach 6,4 Euro im Jahr 2018. Die Bonnfinanz begründet das mit Sondereffekte durch die Trennung von der Zurich. Das um diese Effekte bereinigte Vorsteuerergebnis stieg aber um 14 Prozent auf 5,8 Millionen Euro.
Ein möglicher Umsatzbringer: Der Allfinanzdienstleister will künftig seinen Kunden den Erwerb von Immmobilien anbieten – als Kapitalanlage. Wenn denn endlich die neue IT vollständig funktioniert.
Zudem plant der neue Eigentümer weitere Zukäufe.
Das bedeutet, so IT-Vorstand Stefan Mertes in seinem Advertisel auf vb Versicherungsbetriebe:
Diese müssen dann wieder an die IT-Infrastruktur angedockt werden.
Das Gespenst einer nicht vollständig funktionierende Provisionsabrechnung könnte dann bei der Bonnfinanz AG aufs Neue umhergehen. Nun denn…